RE: Schottland: Highland - 2

Die Sonne auf dem Gefieder spürend fühlte sich der Phönix noch wohler und vergnügt legte er sich auf den Rücken und drehte sich einmal um die eigene Achse. Man sah dem Geschöpf die Freude wirklich an.
Der Feuervogel schloss zu seinem neuen Gefährten auf und tauchte durch die Luftströme wie ein Fisch im Wasser, unbeschwert und leicht wie eine einzelne Feder.
Der Phönix nickte leicht um zu zeigen, dass er Mary verstand.
"Vielen Dank"
Innerlich lächelte Kathleen, sie war froh, dass ihre Freundin sie hören konnte. Mary würde bei ihr immer herzlich willkommen sein, ob sie mit Freude oder Sorge kam.
Vor sich sah der Phönix die Berge und nocheinmal blickte er zu dem Hippogreif neben sich.
Hier herrschte zeitweise unterschiedlicher Luftdruck, je nach dem, wo man sich gerade aufhielt.

Die schwarzen Augen leuchteten, doch war dies nichts im Vergleich dazu, was das Gefieder von seiner Pracht zeigte. Auf die sonst schneeweißen Federn hatte sich ein zarter Hauch von goldenem Schimmer gelegt. Die beiden Wesen mussten von der Erde aus, noch schöner aussehen als sie ohnehin waren. Mit treuem Blick tat der Hippogreif es dem Feuervogel gleich und genoss die Wogen des Windes.
In diesem Moment schossen dem Mädchen so viele Gedanken durch den Kopf und dennoch nichts. Sie war jung und hatte die Kraft zu kämpfen, ob nun körperlich oder im geistigen Sinne. Und wieder einmal wurde ihr bewusst, dass sie das tun würde, bis in alle Ewigkeit. War das vielleicht ein Fehler und sollte sie nur einmal auf sich Acht geben? Nein. Denn wie konnte es ihr gut gehen, wenn sie doch wusste, dass da draußen Krieg herrschte, gegen den sie kämpfen musste. Niemand zwang sie dazu, aber sie wollte es so. Denn...das war Mary.
Der Hippogreif öffnete seinen Schnabel und stieß einen Laut aus, wobei er die Augen schloss. Doch der Klang des Lautes war keineswegs unmelodisch, ganz im Gegenteil. Er sollte symbolisieren wie gut es ihr ging, in diesem einen Moment, von allen Lasten befreit. Das Schönste allerdings war immer noch, dass sie nicht alleine war und dass sie den wunderschönen Phönix in ihrer Nähe wusste. Es zeigte ihr, dass Einsamkeit nicht unendlich war, nur für eine Zeit des Schmerzes taugte. War dieser Schmerz nun voll und ganz aus ihr gewichen? Oh nein, aber jetzt in dieser Sekunde war er betäubt und eigentlich hoffte sie, dass er nie wieder aufflammen würde.
Dann schwang das Wesen elegant, schon fast stolz, die Flügel und erhob sich noch mehr in die Luft, immer weiter hinauf. Das Mädchen wollte die Wärme spüren, die Lebensenergie, die sie brauchte und die erdrückende Anziehungskraft der Erde vergessen. Einfach nur sie selbst sein.

