RE: WG Valentina und Rachel - 2

Rasmus wollte gerade etwas sagen, doch wieder klingelte sein Handy.
Er seufzte, schnippte die Zigarette mit Absicht aus dem Fenster und holte das
Handy aus seiner Hosentasche.
"Was?" Er wandte sich von Valentina ab, nachdem er ihr einen entschuldigenden Blick zugeworfen hatte.
"Jetzt?" Rasmus war einen Blick auf seine Armbanduhr und verdrehte die Augen.
"Aber ich-" Er brach ab und man merkte, wie er sich anspannte. Er holte Luft, um etwas
zu sagen, doch anscheinend wurde er wieder unterbrochen. Er ballte seine Hand zur Faust
und brummte hin und wieder mal, als Zeichen, dass er zuhörte und verstand.
Wieder schaute er auf seine Uhr. "Dann muss ich noch kurz zu Hau-... Ja muss ich"
er verdrehte die Augen. "Gedulde dich einfach. Ich bin in einer-" Rasmus nahm das Handy vom Ohr
und ließ es hinunter hängen. Er wartete einen Moment und hielt es sich dann wieder
ans Ohr. "In einer Stunde an der Brücke" er legte auf und schaute Valentina an.
Er ließ sein Handy wieder verschwinden und trat zu ihr ans Fenster. "Es tut mir Leid, aber
ich habe noch etwas zu erledigen" sagte er.

Während des Telefonats spielte sich auf Valentinas Gesicht ein Mienenspiel aller erster Güte ab.
Von zuerst lässig desinteressiert, über neugierig aufmerksam bis schlussendlich enttäuscht und traurig war alles dabei.
Valentina unterdrückte ein seufzen. Es würde sowieso nichts bringen, schließlich musste er bestimmt irgendwelchen ''Geschäften'' nachgehen.
Außerdem war Rasmus auch nicht gerade heiß drauf in dieser Hundekälte die Wohnung zu verlassen und sich mit irgendwem auf einer Brücke zu treffen.
,,Okey, ... kein Problem, wirklich. Wenn die Arbeit ruft, muss man zur Stelle sein.'' sagte sie schulterzuckend und geleitete Rasmus in den Flur.
,,Danke trotzdem für diesen wirklich schönen Abend.''

"Es tut mir wirklich Leid" sagte Ramus und zog sich seine Jacke an.
Er betrachtete Valentina eine Weile und trat dann näher an sie heran.
"Ich meld mich" er gab ihr einen Kuss auf die Wange, wandte sich dann um und
lief die Treppe hinunter. Schließlich verschwand er in der Dunkelheit.

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen nickte Valentina Rasmus entgegen und schaute ihm noch eine Weile an die Tür gelehnt hinterher.
Ob er sich wirklich melden würde? Unwahrscheinlich. Seufzend schloss sie die Tür, machte sich bettfertig und fiel dann auch recht schnell in einen tiefen Schlaf.
Daher merkte sie nicht wie kurze Zeit später Rachel mit ihrem nächsten One-Night-Stand die Wohnung betrat.

Ein großer dunkel Uhu flog über das Haus und setzte sich auf einen Baum
in dem Hinterhof. Mit ruhigen, durchdringenden, schon fast arroganten Augen starrte er von seinem
Platz aus in die Küche der WG von Rachel und Valentina. Um seinen Hals hing ein
Brief für Valentina.

