Anwesen der Reichen » Anwesen von Edward Davenport

Hier lebt die Familie Davenport.

Wie immer hier bei den Lichtvampiren war alles hell wie am Tage und um das Anwesen der Davenports herrschte eine angenehme Stille.
Eine Kutsche fuhr vor und heraus stieg ein älterer Vampir, der sich seinen Zylinder gerade rückte und sich auf seinen schwarzen Stock stützte. Er atmete die frische Luft ein und nickte wissentlich.
Schließlich wank er noch einen Diener zu sich heran und ließ sich die weißen Handschuhe bringen, die er seelenruhig überstrich.
Albert nickte dem Kutscher noch kurz als Zeichen zu, und machte sich dann geradewegs zur Eingangstüre des Anwesens auf.

Ophelia stand in ihrem Zimmer vor der weißen Kommode und trocknete sich gerade die Hände an einem hellen Tuch ab.
Nachdenklich betrachtete sie dabei das verdünnte Blut in dem Becken vor sich und wie es im Licht, das zum Fenster hereinschien, zu glitzern begann. Wie viele kostbare Diamanten, so ging es ihr durch den Kopf.
Schließlich legte sie das Tuch zur Seite und trat nur mit ihrem Unterkleid bekleidet an das Bett, auf dem einige Kleider ausgebreitet lagen.
Kurzerhand entschied sie sich für ein Kleid, das lediglich durch seinen sanften Rotton glänzte, ließ sich dann aber zur Kommode zurückführen, nahm Platz und ihre Dienerin begann, ihr das Haar zu flechten.

Gerade war die Dienerin damit fertig, Ophelias Lockenpracht zu zähmen, als es ungeduldig an der Tür zu klopfen begann.
Ophelia stand schon vor dem Spiegel und ließ sich gleichmütig das Korsett binden, als plötzlich ihre Mutter hereintrat.
Ihr Blick war strafend und die ältere Mara legte den Kopf in die Höhe hebend die Hände zusammen.
"Wie schön, dass die Familie heute doch mit dir rechnen kann", sprach sie, schickte die Dienerin mit einer Handbewegung fort, trat selbst hinter ihre Tochter und begann das Korsett mit festem Ziehen selbst zu schnüren.
Ophelia kniff vor Schmerzen, welche sie dadurch erlitt, die Augen zusammen und schluckte innerlich.
Megan blickte über die Schulter ihrer Tochter hinweg durch den Spiegel zu ihr.
"Die Kutsche deines Großvaters ist soben vorgefahren. Meinst du vielleicht, ich dulde noch weitere Hinauszögerungen?"

Albert indessen war ins Anwesen eingelassen wurden und er ließ sich den Hut und Mantel abnehmen.
"Bitte, Sir", verbeugte sich ein Diener und deutete ihm, in den unteren Salon zu folgen, in dem ein gemütliches Feuer im Kamin prasselte.
Davor standen zwei Sessel aus rotem Samt und Albert nahm dankend Platz.
"Für mich nur eine Kleinigkeit, mein Kind. Ein paar Tropfen des Blutweins, wenn mein Stiefsohn so etwas im Hause hat."
Er lächelte ein wenig und schickte die Dienerin mit einer schnellen Handbewegung fort.
Währenddessen sah sich der Vampir im Salon um, wobei sein Blick aus dem Fenster hinaus auf die Pferdekoppel ging.

Eine Kutsche fuhr vor und Leandro Lear stieg aus.
Er bezahlte den Kutscher und hiess ihn zu warten.
Mit gezielten Schritten trat er auf die grosse Eingangstüre zu und klopfte.

Ophelia saß in ihrem Zimmerchen auf einem Stuhle und sie streckte die Hand nach dem Vorhang aus, der das Fenster bedeckte, um diesen etwas zur Seite zu schieben, damit das Licht seinen Weg hineinfand und sie blinzelte ein wenig pikiert auf.
Ihre weichen Locken umrahmten das verstimmte Gesicht, dessen Augen ihren Glanz verloren hatten, seit dem letzten Tage.
Sie suchte den Fehler für das missratene Zusammentreffen mit Jaspar, dem Sohn des Hauses Renouard, nicht bei ihrer Mutter, noch bei ihrem Vater, lediglich bei sich.
War an ihr denn wirklich so wenig Gefallen zu finden? Hatte sie so viel falsch gemacht?
Es missfiel ihr, dass sie sich darauf keine Antwort geben konnte und noch mehr, dass ihr Vater seit diesen Stunden kein Wort mehr mit ihr gesprochen hatte.
Sie sollte auf ihrem Zimmer bleiben, das war das einzige, was sie noch von ihm wusste.
Und seither saß sie hier und machte sich ihre Gedanken.
Es war doch wirklich zum verrückt werden, dass die Mara nicht wusste, an was Jaspars schnelle Abreise gelegen hatte.
Stumm erhob sich die Otopianerin und versuchte, sich von dem vergangenen abzulenken.
Doch es half nichts. Denn sie machte sich sorgen.
Sorgen um die Zukunft und den Ruf, den ihre Familie zu verlieren hatte.
Denn bei den Adligen wurde nunmal schnell getrascht und vielerlei Wahrheiten vollkommen falsch ausgelegt.
Bekümmert ließ sie sich ein feuchtes Tuch reichen und tupfte damit ihr Gesicht ab.
Letzlich trat sie noch argwöhnisch und mit zornigem Gesicht vor den Spiegel und strafte sich selbst mit abschätzigen Blicken.