Joelina war mit einem Diener der Vanes hier her apperiert. Sie befanden sich auf einer der Bergwiesen, die sich über eine große Fläche erstreckte. Das Gras leuchtete richtig in der heute sonderbar warmen Sonne und das kleine Mädchen blinzelte dieser entgegen.
Noch wusste sie nicht genau, was sie hier sollte. Christopher hatte ihr nur mitgeteilt, dass sie, wenn sie wieder nach hause kommen würde, ihre Eltern und Großeltern sehr stolz machen würde. Aber wie sollte sie das tun? Egal, sie freute sich jetzt schon sehr, die stolzen Gesichter zu sehen und mit Leben zu füllen. Der Diener zitterte leicht, während er mit ihr weiterging und sie fragte sich, weshalb. Es war doch gar nicht kalt!
"Weit?", wollte Joelina nach einer Weile des Schweigens erfahren und sah fragend zu dem Mann auf, der sie in den Armen trug.
"Oh, nein-nein, kleine Miss Vane."
Das Mädchen lächelte fröhlich und sah sich aufmerksam um. Sie mochte die Natur von Herzen gern, weil sie sie als etwas besonderes ansah. Nichts war für sie minderwertig. Kein Grashalm, keine Blume, nichts. Ihre Augen leuchteten richtig durch das Licht, das direkt auf sie hinabschien und der Diener wollte sie dabei nur ungern anschaun. Sie war bereits jetzt schon ein wunderschönes Kind.
Noch einige Momente schwiegen beide, bis sie endlich einen Fluss erreichten, dessen Wasser so klar war, wie ein Kristall. Joelina begann erneut zu strahlen, da sie Wasser ohnehin sehr gern hatte. Das hatte sie wohl von Mary. Bald blieb der Diener stehen, räusperte sich etwas und setzte das Mädchen ins Gras. Fragend sah dieses auf und verstand nicht ganz. War die Reise schon vorbei?
"Nun, ähm...M-miss Vane, ich gehe jetzt. Auf Wiedersehen", damit drehte er sich rum, setzte zum Laufen an und verschwand schnell hinter den nächsten Felsen. Was er wohl hatte? Joelina wusste keine Antwort und dennoch wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie alleine war.
Doch nun passierte etwas hinter ihrem Rücken, wodurch sie sich sofort umdrehte. Der Diener hatte sie zu der Quelle des Bergsees gebracht, die von einigen schönen Steinen umrahmt kaum einige Schritte von ihr entfernt war. Der Klang einer schönen Melodie lag in der Luft und umschlang sie wie sanfte Hände. Das Mädchen spürte die Kraft und Energie, roch sie fast und wollte danach greifen, in dem sie ihre kleine zierliche Hand hob. Die braunen Augen glitzerten gespannt und erwartungsvoll.
Dort, wo das Wasser aus der tiefen Erde entsprang, erhob sich eine Gestalt, die ganz in weiß gekleidet und von einem zarten goldenen Schleier umgeben war. Joelina hielt die Luft an und starrte die Person an, die aus dem Wasser stieg. Wer war das? Und auch wenn sie vielleicht Angst gehabt haben musste...nein, die empfand sie nicht.
"Kleiner Engel, du bist so viel schöner, als wir es erwartet und gehofft hatten. Willkommen", sprach sie sanft und fast eines Windhauches gleich. Das Mädchen mochte die Stimme und das Gesicht, das immer näher auf sie zukam. Noch nie hatte sie ein so schönes Wesen gesehen und sie war sich sicher, dass ein Mann der Frau, wie sie erkannte, sofort verfallen wäre. Ob gewollt oder nicht. Sie winkte der Frau mit ihrer kleinen Hand zu, während ihr eigenes Gesicht das Staunen offenbarte, was sich tief in ihr breit machte.
"Mein Name ist Maisha, hast du schon einmal von mir gehört?"
Maisha...ja, der Name kam ihr bekannt vor. Hatte ihre Großmutter nicht oft von ihr gesprochen? Von Mary hatte sie allerdings nie ein Wort darüber gehört. Noch immer wusste sie nicht, was sie hier sollte, aber sie war froh, etwas so wundervolles und vollkommendes zu sehen.
Maisha glitt noch einige Stücke und blieb dann vor ihr stehen. Erwartungsvoll blickte sie auf sie hinab.
"Ja!", meinte sie strahlend und nickte, um das Gesagte noch zu verstärken.
"Das freut mich. Gefällt es dir hier, meine Kleine?", fragte Maisha sanft, beugte sich zu Joelina und hob sie auf ihre Arme.
Schnell nickte diese eifrig und meinte dies sehr ernst!
"Weißt du denn auch, warum du hier bist, ja?"
