England » Haus von Frau Leni

Cheung liess sich von Frau Leni die Treppe hinauf führen.
Von Sam hatte der Inspektor die Empfehlung bekommen, sich hier das obere Zimmer zu mieten.
Frau Lenis Haus stand unmittelbar in der nähe vom Polizeirevier und ausserdem verstand sie sich gut mit den Polizisten und lud einige von ihnen gerne ab und zu mal zum Kaffee ein.
"So, da wären wir also", sagte Frau Leni, als sie oben ankamen und Cheung sich umsah.
Die Wohnung war altmodisch, alles aus Holz und mit vielen Landschaftsbildern dekoriert.
"Ach, als mein lieber Raymond noch hier war", sagte die Frau in gerührtem Ton und sie zog die weissen, bestickten Vorhänge etwas zur Seite.
"Hier werden Sie gut leben, Herr äh...Herr, ach wie dumm von mir...Ihr name ist so schwer zu merken."
"Cheung", sagte Cheung daraufhin und er trat zu dem Bett mit der karierten Bettwäsche.
"Ahja, genau. Raymond konnte hier drin jeweils stundenlang lernen. Am morgen mache ich jeweils Frühstück, mögen Sie Brot mit süsser Butter?"
Cheug sah kurz zu Frau Leni, während er seinen Koffer öffnete.
"Für mich nur eine kleinigkeit am Morgen, und Kaffee."
"Aber Kaffee kriegens natürlich selbstverständlich", sagte Frau Leni, die dann neugierig zum Koffer trat und hinein blickte.
"Ach, wie schön dieses Foto. Ist das Ihre Tochter?"
Sie nahm sogleich das eingerahmte Foto heraus, das zuoberst war ein ein Mädchen zeigte.
"Meine Tochter Shao Mei", antwortete Cheung, woraufhin er dann seine Kleider auspackten und die Frau das Bild auf seinen nachttisch legte.
"Wirklich reizend. Ist die Frau auch noch dabei?"
"Ich bin geschieden."
"Ach!"
Frau Leni verzog etwas das Gesicht.
"Das ist aber gar nicht gut. Das arme Kind...jetzt sagen Sie nur nicht, dass Sie der Frau fremd gegangen sind. Sowas mag ich nähmlich gar nicht leiden!"
Cheung sah kurz zu Frau Leni, während er seine restlichen Sachen dann wieder auspackte und sich etwas über die nase rieb.
Er antwortete ihr nicht und Frau Leni trat schliesslich zu der Tür.
"Also ich mache Ihnen trotzdem ein ordentliches Frühstück, Herr Cheung. Sie sind schliesslich so mager, und mein lieber Raymond war das eine zeitlang auch immer. Aber ich hab ihm dann immer wieder gesagt ein gesunder Verstand und Körper ist mehr wert als alles andere."
Daraufhin trat sie hinaus und schloss die Tür.
Cheung wartete noch einen Moment und er nahm schliesslich seine Pistolen hervor.
Etwas kopfschüttelnd legte er sie dann in die Schubladen und deckte einige Kissen und Heften darüber.

Trixie war gerade auf dem Weg zu Cheungs Zimmer, als sie Constantins SMS bekam.
Sie sah auf diese und tippte schnell eine Nachricht zurück.
Schliesslich öffnete sie die Türe zu Cheungs Zimmer.
"Hey", sagte sie.
Cheung sass angespannt auf einem Stuhl und strich sich müde über das Gesicht.
"Was, hast du gar nicht geschlafen?"
"Mh...ich habe nachgedacht."
Trixie lief zu den Fenstern und öffnete diese.
Cheung zündete sich eine Zigarette an und sie trat hinter ihn.
"Heute ist Sams Feier", sagte Trixie, während sie ihre Hände an seine Schultern legte und ihn zu massieren begann.
Cheung nahm einen Zug seiner Zigarette und er antwortete ihr nicht.
"Und auch Valentienstag. Wollen wir uns versöhnen?"
Cheung gab nicht sofort antwort, doch schliesslich nickte er und seufzte leicht wegen der Massage, die gut tat.
"Wir hätten ja jeden Grund dazu", murmelte er und Trixie nahm ihm die Zigarette aus dem Mund.
"Du bist viel zu verspannt, Cheung. Lass uns gehn."
Trixie lief zur Türe und warf Cheung seinen Blazer entgegen.
Dieser schwang ihn sich übers Hemd und die beiden gingen dann.

Bei Frau Leni angekommen, konnten sich die beiden erstmals an den Küchentisch setzen, während Trixie der alten Dame die Lage erzählte.
Die Frau willigte schliesslich ein und Trixie wandte sich nochmals an Eden.
"Wenn etwas ist, wir sind ja gleich nebenan. Und bei Schwierigkeiten sind Sie auch nicht alleine, Inspektor Cheung wohnt ebenfalls hier, unser Austausch aus Hong Kong."

