RE: Tor - 4

Was für eine beschissene Welt.
Xenus sah sich um, mit Tränen in den Augen. Sein Herz war wie gelähmt und er konnte nicht atmen. Ihm war klar, er konnte nicht zurück, nicht einfach ein paar Geldscheine weitergeben und wieder zum Menschen werden. Er konnte hier nicht mehr weg. Xenus fiel auf die Knie, seinen Blick gen schwarzem Himmel richtend. Dann rannten ihm die Tränen runter.
Vor Wut hätte er alles zerstören können, denn es war die schlimmste Wut überhaupt: er wusste, sie würde nichts bewirken, er musste sein Leben nun hier verbringen ... verzweifelt griff er mit den Händen in den Boden und kratzte, bis seine Finger wund waren.
Was für eine beschissene Welt.

Das Tor öffnete sich und Isamu trat heraus.
Da sah er ihn, Xenus am Boden und weinend.
na, da hatte er aber einen schönen Auftrag bekommen.
Aus diesem einen otopianer zu machen würde ja was werden.
"Steh auf, mein name ist Isamu, du bist der neue Soldat, stimmts?"

Xenus sah zu ihm hoch, durch die Tränen erkannte er nur die Umrisse des Mannes.
Soldat? Er? Xenus war ein kräftiger, gewitzter Mann, ja, aber doch kein Soldat!
Er versuchte zu nicken, erbrach sich dann aber auf einmal direkt vor Isamus Füßen. Und blieb liegen, schwer atmend. Alles weg. Einfach alles. Er ... er musste sich umbringen. So schnell es ging. Ja.
Nach einiger Zeit wurde es besser. Zu brechen hatte gut getan und er richtete sich etwas auf und sah auf Isamu.
"J-Ja."

Isamu wich etwas zurück.
"Also gut", sagte er dann mehr oder weniger schon fast zu sich à la: das packen wir schon.
"Du befindest dich hier bei der Armee von Merchist Edo. Sagt dir dieser Begriff etwas?"

"Armee ... ja ... da sind Soldaten ... die kämpfen", begriff er nicht.
Xenus richtete sich ein bißchen auf. Er war wie ein Häufchen Elend. Trotz seinen etwas mehr als 185 Zentimetern reichte er Isamu gerade mal bis zur Taillie.

Isamu schmunzelte.
"Ach, was du nicht sagst. Hier gibt es vier Obergeneräle in diesem Land, also Merchisten. Merchist Edo wird es sein, dem du unterstehst. Seit wie vielen Tagen bist du jetzt gebissen?"

Xenus sah wieder besser, endlich erkannte er das Gesicht Isamus. Und diesem Mann musste er nun dienen? Das hatte er doch nicht verdient. Was hatte er dem lieben Gott nur getan, dass das Schicksal ihm aus dem Hinterhalt einen Dolch in den Rücken rammte?
"Ich ... seit sechs Tagen. Aber ... aber dieses Zeug mit der Armee, das ist nicht nötig. Wissen Sie, wenn Sie mich zu diesem Edo lassen, dann kann ihm viel Geld geben - ich bräuchte zwar ein bißchen Zeit, aber ich kann es holen, verstehen Sie? Ich brauche nicht in die Armee zu gehen!"
Er wurde immer schneller, immer flehender und kippte schließlich wieder auf den staubigen Boden, wo er Isamu verzweifelt anflehte, ihm sein früheres Leben zurückzugeben.

Isamu verstand nicht ganz.
"Okay...du willst kein Soldat werden? Du bist schliesslich nicht unserer Gefangener, also geh!"
Er rollte seine Liste zurück.
"Aber von Mann zu Mann...hier draussen wirst du nicht überleben, also warum versuchst du es nicht hier? Du bekommst zu Essen und genügend Blut, wenn du bleibst."

Bei dem Wort Blut horchte er auf. Vor Ekel hatte er erst nichts trinken können und dann, als er, ausgestoßen von allen, durch die Wildnis in den Verbotenen Wald und schließlich nach Otopia gefunden hatte, bekam er nur ein paar Hirsche zu Gesicht, die er durstig erlegt hatte.
"Wenn ich Soldat werde, kann ich dann ... mit Edo reden? Und in ein Haus ziehen? In ein großes Haus mit Bediensteten?"

"Wie bitte?"
Isamu räusperte sich.
"Merchist Edo", korrigierte er dann sogleich.
"Ist einer der vier mächtigsten Militärshaber in ganz Otopia. Sei mir nicht böse, aber ihn als einfacher Soldat zu sprechen, ist ganz unmöglich. nur jemand...mit sehr viel Ehre...und langer Dienstschaft ist es würdig, ihm entgegen zu treten. Doch das sollte dich nicht entmutigen doch hier bei uns zu kämpfen. Du bist neuvampir...du musst noch vieles lernen. Wenn du es hier tust, wirst du sehen was Ehre und wahre Stärke bedeutest. Gehst du aber, könnte man dich in der Stadt töten weil du vielleicht eine Dummheit begehst aus alter Gewohnheit heraus. Ihr Menschen habt andere Ziele als wir hier."

Xenus hatte sich schon nach dem ersten Satz verzweifelt abgewandt. Wortlos stand er auf und nickte Isamu zu.
"Führ mich, wohin du willst. Es ist mir egal."

Isamu nickte.
"Dann folge mir."
Er ging dann zügig voran.

--> Soldatenhaus

Eine Führerlose Kutsche fuhr vor.
Japanische Soldaten kamen daher geeilt und wunderten sich über den unbekannten Besuch.
Einige der Männer blieben stehen und flüsterten ängstlich.
Isamu kam auf das Tor zugeschritten.
"Herr Isamu, diese Kutsche fährt niemand", sagte ein Japanischer Offizier, der sogleich stramm stand und salutierte.
"Dahinter muss eine Teufelei im Spiel liegen."
Isamu legte ihm seine Hand auf die Schulter.
"Ein böser Kami in einem europäischen Ding?
Ich denke wohl kaum, Shito.
Öffnet das Tor!
Lasst sehen, welchen Gast wir empfangen!"
Das Tor öffnete sich und die Kutsche fuhr hinein.
Schliesslich blieb sie stehen und die Soldaten umzingelten sie.

Als die Kutsche hielt, war Kerry überrascht.
Langsam steig sie aus der Kutsche aus.
Draußen erwartete sie einen Empfangskomando der etwas anderen Art.
Eigentlich hatte sie mit Julius gerechnet, doch statt ihm standen dort Japaner.
Nicht das sie etwas gegen Japaner hatte.
Es war nur ungewohnt.
Kerry lächelte leicht.
Was sollte sie sagen?
Sie hatte keine Ahnung, wollte die Herren ja auch nicht beleidigen.

Ein paar der Soldaten waren zurück getreten.
Sie riefen sich einige Worte auf Japanisch zu.
Isamu trat nun schliesslich vor.
Er musterte Kerry einen Moment und nickte ihr schliesslich zu.
"Guten Tag", sagte er kurz angebunden in fliessendem Englisch.
"Haben Sie sich im Wald verirrt?"