Nun musste die Kleine allerdings betrübt mit dem Kopf schütteln, wobei sie Maisha musterte. Dies musste eine Veela sein! Oh ja, wie schön sie doch war. Ihr samten weißes Kleid umspielte ihre wunderschöne Figur und auf den strahlend blonden Haaren trug sie einen Kranz. Erst dachte das Mädchen, dass dieser aus roten Rosen bestand, aber der erste Schein trügte sie und bei genauem Hinsehen wusste sie, dass es viel traumhaftere Blumen waren, die sie allerdings noch nie gesehen hatte. Ihre Augen waren strahlend blau, wie die einer Schönheitsgöttin.
Maisha lächelte ihr zu, so zauberhaft, dass sich Joelina wie in einem Traum fühlte. Einem Traum, aus dem sie nie wieder aufwachen wollte.
"Nicht? Das ist schade, aber soll kein Hindernis für uns darstellen, nicht wahr?
"Nein! Warum?"
"Ich werde es dir gerne erzählen. Komm, wir gehen ein Stück am Fluss entlang. Magst du das Wasser ebenso wie ich? Wobei, ich denke, jede Veela mag das Wasser", ging sie dann mit Joelina auf dem Arm los. Eine kurze Stille herrschte, obwohl es nicht so aussah, als suche Maisha nach den richtigen Worten. Ganz im Gegenteil, wahrscheinlich wollte sie sie das alles erst einmal verarbeiten lassen. Aber dafür war Joelina viel zu aufgeregt und ihr viel es ohnehin schon sehr schwer, wirklich ruhig zu lauschen, nach den Worten, die ihr noch verborgen blieben.
"Du bist eine Veela, das weißt du ja sicher. Allerdings bist du eine ganz besondere Veela. Normalerweise werden die Gene von einer Veela zu der nächsten weitergetragen, ohne Umschweife. Bei der Familie Vane ist das allerdings nicht so. Vor vielen Jahrhunderten, als ungefähr die 3. Generation der Veelas in eurer Familie war, entschieden sich deine Ahnen für das Böse. Die Herzen wurden mit Kälte gefüllt und dies wurde immer weitergetragen, bis Maggie, deine Großmutter, geboren wurde. Sie war von Grund auf gut und im Herzen rein. Nun, weißt du, die Veelas, so wie ich eine bin, haben normalerweise sehr helles langes Haar. Bei euch hat sich nur mit den Jahren und der zunehmenden Kälte die Haarfarbe geändert", Maisha schmunzelte. "Das ist fast so, wie wenn sich normale Menschen ganz doll ärgern und deshalb graues Haar bekommen. Die Farbe der Haare zeugt bei uns von Reinheit. Was aber nicht heißen soll, dass deine Mutter und Großmutter nicht auch reinen Herzens sind! Aber die beiden sind auch nicht mehr das, was man eine wirkliche Veela nennt, nicht von außen. Sicher, das Innere ist gleich! Fast zumindest, weil wir normal nicht so hitzig reagieren, wie deine Mutter zum Beispiel."
Maisha lachte leicht und strich der staunenden Joelina über den Kopf, wobei sie ihr auch noch ein Lächeln schenkte.
"Eine Veela kann sehr gut heilen und besitzt auch sonst unsagbar magische Kräfte. Mary konnte ich sie nicht geben und Maggie auch nicht, aber dir schon. Der Grund dafür ist, dass die beiden von Hause aus böse erzogen werden sollten, was natürlich gescheitert ist. Du allerdings hast jetzt schon eine sehr friedliebende Familie und das macht es mir leichter. Denn niemand von den noch lebenden Vanes würde wollen, dass die Zauberwelt zerstört wird."
Die Veela sprach und sie wusste, Joelina würde jedes Wort verstehen. Kurz überlegte sie und setzte das Mädchen auf einen Stein, wobei diese aus dem Staunen kaum rauskam. Sie schwieg, ja, und dennoch wusste sie, dass es keine Geschichte war, die ihr erzählt wurde, sondern die Realität.
"Ich weiß, dass du mindestens genauso reinen Herzens bist wie Maggie und Mary. Ich gebe dir die Kraft gerne, denn ich weiß, dass du sie nie für etwas schlechtes verwenden werden wirst. Sei ein braves Kind, ja? Kleine Joelina Clarice Andrea Vane..."
Damit beugte sich Maisha erneut zu Joelina, küsste sie sanft auf die Stirn und übertrug die außergewöhnlichen magischen Kräfte ihres selbst auf das junge Kind.
Als Joelina die Augen öffnete war Maisha verschwunden, dorthin, wo sie hergekommen war und selbst befand sich in einem Strudel aus unzähligen Farben...bis sie sich auflöste und wieder zu ihrer Familie zurückkam. Genau wie vorher sah sie aus, im innern hatte sie sich unvorstellbar verändert...