Müde und deswegen etwas mürrisch öffnete Rachel ihre Zimmertüre. Gähnend streckte sie sich, ließ ihren Blick über die Gemälde schweifen
und drehte sich noch einmal zu ihren Bett um. Ihr One-Night-Stand, dessen Namen sie schon wieder vergessen hatte, war in den frühen Morgenstunden abgehauen.
Zum Glück, sonst wäre Rachel in arge Erklärungsnot geraten. Schließlich war sie bei einer Geburtstagsfeier gewesen
und hatte sich vorher noch bei Valentina über die schlechte Auswahl des 'stärkeren' Geschlechts beklagt. Aber nun gut, das war Schnee von gestern.
Noch etwas unbeholfen und schlaftrunken ging die Studentin in die Küche, kramte den Aschenbecher hervor und ging mit ihm zum Fenster.
Das Öffnen dieses Monstrums raubte ihr fast den allerletzten Nerv, doch als der Rahmen nach dem dritten Mal gegengedrücke nachgab,
steckte sie sich eine Zigarette an und setzte sich auf den Fenstersims. Die kalte Luft und der Nikotinnachschub erweckten so langsam Rachels Lebensgeister,
sodass sie ihre Aufmerksamkeit auch schon auf ihre Umgebung richten konnte. Zuerst glitt ihr Blick über den gepflasterten Hinterhof,
dann über ein paar Büsche hinweg zu den recht stattlichen Baumkronen gegenüber ihrer Wohnung. Jetzt, da es fast schon Winter war
und die Temperaturen in der Nacht öfter schon in den Minustemperaturbereich kletterten, ragten die Äste wie ausgestreckte, knochige Finger in den Himmel empor.
Verwundert und doch etwas erzürnt blieb ihr Blick an einem recht korpulenten, fast schwarzen Uhu hängen, welcher einen Brief im Schnabel transportierte.
'Drecksviech' ging es ihr durch den Kopf, als sie den arroganten Blick des Tiers wahrnahm und ihren Zigarettenstummel in Richtung des Vogels schnippte.
Seufzend kletterte sie vom Sims herunter und schloss mit einem lauten krack das Fenster. ,,Valentina? Ist der Kaffee schon fertig?
Ach ja und der Uhu möchte gerne eine Maus zum Frühstück.'' rief Rachel lauter als beabsichtigt durch die gesamte Wohnung,
währenddessen sie es sich auf einem Barhocker gemütlich machte und das Radio einschaltete.

Der Uhu schaute zu Rachel. Er breitete seine Flügel aus, als würde er sich strecken
und schüttelte sein Gefieder, in dem er sich kurz aufplusterte.
Geduldig wartete er weiter, doch als Rachel die Zigarette nach ihm schnippte,
breitete er wieder die Flügel aus und flog ein paar Äste höher.
Nach ein paar Momenten flog der Uhu auf das Fenster zu und quetschte sich auf
das kleine Fensterbrett. Mit dem Schnabel klopfte er gegen die Scheibe.

Gut gelaunt kam Valentina mit tropfenden Haaren und nur mit einem Handtuch bekleidet aus dem Badezimmer heraus.
,,Rachel, musst du denn deine Stimme immer so erheben? Ich bin doch nicht taub. Und was meinst du mit einem-''
Mitten im Satz hörte Valentina auf zu sprechen und stürmte auf das Fenster zu, Rachel dabei völlig ignorierend.
Mit schnellen Bewegungen öffnete sie dieses mit ihrem Zauberstab und lies das Tier in die warme Wohnung hinein.
,,Der Kaffee ist wie immer schon fertig, du hättest nur einmal die Kanne anheben brauchen. Wieso hast du den Uhu nicht hinein gelassen?
Der friert doch!'' Valentina bedachte Rachel mit einem vorwurfsvollen Blick und wandte sich dann wieder dem Uhu und dessen Brief zu.
Zaghaft nahm sie ihm den Brief ab und öffnete diesen neugierig.

Der Uhu flog hinein und setzte sich auf die Lehne eines Stuhls.
Vorwurfsvoll schaute er kurz zu Rachel und ließ bereitwillig zu, dass Valentina
den Brief nahm. Er breitete wieder seine Flügel aus und entspannte sich dann,
während Valentina den Brief las:

Liebe Valentina,

ich weiß, seit unserem letzten treffen sind ein paar Tage vergangen,
dennoch muss ich immerzu an dich denken. Ich hoffe es ist dir Recht,
wenn ich dir sage, dass ich morgen Abend zu dir kommen werde.
Und noch was:
Bitte erchrecke dich nicht, der Uhu ist ein Animagus, behandle ihn gut, sonst
bringt er nie wieder Briefe für mich weg.

Bis morgen,
Rasmus


Der Uhu hatte seinen Kopf zu Valentina gedreht und musterte sie nun.

