Japanisches Dorf » Pavillon

Isamu kam mit Mary herein.
Der Pavillon war gross und beeindruckend schön eingerichtet.
Hier wurde geübt, gearbeitet und unterrichtet.
Mädchen und erwachsene Frauen.
Ausgebildet als Geisha, Dienerin oder anderes.
Isamu wusste wohin mit Mary und er lief der Halle entlang.
Einige Frauen spielten auf ihren Instrumenten, während eine Tänzerin in der Mitte tanzte.
Schliesslich kamen sie in einen Raum, worin eine japanische Mara sass in einem prachtvollen Seidenkimono.
Sie hatte lange Fingernägel und ein kleines Tischchen vor sich liegen mit Pinsel und anderem.
Als Isamu kam, verneigte sie sich und Isamu tat es ihr dann gleich.
Dann führte er Mary etwas tiefer in den Raum und erklärte einiges auf Japanisch.
Die Junge Mara beachtete Mary vorerst nicht und als Isamu geendet hatte, verneigte sie sich wieder.
Isamu blickte dann aufmunternd zu Mary.
"Mary-san, das ist Midori-san. Sie wird dich einkleiden und dir beibringen dich wie eine Japanerin schön zu machen. Heute wird nicht dein letzter Besuch bei ihr sein."

Mary war Isamu aufmerksam gefolgt und als sie Midori sah und merkte, dass Isamu sich verbeugte, tat sie es auch.
Dann lief sie den beiden schweigend nach und versuchte zu verstehen, was sie sagten, hatte aber kein Glück.
Schließlich blieb sie stehen und nickte auf das, was Isamu ihr sagte.
Ihre Augen leuchteten kurz etwas.
Sie wird dich einkleiden und dir beibringen dich wie eine Japanerin schön zu machen.
Sie hatte Japan immer gemocht und irgendwie freute sie das, aber sie zeigte es nicht wirklich.

Als Isamu dann gegangen war, erhob sich Midori und sie schloss die dünne Schiebetür.
Sie sah dann ernst zu Mary und sagte etwas mit scharfer Stimme auf Japanisch.
Dann trat sie zu dem Schrank und öffnete ihn.
Sieben schöne Kimonos waren darin.
Blau, rot, silber, grün, gelb, rosa und türkis waren ihre Farben.
Midori deutete Mary, sich einen auszusuchen.

Mary hob leicht die Augenbrauen, als sie hörte, dass Midori etwas sprach.
Was es allerdings war, nein, das verstand sie beim besten Willen nicht. Sie folgte ihr mit ihrem Blick und musterte die Kimonos.
"Den blauen", deute sie auf den Kimono und wandte sich wieder an Midori.
Innerlich hoffte sie, dass sie sich wirklich einen aussuchen sollte und nicht, dass Midori nur wollte, dass sie sie ansah.

Während Mary bei Midori war, befand sich die kleine Joelina in einem ganz anderen Raum, aber auch im Pavillon.
May seufzte und ging die Treppe hoch, es sah schon fast so aus als würde sie die kleinen Treppenabsätze hinauf schweben.
Der Kimono verdeckte nämlich vollkommen ihre kleinen Füsse und ihr Tempo war recht schnell.
Zwei Samurais folgten ihr auf Schritt und Tritt, ohne auch nur Notiz von ihr zu nehmen.
May hatte geseufzt, weil sie ihre neusten Auftrag erhalten hatte und dieses Mal würde es keinen Lohn für ihre getane Arbeit geben.
Ihr Vater gedachte nicht einmal ihr zu bezahlen und wenn, dann eher unzufrieden und er würde nicht einmal darauf eingehen, wenn May ihn darum anflehen würde.
"So soll also genüge getan werden", sie schüttelte den Kopf und legte die Rolle in den innern ihres Kimonos.
Sie war vor der Tür angekommen, in der sich Joelina bereits befand.
Einen Moment blickte sie zu der grossen Schiebetür.
Leicht verzog sie besorgt ihr Gesicht, sie wusste nicht recht, gerade sollte es auch noch die Tochter eines gerade frischen Neuvampiren sein, in diesem Falle Mara.
Die Schiebetür ging auf und die Japanerinnen verbeugten sich auf Knien, May trat ein, ohne auch nur Notiz von den beiden zu nehmen, fragend fiel ihr Blick auf Joelina, die auf einer Matte lag mit feinsten Seidenstoff gedeckt.
Joelina trug wie ihre Mutter am Anfang einen weissen Unterkimono.
May trat näher auf das Mädchen zu und ihre Züge wurden sanfter.
So ein schönes Kind und dazu noch in einem sehr jungen Alter.
Perfekt!

Joelina lag starr auf der Matte. Wo war sie hier nur? Man hatte sie einfach mitgenommen.
Und wo war ihre Mutter? Mit ihren kleinen Händchen strich sie über den Seidenstoff. Es war so fremd. Auch diese Japanerinnen.
Hatten die etwa spitze Zähne?! Oh nein, war sie doch von diesen bösen Vampiren aus der Zauberwelt gefangen genommen wurden?
Ob Mary jetzt böse auf sie war, weil sie nicht auf sich Acht gegeben hatte?
Ihre braunen Augen betrachteten alles eingehend und aufmerksam. Sie wollte doch nichts verpassen!
Als dann May eintrat, schluckte sie leicht. Wer war das?