Mary kam mit Joelina auf dem Arm zu den Highlands. Die ganze Zeit über drückte sie ihre Tochter schützend an sich und neben den beiden liefen Maggie und Christopher her.
Christopher war dagegen gewesen, aber nach einem heftigen Streit, hatte er nachgegeben, Maggie zu liebe und der kleinen Joelina.
Irgendwann blieben die vier stehen und verabschiedeten sich. Die Familie Vane würde die nächste Zeit zu den Veelas gehen, dort waren die vorerst sicher. Nein, dort würden sie nicht gefunden werden. Mary wischte sich eine Träne aus dem Gesicht, begann dann auf einen Abgrund zuzulaufen, sprang in die Luft, ließ den blauen Schleier um sich erscheinen und verwandelte sich in den Hippogreif.
Mit angespannten Schlägen erhob sich das magische Wesen in die Luft und hielt Ausschau nach seiner Freundin.

...komm so schnell wie möglich an den Ort, an dem die Gedanken freundliche Worte sprechen und der Wind all die Sorgen für kurze Momente mit sich nimmt...

Kathleen hatte die Zeilen gelesen und ein kurzes, leichtes Lächeln war auf ihrem Gesicht erschienen, ehe sie den Brief auflöste, den Zauberstab einsteckte und sich in einen Phönix verwandelte.
Kurz darauf, bevor er gesehen werden konnte war der Feuervogel in London verschwunden und in Schottland wieder aufgetaucht.
An dem Ort, an dem die Gedanken freundliche Worte sprechen und der Wind all die Sorgen für kurze Momente mit sich nimmt.
Mit den weiten Schwingen durch die Luft gleitend erhellt ein goldenes Leuchten den Himmel und der rot-goldene Phönix war dort zu sehen.

Der Hippogreif drehte seine Runden über dem Hochland, bis er irgendwann das helle Leuchten ausmachen konnte.
Mary lächelte innerlich und war froh, dass Kathleen anscheinend nichts passiert war.
Sie schwang die Flügel und steuerte direkt auf die bis dahin noch eher verschwommene Gestalt zu, die von Meter zu Meter deutlicher wurde. Irgendwann hatte sie sie erreicht, flog, um die Freude preizugeben, einmal um Kathleen herum und hielt dann inne.
Kathleen! Schön, dass du kommen konntest! Dir ist Gott sei dank nichts passiert, oder? Was soll jetzt nur werden?

Die Phönixfedern strahlten wunderbar und kein Schatten war auf ihm zu finden. Dieser war äußerlich längst nicht mehr zu sehen.
Kathleen freute sich Mary gesund wieder zu sehen und lächelte innerlich, als der Hippogreif sie umrundete.
"Mir geht es gut Mary, keine Sorge! Ich hoffe, deine Familie ist in Sicherheit" konnte Mary die melodische Stimme hören in ihren Gedanken hören, die vom Phönix ausging.
"Was können wir jetzt tun..." fragte sie dann mehr in den Tag hinein.

Wie immer war der Phönix wunderschön und Mary war wirklich froh, ihre Freundin zu sehen!
Ja, sprach die junge Frau in Gedanken und man konnte sie seufzen hören. Sie sind in Sicherheit und sie werden erst wieder zurückkehren, wenn alles wieder sicher ist. Dafür sorge ich. Deiner Familie geht es doch auch gut?, man hörte die Sorge.
Der Hippogreif schwang wieder seine Flügel und segelte unter dem Phönix hindurch, bis er auf der anderen Seite wieder auftauchte.
Es ist schwierig, um ehrlich zu sein. Ich gelte nun als offizielle Feindin, es wird schwer für mich, viel auszurichten. Und Marcus zu stürzen ist so gut wie unmöglich. Wir brauchen Pläne, am besten wir suchen uns erst mal einen Platz, an dem wir ungestört sind und als menschliche Gestalt auftreten können. Und...ich brauche noch einen Ort, an dem ich nun schlafen kann.
Mary hörte sich ein wenig hoffnungslos an. So, wie man es eigentlich nicht von ihr kannte.

