Winkelgasse » Russisch Pub

Hier in der Winkelgasse waren einige Pubs versteckt, die noch intakt waren.
So beispielsweise das Russisch Pub, das soviele Kunden hatte wie noch nie.
Vor allem arbeitslose Männer fanden sich hier, die eng aneinander gedrückt ihre Biere tranken und Zigarren rauchten.
Cyrill kam herein und stickige Luft ströhmte ihm entgegen.
Musik und Tänzerinnen waren auf einer Bühne angesiedelt - Marjam eine unter ihnen.
Der Zigeuner drängte sich bis nach vorne an die Bar und bestellte sich einen Brandy.
Der Wirt lachte.
"Ja mei, wie alt bistde denn? 11?
Wo sind deine Eltern?"
Und während Cyrill mit dem Wirt diskutierte, griff sich Marjam ein Bier und warf es über den Kopf eines anderen.
Die Leute lachten.
"Du blödes Schwein!", fluchte sie, während sie von der Bühne sprang und sich Richtung Ausgang rausdrängelte.
Nur hörte sie grad zufällig die paar Worte eines Gesprächs, welche sie stoppten.
"...gibt es nur Glück und Magie", sprach der eine Mann mit einem anderen.
"Ich hab es mit eigenen Augen gesehn. Die bessere Welt!"
Die Bessere Welt?
Marjam überlegte sich, wegzugehn, doch entschied sich näher zu treten und sie lief an die Bar zu den beiden Herrn.
Der Mann, der erzählte, war alt und hatte weisses Haar.
Er nickte Marjam leicht zu, als sie sich still dazu gesellte.
"Ach, so ein blöder Schwachsinn", meinte der andere.
"Eine Bessere Welt. Davon hat Marx auch gesprochen!"
"Wenn ich es doch sage", erzählte der Ältere.
"Diese Welt ist ganz anders als hier.
Rein und wunderschön."
"Sprechen Sie von Otopia?", fragte Marjam und der Mann drehte sich zu ihr.
Er schüttelte den Kopf.
"Nein.
Ich spreche von einer Welt, die man in den Wäldern Englands findet."
"Was?"Der andere Lachte.
"Also grade vor der Haustüre! Blödsinn!"

"Darf ich kurz mal was fragen?"
Cyrill tippte dem Alten auf den Arm und alle blickten hinunter zu dem Zigeuner in Jungengestalt.
Wirklich, das war doch kein Ort für Kinder!
"Ja, mein Junge", antwortete der Mann freundlich.
"Ich hab grad mitgehört, was Sie von einer Welt erzählt haben", sagte Cyrill.
"Ist es möglich, dass Sie mich dorthin begleiten?"
"Auch das noch!", rief der andere und lachte erneut.
Beinahe fiel er dabei vom Stuhl und schüttete Marjam etwas Bier übers Kleid.
Verärgert sah diese zu ihm und nahm Abstand.
"Du stinkst wie eine Ratte."
"Nanana, heute keine Laune zum Unterhalten?"
"Ach, fick deine Mutter!"
Der Alte war überwundert über die Bitte von Cyrill.
Schüttelte dann aber lieblich den Kopf.
"Keine zehn Schritte wage ich mehr in den Wald.
Denn ich bin alt und müde, meinen Träumen nachzuhängen."
"Aber wie kann man diesen Ort finden?", fragte Cyrill.
"Tja, eine gute Frage", sagte er.
"Aber schwierig.
Du musst fest daran glauben und den Ort suchen.
Selbst wenn es dich Jahre kostet.
Gib nicht auf junge und glaube."
Der alte Mann ging dann und Marjam blickte ihm entrüstet hinterher.
Dank dem betroffenen Typen hatte sie die Szene nicht richtig mitbekommen.
"Hey du, Junge."
Sie tippte Cyrill auf die Schulter, der sich gerade auf den Weg machen wollte.
Cyrill drehte sich verwundert zu ihr um.
Marjam war bildhübsch.
Unfassbar, dass ihn einmal eine wie sie anhielt.
"Was hat der Mann dir gesagt?
Wie komme ich in diese Welt hinein?"
"Tja, er hat gesagt..."
Cyrill hielt kurz inne.
Eine Frau wie diese?
Keine Chance, sie würde ihr Leben lang danach suchen.
Denn sie würde den Sinn nicht verstehn.
"Er hat mir einen Schlüssel gegeben.
Du kannst ja mit mir kommen, aber geben werd ich ihn dir nicht.
Er gehört mir!"
Marjam verdrehte die Augen.
Kinder!
"Ich geb ihn dir auch bestimmt zurück", log sie.
"Denkst du ich bin behämmert?
Nein, so einfach geht das nicht.
Aber ich muss jetzt gehn, genug geredet.
Ciao."
"Hey, warte!", rief sie und eilte ihm schnell hinterher.