Rachel schaute ungläubig ihre Mitbewohnerin an und schüttelte dann ihren Kopf.
,,Was sind wir denn? Die Tierrettung?'' murmelte sie vor sich hin.
Etwas lauter sagte Rachel dann zu Valentina gewand. ,,Das Mistvieh kann dann, aber gleich wieder verschwinden.
Ich will nicht das Mr. Walter den Uhu bemerkt und uns dann wegen irgendwas verklagt.''
Sie stand auf, nahm sich eine Tasse Kaffee und trank erst einmal genüsslich vor sich hin.
Während sie dies tat, beobachtete Rachel jede Gefühlsregung Valantina's genau. ,,Von wem ist der Brief?
Fängst du jetzt auch mit Bettbekanntschaften an, oder ist das 'nur' ein alter Freund von dir?''
fragte sie ohne groß darüber nach zu denken, ob Valentina die Fragen peinlich waren oder nicht.
Sie schaute zu ihren kurzen Hotpants und ihrem knappen Top herunter, stellte dann ihre Tasse weg und ging Richtung Bad.
,,Ich geh jetzt Duschen, vorausgesetzt wir haben noch warmes Wasser..''
sagte Rachel bevor sie lauf die Badtüre ins Schluss fielen ließ.

Auf Valentinas Gesicht machte sich ein strahlendes Lächeln breit und sie errötete auch etwas.
Ehrlich gesagt hatte sie nicht damit gerechnet, dass Rasmus sich bei ihr melden würde, doch dem war zum Glück nicht so.
Der zweite Absatz des Briefes bereitete ihr dann doch etwas unbehagen. Ein Animagus. Ein Mensch. Ein Mann.
Valentina schluckte. Nur ein Handtuch bedeckte ihre Blöße und Rachel hatte auch nicht gerade mehr an.
Die Studentin versuchte sich nichts anmerken zu lassen, war insgeheim jedoch froh, dass ihre Mitbewohnerin ins Bad verschwand.
,,Natürlich ist noch warmes Wasser da und Walter wird sowieso nichts herausfinden.'' meinte Valentina abwehrend und schaute dann zu dem Vogel.
,,Und wie lautet der Name der Person, welcher mir diesen Brief überreicht hat?'' fragte sie höflich und nickte dem Uhu zu.
Falls sich der Animagus zurückverwandeln sollte, würde sie ihm Kaffee und ein Brötchen anbieten.

Der Uhu schüttelte wieder sein Gefieder und hüpfte vom Stuhl auf die Sitzfläche.
Würde sie jetzt antworten oder nicht?
Er sprang vom Stuhl. Fliegen wollte er lieber nicht, sonst würde er noch etwas kaputt machen.
Er schuhute kurz und hüpfte dann Richtung Fenster.
Beeil dich Lady, sonst bin ich weg, ehe du eine Antwort verfasst hast

Etwas irritiert betrachtete Valentina den Vogel und schaute dann wieder auf den Brief.
Ach ja, ne Antwort. Suchend schaute sie sich in der Küche um. Irgendwo musste doch ein Zettel und ein Stift sein?
Mehr schlecht als Recht fingerte sie aus einer Schublade einen Rezeptblock hervor und nahm eine Feder zur Hand.
Gegen den Schrank gelehnt schrieb sie:

Lieber Rasmus,

natürlich kannst du morgen vorbei kommen.
Wann ist mir gleich, ich bin den ganzen Tag zu Haus.
Dein Animagus ist zwar recht schweigsam, aber auch er ist willkommen.
Ich freue mich schon sehr auf morgen.

Herzlichst,
Deine Valentina

Aus Zeitmagel schrieb sie so sauber wie möglich und faltete dann den Zettel zu einer Blume zusammen.
,,Hier.'' sagte sie zu dem Vogel und reichte ihm den Brief. Danach öffnete sie das Fenster und trat zur Seite.

Der Uhu breitete stattlich seine Flügel aus und flog durch
das Fenster hinauf in den Himmel und verschwand zwischen
den Wolken am Horizont.

Etwas wehmütig schaute Valentina dem Uhu hinterher, doch der kalte Windhauch lies sie erzittern und aus Angst sich zu erkälten,
schloss sie dann doch das Fenster. Seufzend rieb sie sich über ihre kalten Schultern und ging dann wieder in ihr Zimmer um sich umzuziehen.
Ein paar Minuten später klopfte sie an die Badezimmertüre, in der sich immer noch Rachel befand. ,,Rachel? Möchtest du mit mir zusammen Frühstücken
oder erwartest du jemanden?'' fragte Valentina, währenddessen sie die Tür öffnete.