"Meine Familie.." Kathleen unterbrach kurz. Familie, ob man es so überhaupt noch nennen konnte?
"Es geht ihnen gut, noch" antwortete sie schließlich.
Die junge Frau dachte schließlich einige Zeit darüber nach, was Mary sagte. Es war schwierig, einen sicheren Ort zu finden, wohl wahr.
"Wir müssten mehr über Marko und Co erfahren denke ich... Marcus ist natürlich ein ziemlich großes Problem dabei."
Doch zuerst, wo konnten sie hingehen, wo sich Mary auch in einen Menschen zurück verwandeln konnte.

Der Phönix bewegte seine Schwingen nun gemächlicher und flog, neben dem Hippogreif geradewegs über die Highlands hinweg. Unter ihnen zog die wunderschöne Landschaft vorbei.

London kam nicht in Frage, das lag viel zu nah am Zauber- bzw nun Vampirministerium. Doch auch Indien, woran Kathleen schon gedacht hatte, war kein wohler Gedanke. Sie wollte ihre Mutter, ihre Verwanten dort nicht unnötig in Gefahr bringen.
Was war der letzte Ort, an dem sie gesucht werden würden?
"Mary, ich kümmere mich um dich" hörte diese schließlich in ihren Gedanken.
Kathleen würde es nicht zulassen, dass Mary den Vampiren zum Opfer fiel.

Sie dachte weiter über die Vampire nach und irgendwann fiel ihr auf, dass die Vampire im Grunde wie normale Zauberer waren, bis auf den kleinen, aber entscheidenden Unterschied, dass sie manchmal scheußlich aussahen und wohl durch ihre Vampirischen Gene stärker waren und brutaler, ihnen schien nichts heilig zu sein, sondern Tod und Vergeltung als einziges Mittel der Durchsetzung ihres Willens zu verwenden.
Nicht einmal in der Arktis ging es so brachial zu, obwohl es dort keine wirkliche Religion gab, wie Kathleen mal gelesen hatte. Und auch Otopia schien ihr irgendwie gesitteter, zumindest soviel sie von dieser Welt wusste, wurden die Bürger nicht unnötig terrorisiert.

Der Phönix machte irgendwann einen Looping und flog direkt auf den Hippogreif zu. Es war nur ein Versuch, doch irgendetwas gab Kathleen die Zuversicht, dass es nicht zu einem Unfall kommen würde.
Kurz bevor sich die Schnäbel der beiden Geschöpfe berühren konnte war für beide nur noch ein helles Licht zu sehen und keine Bewegung mehr auszumachen.
Als Kathleen wieder normal sehen konnte, waren sie und Mary nicht mehr über den Highlands so schien es, sondern in einem unendlich großen, hellen Raum. In Menschengestallt.
"Oh" brachte Kathleen erst einmal nur hervor, sie kannte ihre Fähigkeiten wie es aussah nicht annähernd. Doch hier schienen sie die Möglichkeit zu haben, zumindest kurze Zeit nicht in Furcht leben zu müssen, dass sie angegriffen werden konnten, auch wenn es kein dauerhafter Zustand war.

[schöööön! =)]

Mary lächelte innerlich, als Kathleen sagte, dass es ihrer Familie gutging. Das noch versuchte sie dabei außer Acht zu lassen. Die beiden mussten jetzt einfach positiv denken, auch wenn es fast unmöglich war. Aber wenn sie es nicht taten, was sollte dann werden? Die junge Frau wusste, dass sie kämpfen musste, ob mit den Gedanken und Emotionen, wie auch körperlich. Wenn sie ihre Welt zurückwollten, musste etwas passieren und eigentlich war sie sich sicher, dass sie nicht die einzigen waren, die kämpfen würden.
Der Hippogreif spannten die Flügel zu beiden Seiten und ließ sich neben dem Phönix durch die Lüfte gleiten. Es war ein nachdenklicher Augenblick, ja, und sie schien auch verzweifelt, aber das durfte sie doch nicht sein! Sie war eine Kämpferin, dafür lebte sie. Mary lebte nicht für das Töten und dafür, dass sie andere zur Seite schaffte, aber sie lebte dafür, was danach daraus werden konnte. Frieden...
Als der Phönix den Looping machte und genau auf den Hippogreif zuflog, war Mary erst einmal etwas verwirrt und das plötzliche helle Licht bestärkte sie nur darin. Was war passiert?
Die junge Frau sah dann wieder an sich hinunter, stellte fest, dass sie wieder ein Mensch war und sah sich fragend um.
"K-kathleen? Wo sind wir?", es war nur ein Wispern, das ihre Lippen verließ und dennoch war es sehr deutlich zu hören.