Eden setzte sich an den Küchentisch und ließ den Blick etwas durch die Wohnung schweifen.
Huff. Was für ein Tag und nun das. Eigentlich war es ihr unangenehm, dass sie sich setzen 'musste'.
Eben weil sie es ja selbst nicht gerne hätte, wenn jemand so durchgenässtes auf ihrem Stuhl sitzen würde.
"Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten", sagte Eden sogleich noch und bestand darauf, das zu sagen.
Wyatt schlief immer noch in ihren Armen, als sich Trixie noch einmal zu ihr umdrehte.
Oh?
Ein Inspektor wohnte auch hier?
Nun, dann konnte sie es ja wohl kaum sicherer haben, wenngleich dieser ja wohl ohnehin die meiste Zeit arbeiten war.
"Vielen Dank nochmal, Sie waren uns und sind uns eine große Hilfe."
Eden lächelte etwas. Das musste sie tatsächlich erst einmal wiederfinden.

Trixie nickte.
"Kein Problem. Auf wiedersehn."
Daraufhin ging Trixie und die Frau Leni trat vor Eden.
"Ach du meine Güte, Kindchen. Sie müssen ja ganz viel durchgemacht haben! Die Frau Wyler hat mich bereits informiert, ich helfe gerne! Was für ein süsser Junge. Ich hoffe, dass er viel isst. Mein Raymond hat auch immer viel gegessen, nur so werden kleine Junger zu erwachsenen und starken Männern", sagte sie.
"Kommen Sie, ich bringe Sie auf Ihr Zimmer, Liebes. Haben Sie Gepäck bei sich?"

Eden blickte Trixie einen Moment nach und drehte sich schließlich zu Frau Leni um.
"Oh...jah, er wird wohl großen Hunger haben. In letzter Zeit gab es nicht unbedingt viel", sprach sie und streichelte Wyatt erneut über den Kopf. Wegen dem Gepäck, schüttelte sie den Kopf. Nein, ganz und gar nicht.
Aber was sie jetzt am meisten brauchte...eine Dusche.
Schönes warmes Wasser und ein Bett oder wenigstens eine Couch oder so etwas.
Sie war sehr geschafft von der Reise durch England.
"Gerne, bitte zeigen Sie es mir. Und...wir fallen hier wirklich nicht zur Last? Wyatt ist noch so klein, nicht, dass er sie oder den Inspektor nachts stört. Ich bin übrigens Eden."

"Tja, wenn er den Inspektor stört, dann müssen Sie wohl mit ihm selber sprechen darüber", sagte Frau Leni und sie reichte ihr ihre Hand.
"Oh, sehr aufmerksam, Kindchen. Eden? Ha, wie der Garten Eden! Ich bin Molly. Also komm, es geht hoch in den oberen Stock."
Frau Leni lief dann voran die Treppe hoch nach oben.
Alles hier war aus Holz und sehr altmodisch.
Neben Cheungs Zimmer öffnete sie dann eine Türe, die nun Eden und Wyatts Zimmer sein sollte.
"Komm nur rein und überzeug dich selbst", sagte Frau Leni und sie trat hinein.
Das Zimmer war nicht sonderlich gross, doch perfekt für alle die, die Asyl suchten oder für einfache, junge Studenten.
Beim eintreten war rechts gerade ein kleines Bad mit einer Toilette und einer Alten Dusche mit Holzplättchen am Boden.
Weiter hinten war dann das grosse Doppelbett, und zwei kleine Fensterchen mit gestickten Vorhängen.
"Hier wird es dir an nichts fehlen."

Eden nickte und folgte Frau Leni bzw Molly nach oben in das obere Stockwerk.
Einen Moment blickte sie auf Cheungszimmertür und dann in das ihrige hinein.
Wirklich sehr gemütlich.
Zwar alt, sicher. Und nicht zu vergleichen mit ihrem Loft...aber, hey, was wollte sie mehr?
Hier konnte sie leben und das war doch die Hauptsache. Eden lächelte erfreut auf.
"Das ist wirklich zu nett, ich danke Ihnen. Hier werden wir es für die Zeit sehr gut haben. Wirklich."
Danach trat sie ein und begutachtete alles noch aus der Nähe, bis sie Wyatt auf dem Bett ablegte und sich wieder umdrehte.
"Wenn ich Ihnen bei etwas behilflich sein kann, ich bin gerne bereit. Und...haben Sie zufällig eine Zeitung im Hause?"

"Eine Zeitung? Ach du meine Güte, der junge Herr nebenan wünscht ständig Zeitungen!", sagte Frau Leni und sie fasste sich dabei am Kopf. xD
"Schrecklich, was da jeden Tag für schlimme Dinge passieren auf der Welt! Und er muss es ja wissen, ist schliesslich Polizist gewesen. Aber mal ganz unter uns...geben Sie sich nicht mit ihm ab, Liebes. Geschieden ist er."

Eden blinzelte etwas und ihre Mundwinkel zuckten nach oben, während sie über sie hinweg sah, wieder zu Cheungs Türe.
Geschieden? War das denn so schlimm für sie? Nun, dann durfte sie tatsächlich nichts über ihre Vergangenheit erfahren.
Eine Prostituierte in ihrem Haus....wirklich, ob sie das dann verkraften würde? xD
Eden senkte etwas den Blick und ging beschwichtigend auf sie zu.
"Bitte, Ma'am. Ich muss mir schnellstmöglich einen Job suchen, darum geht es mir. Nur darum."

"Oh, ja, aber natürlich, Kind", sagte Frau Levi.
"Ich werd mal sehen, was ich tun kann. Aber jetzt ruh dich erstmals aus. