Andere Orte » Haus Familie Hirsch [Canberra, Australien]

Die Sonne ging auf und hellend warme Strahlen schienen durchs Fenster.
Noemi murrte, als plötzlich ihr Wecker klingelte und warf ihn zu Boden.
Schwer seufzte sie, als dieser unter ihrem Bett weiter klirrte und die junge Australierin versteckte ihren Kopf unter dem Kissen.
Die Tür schwang auf.
"Du bist spät", sagte ihr Bruder und verschwand im Gang.
Noemi schreckte auf.
"Oh scheisse!"
Sie sprang aus dem Bett, knallte die Tür zu und schaltete den Wecker aus.
Unten in der Küche konnte man hören, wie sie in ihrem Zimmer umhereilte und ein paar fluchende Worte von sich gab.
"Guten Morgen Grandpa", grüsste David seinen Grossvater, der bereits am Tisch sass und die Zeitung las.
"Ah David, gut dass du gerade kommst."
"Hat jemand mein Rucksack gesehn?"
Oben hatte Noemi ihre Tür geöffnet und durch das Haus gerufen.
Als keine Antwort kam, schloss sie die Tür wieder und zog sich rasch einen Pulli über.
Gut, das sollte reichen!
Achja, die Haare...
Sie griff sich eine Bürste und verschwand im Bad.
Das Zimmer blieb etwas Chaotisch zurück: Haufenweise Klamotten am Boden, eine Geige auf dem ungemachten Bett, süssigkeiten zerstreut und vieles mehr.
Die einzigen Dinge, die aber stets an ihrem richtigen Platz blieben, waren die vielen Karten, Bilder und Plakate an Noemis Zimmerwand.
Sie hatte alles vollgeklebt mit hauptsächlich schwarz-weissen-Filmplakaten.
Einmal sah man Charles Boyer gross mit Rita Hayworth im Arm abgebildet, daneben Humphrey Bogart, zigaretten Rauchend und Cary Grant, der ihm Gesellschaft reichte.
Boris Karloff und Bela Lugosi waren in ihren Scary-Gestalten abgebildet, während der kleine Peter Lorre gerade einen Tennismach auf einer Postkarte spielte.
Pfeifend kam Noemi zurück in ihr Zimmer und las die Sachen vom Boden auf.
Dann packte sie ihr Zeugs zusammen und stahl sich aus dem Haus davon.
"I need a dollar dollar, a dollar is what I need
hey hey..."

Es war Abend spät als Noemi leise die Tür öffnete und durch die Küche schlich.
"Du bist spät."
"Oh Gott, hast du mich erschreckt David."
Noemi fasste sich ans Herz und blickte vorwurfsvoll zu ihrem Bruder.
Dieser lachte nur und schaltete das Licht ein.
"Ziemlich spät für Nachhilfestunden."
"Psssst..."
Noemi blickte sich kurz um.
"Du hast gesagt, dass du schweigen wirst."
"Keine Angst, das tu ich ja", meinte David und er schenkte sich ein Glas Milch ein.
"Du siehst müde aus."
"Naja, schlafen kann ich auch noch morgen im Unterricht."
Noemi setzte sich seufzend hin und fuhr sich übers Haar.
David trank einen grossen Schluck und stellte ihr das Glas dann hin.
"Danke", brummte sie, rührte das Glas aber nicht an.
"Schlafen im Unterricht...faules Schwesterchen."
"Ach, halt die Klappe."
Noemi öffnete ihren Rucksack und nahm eine DVD heraus.
David hob die Augenbraue und wollte sie ihr wegnehmen, doch sie zog sie zurück.
"Zuerst musst dus erraten.
Inspector, I think you're-"
"The Casbah, interessiert mich nicht."
David trat von ihr weg und verdutzt öffnete Noemi den Mund.
"Du...du schummelst, bestimmt."
"Was? Nur weil du ständig dieselben Zitate leierst?
Sag mal was originelles."
Noemi blinzelte.
Sie überlegte und legte dann die DVD auf den Tisch.
"Na schön."
Sie räusperte sich kurz und stand dann auf.
"It's a new guest."
"Oh..."
David überlegte und auffordernd sah sie zu ihrem Bruder.
"Mh..."
"Boris Karloff, Boogie Man will get you."
"Ach, jetzt schwärmst du auch noch für Frankenstein?"
Er lachte und David umarmte seine Schwester.
Diese wedelte mit der DVD vor seiner Nase und grinste.
"Schaust du mit?"
"Was, so ne Schnulze?"
"Oh bitte!"
"For every man there's a woman?"
"Biiiitteee!"
David lachte.
"Na gut, na gut."
"Ja!"
Noemi machte einen hüpfer und lief hüpfend und tänzelnd durch die Küche.
Das Licht im Gang ging an und der Grossvater kam herein spaziert.
"Was macht ihr denn für einen Lärm Kinder?", fragte er irritiert.
"Es ist spät!"
"Oh, tut mir leid Grandpa."
Noemi gab ihm einen Kuss auf die Wange.
"Gute Nacht, wir stören auch nicht mehr."
"Ja, das will ich auch hoffen!"
Murrend ging er wieder nach oben, während Noemi und David sich das Lachen verkniffen.
Leise schlichen sie dann ins Zimmer, wo sie dann den Film anschauten.
Bis der nächste Tag anbrach.