Kathleen fühlte sich irgendwie komisch, anders als sonst.
So als kannte sie diesen Ort, wusste aber noch nicht genau, wie sie ihn einordnen sollte. Hier fühlte sie sich sicher, doch wieso?
Die junge Frau sah sich etwas um und drehte sich dabei um ihre eigene Achse.
Der Raum schien sich, nu da die beiden so richtig angekommen waren auch ein wenig ausgeprägter zu zeigen.
An manchen stellen wurde er rötlich, gelb-orange, an anderen grün oder blau.
In einem Winkel jedoch schien gar kein Licht mehr zu gelangen. Er war dunkel, schwarz wie die Nacht.
Während Kathleen die verschiedenen Farben betrachtete, kamen ihr unweigerlich die unterschiedlichsten Dinge in den Sinn.
Sie musste an verschiedene Personen denken, an vergangen Zeiten, Erinnerungen.
Als sie zu der düsteren Stelle blickte, schluckte die 20-jährige, eine Träne lief über ihre Wange.
Und ihr wurde klar, wo sie und Mary sich befanden.
Kathleen blickte zu ihrer Freundin und wischte sich die Augen trocken.
Sie schien wieder gefasster und die Farben verblassten unwillkührlich etwas.

Während dem ganzen wurden auch bei Mary verschiedene Gefühle ausgelöst - diejenigen, die auch Kathleen zu diesem Zeitpunkt empfand. Es musste sehr verwirrend sein, in einem Teil von sich, die Emotionen eines anderen zu durchleben.
Liebe, vollkommene Loyalität und Freundschaft. Doch auch Trauer, trostlose Melancholie bishin zur Depression.
Uneingeschränktheit/Freiheit, Zufriedenheit, Hingabe, Ausgeglichenheit, Sehnsucht und Erstaunen, Enttäuschung, Erschöpfung und Einsamkeit.
All diese und noch mehr Gefühlsbewegungen waren in diesem Raum - hatte Kathleen schon erlebt.

"Mary," sie blickte ihre Freundin leicht seufzend an.
"es hat wohl etwas mit meinem Unterbewusstsein zu tun, aber denk nicht zu viel darüber nach, ja" meinte sie dann.
Es war ein komisches Gefühl, denn Kathleen ahnte, dass auch Mary zumindest ein wenig spüren konnte, was dieser Ort war, bzw beinhaltete.
Aus diesem Grund verschloss sich die junge Frau dann auch ein wenig, sodass Mary kaum noch etwas von den Gefühlen merken sollte.
"Aber ich denke, hier sind wir sicher, es wird uns niemand stören, während wir reden."