May blickte sie noch einen Moment an.
Sie räusperte sich leicht und die Tür verschloss sich wieder, die Japanerinnen richteten sich auf und blickten starr geradeaus.
"Wenn jemand älteres eintritt und schon gar jemand höheres als du selbst, ist es deine Pflicht aufzustehen und diese Person gemäss zu empfangen", begann May, ohne sich zuerst vorzustellen, wie auch rücksicht auf das Alter des Mädchens zu nehmen.
Ihr Blick verhärtete sich.
"Steh auf!", wies sie ruhig und dennoch streng.

Joelina wirkte einen Moment ziemlich verängstigt, dann rappelte sich das kleine Mädchen auf und sah fragend und mit großen Augen zu May.
Sie hatte schon einiges von Mary gelernt, was das anging und dennoch...manchmal brauchte sie noch einen kleinen Anstoß.
Dann senkte sie ihre Augen auf den Boden und verbeugte sich. Bei dem Mädchen mit den kurzen Beinen sah es wohl eher so aus, als wollte sie etwas aufheben. Nicht, weil sie sich nicht anstänig vorbeugte, sondern einfach, weil sie so klein war.
Joelina traute sich nicht, etwas zu sagen.

May beobachtete Joelina.
Ah, also eine Dienerin.
Oder, führten die anderen Leute in der anderen Welt etwa auch die Höflichkeiten aus?
May runzelte etwas die Stirn, sie wusste es nicht.
"Den Rücken ein wenig gerader halten, Joelina-san", sagte sie.
"Ich merke du.... du scheinst schon Erfahrung mit einer guten Kinderstube zu haben", sagte May langsam und betrachtete Joelina.
"Mein Name ist May.
Ich bin deine neue Mama-san."

Mama-san?, ging es ihr durch den Kopf und sie wunderte sich bei diesem Namen.
Aber sie hatte doch eine Mama! Fragend hob sie den Kopf. Das Mädchen richtete sich auf.
Joelina nickte leicht und dennoch...ihre Augen glitzerten.
"Wo ist Mommy?", wollte sie erfahren.
Das alles war so fremd und sie fühlte sich allein gelassen, wie meinte diese Frau das eigentlich, dass sie jetzt ihre neue Mama-san war?
Es war ein großes Rätsel aus vielen Fragen.

Midori blickte auf den blauen Kimono, dann auf Mary.
Schliesslich lächelte sie zuckersüss und reichte ihr statdessen den grünen.
"Mada!"
Sie schloss den Schrank wieder und wartete darauf, das Mary in den Kimono hinein schlüpfte.

Mary sollte es nur recht sein, immerhin gehört grün auch zu ihren Lieblingsfarben.
Sie nahm den Kimono ebenso zuckersüß lächelnd an und schlüpfte elegant hinein.
Später strich sie sich kurz durch das Haar und wandte sich erneut an Midori.
Gab es hier einen Spiegel? Sie wollte gerne sehen, wie ihr so was stand.

May zog ihre Augenbrauen ein wenig hoch.
"Deine Mutter wirst du eine lange Weile nicht mehr sehn... ich hoffe du bist geübt, dich dementsprechend auch einzustellen", meinte sie und wollte das strikt und klar angehen lassen.
"Aber sei dir im klaren, jetzt gibt es nichts mehr fröhliches, noch trauriges in deiner Welt.
Dein Körper ist gleichzeitig dein Schutz und ebenso, sobald du jemanden gehörst, nicht mehr dein eigen."
May machte eine Pause.
Der Unterricht folgte jetzt automatisch.
"Es ist dir nicht erlaubt, Fragen zu stellen, es sei denn... du wirst nach ihnen gefragt", dies alles erklärte May ruhig und mit einer feinen Stimme.
May wollte, dass sich dies Joelina gut einprägte und nicht zurück wiech.

Midori musterte die Mary kritisch und wandte sich dann von ihr ab.
Sie hatte weissen Puder hervor genommen und trat nun vor Mary her.
Sie begann sie nun am Gesicht und Hals weiss zu Pudern und tupfte wild an ihr herum, ohne Rücksicht.
Als Mary fertg war, nahm Midori ihren Pinsel und tunkte ihn in dickflüssige, rote Farbe hinein.
Sie bemalte damit schön exakt Marys Lippen.
Am Schluss noch waren die Augen dran, die mit einem schwarzen, dünnen Pinsel entlanggestrichen wurden und elegant nach aussen ausgezogen.
Nun war Mary fertig und Midori nickte zufrieden.

Nicht sehen? Joelina hatte Mary jetzt ohnehin schon wochenlang nicht gesehen.
"Habt ihr sie...detötet?", fragte die Kleine leise und mit zitternder Stimme.
Sie wusste ja nicht einmal, wo sie eigentlich war. Nur, dass das alles so fremd war.
Und immer noch war sie der Meinung, dass sie bei den Vampiren aus Marcus Rasse war.
Nie im Leben hätte sie vermutet, dass Mary sich für Otopia entschieden hatte. Und ohnehin, sie war nie hiergewesen.
"Mommy", flüsterte Joelina.