Archiv » 2. Philosophiestunde [30.03. bis -]

Price saß auf seinem Podium und wartete auf die Schüler.

Price sah auf seine Uhr. Die Schüler waren spät dran.

Völlig außer Atem betrat Ivy den Unterrichtsraum.
,,Ich- ähm Entschuldigung. Ich hab die Zeit vergessen'' brachte sie erschöpft hervor.
Verwundert schaute sie sich in dem Raum kurz um.
Keiner der anderen Schüler war anwesend.
Anscheinend bin ich nicht die Einzige, die die Zeit vergessen hat..
Schnell ging sie auf einen Platz in der letzten Reihe zu und setzte sich.
Ivy packte ihren Block auf das Pult. Nachdenklich wartete sie auf die Anderen.

Derek kam in die Klasse uns setzte sich.
Nach einem kurzen Moment hob er die Hand.
"Ähm ich soll... Ella, Michael und Lilly ..." er überlegte kurz und schaute auf seine Hand, wo
er die Namen aufgeschrieben hatte "... und ja genau und Lilly entschuldigen, weil sie..."
Wieder hielt er inne und überlegte. "Weil sie... verhindert... ja genau sie sind verhindert... glaub ich"
Elena, die bereits in der Klasse saß, drehte sich zu Derek um und hob die Augenbraue.
"Und warum sind die verhindert?"
"Das weiß ich doch nicht, woher soll ich das wissen?" fragte Derek und schüttelte über Elenas Dummheit
den Kopf. Also echt, er war schließlich nicht allwissend.

Elio kam schlaftrunken in den Raum geschlendert.
"Sorry ich hab ... verschlafen."
Wie zur Bestätigung begann er herzhaft zu gähnen.
"Entschuldigung."
Er ging zu Ivy und setzte sich neben sich hin.
Elio stützte seinen Kopf mit der Hand und versuchte seine Augen offen zu halten,
was ihm aber nicht so recht gelang.
"Wenn ich aus versehen einschlafen sollte,
kannst du mich dann möglichst sanft wecken?"
'Bis spät in die Nacht hinein zu lesen ist wohl doch nicht so gut,
wenn man am nähsten Tag Unterricht hat.
Erst recht nicht wenn es Philosophie ist.'

"Mr. Baker, der Mensch unterscheidet sich unter anderem dadurch vom Menschen, dass er seine Triebe kontrollieren kann.", meinte Price zu Elio, auf sein Gähnen bezogen.
"Alles in allem scheint die Arbeitsmoral hier nicht sonderlich gut zu sein. Aber ich glaube, das wird sich bald ändern."
Er schlug ein Buch auf. "Heute beschäftigen wir uns mit Staatsphilosophie. Wer kann mir was dazu sagen?"

Derek zog die Augenbrauen zusammen.
Die Arbeitsmoral war schlecht?
Vorsichtig und unsicher hob Elena ihre Hand.
"Vielleicht hat das etwas mit dem Staatlichen Handeln zu tun?"

"Ja, aber noch viel allgemeiner", sagte Price. "Die Staatsphilosophie ist das Gebiet, auf dem Theorien für Staatsentwürfe gemacht werden. Es wird versucht auf Fragen wie 'Wie kann der perfekte Staat aussehen', 'Wie hat ein Herrscher zu herrschen' oder noch allgemeiner 'Wie kann der Mensch zu Gutem handeln bewegt werden' antworten zu geben. Außerdem nimmt die Staatsphilosophie Kritik an der Politik." Er machte eine kurze Pause. "Viele Staatstheoretiker stellen dabei einen bestimmten Naturzustand des Menschen voraus. Was könnte damit gemeint sein?", fragte er dann in die Runde.

Ivy schaute teils missbilligend teils verständnisvoll Elio entgegen.
Sie konnte es nachvollziehen, denn Schlafen würde sie am liebsten auch jetzt.
Aber sie unterdrückte ihre Müdigkeit geschickter als er.
Interessiert wandte sie sich wieder Price zu.
Ivy hatte nur mit einem halben Ohr zugehört, hatte aber zum Glück den Hauptteil mitbekommen.
Etwas zögerlich antwortete sie auf seine Frage.
,,Ähm, vielleicht ist damit der Zustand gemeint, wie man ist, wenn man zufrieden und ausgeglichen ist?
Also ganz neutral? Ohne jeglich bemerkenswerten Gefühlsregungen?''
Unsicher schaute sie Price entgegen.
Sie war sich nicht sicher, ob sie mit ihrer Vermutung richtig lag.

"Nein, etwas ganz anderes. Mit dem Naturzustand ist der Mensch in seiner Art gemeint, wie er ist, bevor es so etwas wie Staaten gibt. Manche Philosophen sehen diesen Zustand als gesetzlos an, andere sehen bestimmte moralische Weisungen und Normen, die im Naturzustand bereits vorhanden sind, wie 'Du darfst nicht töten'. In einer Sache sind sich die meisten Philosophen im Naturzustand aber einig: Der Mensch ist egoistisch und strebt nach dem größtmöglichen eigenen Reichtum. Deshalb muss es Staaten geben, Gesetze, all jene Dinge, die unser heutiges Leben zu dem machen, was es ist. Denn wenn es im Naturzustand keinen Staat gibt, keinen Herrscher, keine Gesetze, keine übergeordnete Instanz, was hält den Menschen dann davon ab, all jene, die schwächer sind als er zu unterdrücken und sich ihren Besitz anzueignen?", er machte eine kurze Pause.
"Und das ist einer der Hauptteile der Staatsphilosophie. Wir werden in dieser Stunde ein paar bekannte Staatsphilosophen kennen lernen. Und zwar Thomas Hobbes, wieder Immanuel Kant, John Locke und kurz Aristoteles. Kann irgendjemand von euch mit einem dieser Namen etwas anfangen?"

Auf Ivy's Gesicht bildete sich eine Denkerfalte zwischen ihren Augenbrauen.
Wiedereinmal war ihre Vermutung falsch gewesen.
Wenn das so weitergeht, dann nimmt mein Selbstbewusstsein rapide ab.
Das Prinzip hatte sie (hoffentlich richtig) verstanden und kannte auch Aristoteles,
wollte sich aber nicht zu Wort melden.
Sie war ja schließlich nicht die Einzige im Raum.
Zudem hatte sie etwas Angst, wieder daneben zu liegen.
Deshalb wartete Ivy einfach ab und sah zu Derek hinüber.
Von Elio ging sie erst einmal nicht aus, dass er überhaupt heute etwas zum Unterricht beitrug.

Derek erwiderte Ivys Blick, jedoch etwas verwirrt.
War er etwa dran? Hatte er wieder gepennt?
"Ähm nun Immanuel Kant sagt mir etwas, darüber haben wir ja in der letzten Stunde geredet"
sagte er und schaute sich kurz um. Dabei viel sein Blick auf Elenas Pergament.
"Aristoteles... ich mein etwas über den Aristotelismus gelesen zu haben"
er schaute zu Price. "John Locke sagt mir im Moment noch nichts, Sir"

Price blickte scheinbar gelangweilt auf Derek. "Nun, dann erzählen Sie mir etwas über Aristoteles", sagte er dann während er anfing seine Lesebrille zu reinigen.

Derek schluckte kurz und überlegte.
"Ähm ja wie gesagt ich kenne nur den Aristotelismus..."
sagte er und versuchte zu lächeln.

"Sie kennen Ihn heißt also nur Sie kennen das Wort?", fragte Price scharf nach.