Mary sah fragend zu ihrer Freundin auf und wartete, bis diese ihr vielleicht Antwort geben konnte.
Doch plötzlich, als sie Kathleens Gefühle zu spüren begann, war es fast so, als würde ihr jemand einen Dolch ins Herz rammen.
Die junge Frau schnappte nach Luft und verzog das Gesicht.
Das alles fühlte sich so echt an und auch wenn sie Kathleens Emotionen nur für einige Momente stark empfand, reichte es vollkommen aus, um ihr zu schaden. Mary hatte lange gebraucht, um aus dem Loch wiederherauszukommen, das sie sich einst selbst geschaufelt hatte.
Es hatte lange Gespräche benötigt, Ausflüge, viel Liebe...und nun zerbrach alles in Scherben.
Nie wieder hatte sie all das spüren wollen, nichts davon.
Die bereits 22-jährige verlor unter dem Druck das Gleichgewicht und sie fiel zu Boden.
Während dieses Falls, bei dem sie hoffte, dass es der letzte war, merkte sie, was mit ihrem Herzen geschah.
Bereits zugeheilte Wunden gingen wieder auf, Stränge rissen, die bis jetzt notdürftig ihre Arbeit getan hatten und im Grund genommen begann es zu bluten, es brannte, als hätte jemand Salz hineingestreut.
Mary sah starr zu Boden und man merkte allein an ihrem Blick, dass sie sich wünschte, nicht mehr dort zu sein, nirgendwo mehr auf der Welt.
Was machte das auch noch für einen Sinn, wenn doch nun wieder alles wie zuvor war?
Diese Einsamkeit...es war schrecklich, wobei sie doch wusste, dass Kathleen keine zwei Schritte von ihr entfernt stand.
Sie sah Bilder vor ihrem inneren Augen, von Gesichtern, die sie doch so sehr liebte. Und die vorherige Hoffnungslosigkeit wurde nun in allem noch bestärkt.
Mary weinte stumme Tränen, ohne zu Kathleen aufzublicken.
Nein, ihr gab sie keine schuld, sie hatte es sicher nur gutgemeint. Woher hätte sie auch wissen sollen, dass es Mary in der letzten Zeit nicht viel besser als ihr gegangen war?
Jede weitere Träne verlor sich auf ihrem Umhang, auch wenn jede einzelne etwas symbolisierte. Immer wieder schüttelte Mary den Kopf, ein schwacher Versuch, um die Bilder loszuwerden.
Sie würden nicht wollen, dass du daran zerbrichst....
Es war eine längst vergessene Stimme, die zu ihr sprach.
Erst war sie nur verschwommen wahrzunehmen, doch dann wurde sie immer deutlicher, fester und strenger.
Und Mary wusste genau, wer mit sie gemeint war.
Beklommen zeigte sie endlich nach einer Weile Regung und strich mit dem Ärmel über ihre Augen, so dass diese wieder trocken wurden.
Was Kathleen sprach, bekam sie nur am Rande mit...um ehrlich zu sein, sah sie aus, wie jemand, der unter Schock stand und im eigentlichen Sinne stand sie ja auch unter Schock. Ihr Herz war nicht stark genug, um das alles nochmal durchzustehen, so dachte sie tief in sich.
Mary dachte an Joel, daran, dass er gesagt hatte, dass er sie lieb hatte, daran, welch schöne Momente sie zusammen hatten, selbst wenn die beiden nur geschwiegen hatten.
Daran, dass er ihr so oft das Leben gerettet hatte und nie etwas dafür verlangte.
Daran, wie sie ihn immer ohne Vorwarnung umarmt hatte, an seine lieben Worte, seinen Blick, an welchen die Erinnerung niemals verblassen würde und an seine Stimme.
Sie sah ihn so leibhaftig vor sich, dass sie sich wünschte, wieder mit der Vergangenheit zu verschmelzen.

Aber etwas ganz tief in ihr geschah nun plötzlich. Sie hielt sich im übertragenen Sinne an die Erinnerung fest, stützte sich damit, damit sie nicht noch weiterfiel und konnte dadurch etwas Halt gewinnen.
Jedes Mal, wenn sie an den Prinzen dachte, durchströmte sie diese unausgesprochene Liebe, so auch jetzt.
Sie bemerkte, wie das Blut wieder in ihren Adern zu fließen begann und wie sich eine dicke, tiefe Mauer innerlich aufbaute, um die bösen Gefühle von ihrem zerbrochenen Herzen fernzuhalten.
Mit ihrem Herzen selbst geschah auch etwas für Mary unerwartetes.
Durch dieses unglaubliche Gefühl der Liebe, die sie wohl noch nie zuvor so sehr gespürt hatte, setzten sich die Splitter wieder zu einem ganzen zusammen.
Die Wunden schlossen sich aufs neue und die Narben kerrten zurück.
Alles war, wie es gewesen war, wahrscheinlich sogar noch besser.
Am Ende konnte sie sogar für sich etwas lächeln, denn es tat gut, wieder eins zu sein und schon lange war es ihr nicht mehr so gut gegangen.

Während die Liebe ihr half, wieder zu werden, wer sie war, leuchtete Marys Gestalt immer wieder in einem sanften Gold auf.
Es war wie eine Schutzmembran, die aber auch zeigen sollte, was im innern passierte.

Kathleen starrte wie gebannt nach vorn in die weite des Raumes.
Aus den Farben entstand wie ein Wirbelsturm aus den verschiedenen Emotionen, der sich in seinen schönsten und schrecklichsten Nuancen zeigte.
Das Bild, das die 20 jährige dabei in den Augen hatte brannte sich in ihr Gedächtnis.
Kaum auszuhalten, waren da diese unterschiedlichen Erregungen, die Kathleens Herz zum rasen brachten.

Als sie ihren Blick abwandte und zu ihrer wohl besten Freundin blickte stockte Kathleen der Atem und sie fühlte sich, als würde sie von rauschenden Adrenalin plötzlich durch eine Wand gestoppt, indem sie frontal dagegen prallte, auf 0 abgebremst wurde.
"Mary!" hallte Kathleens Stimme, doch war sie verwoben mit den melodischen Phönixtönen, sodass sie Mary in dem ganzen Raum gehört hätte, egal wo sie war.
Die Hexe überbrückte die Distanz zwischen den beiden in kaum einer Sekunde, kniete sich zu ihr und strich besorgt über ihr Gesicht.
Kathleen sah ihr an, was sie durchmachen musste und es tat ihr in der Seele weh.
"Bitte komm zu dir" flüsterte sie leise, abermals mit der Phönixkraft durchwoben.
"Was soll ich den ohne dich machen, wer ist mir denn sonst noch geblieben..." sprach sie dann mehr zu sich selbst.
Natürlich dachte sie dabei auch und vor allem an Joel. Ebenso an ihre Eltern, die durch die Scheidung ein weiteres Loch in ihr Herz gerissen hatten, auch wenn sie inzwischen wieder gut mit ihnen zu recht kam und beide glücklicher schienen. Viele waren schon gestorben um Kathleen. Ihre Großeltern, auch Schüler von Hogwarts, als sie noch zur Schule ging. Es war jedesmal schwer.
Stumm blickte die junge Frau auf ihre Freundin hinab, während sie ihre Hand hielt.
Innerlich jedoch bebte Kathleen, betend um Mary und um ihr Kraft zu geben.

Als diese plötzlich wieder Reaktionen zeigte fiel ein großer Brocken Last von Kathleen ab.
"Ist, ist es soweit normal?" fragte sie vorsichtig.
Ob es ihr gut ging, wagte Kathleen nicht zu fragen. Was sie gesehen hatte, zeigte ihr deutlich genug, was ihre Gefühle bei anderen Menschen auslösten und dass das nie wieder passieren durfte.

Mary hob nach einiger Zeit den Blick und lächelte Kathleen sanft an.
"Tut mir leid...", flüsterte sie, mit leicht erstickerte Stimme und drückte die Hand ihrer Freundin, als Zeichen, dass es ihr wieder besser ging.
"Es hätte nicht soweit kommen dürfen, aber...ich glaube, ich weiß, wo wir sind, nicht?"
Mary sah sich in dem Raum um, zu den Farben und allen anderen Eindrücken. Sie strich sich dann etwas erschöpft die Haare aus der Stirn.
Ihre freie Hand legte sie auf Kathleens Wange, lächelte noch einmal und umarmte sie dann.
"Egal, was ist, ich bin für dich da, ja? Ich werde dich nicht allein lassen...", kam es langsam von ihr und sie schloss die Augen.
Einige Zeit verstrich, in der sie selbst noch etwas zu sich finden musste, dann ließ sie wieder von Kathleen ab.
"Wir schaffen das, gemeinsam. In Ordnung?"

Kathleen lief eine leise Träne über die Wange.
"Dir muss gar nichts leid tun, Mary!" sagte sie dann in einem milden Ton.
Sie nickte dann leicht und schloss die Augen, als Mary ihre Wange berührte und sie umarmte.
Es tat Kathleen in diesem Moment unendlich gut.
"Und ich werde immer für dich da sein!" versprach sie Mary.
"Wir schaffen es" meinte die junge Frau dann auf die Frage ihrer Freundin, brachte ein kleines Lächen zustande und half ihr dann auf.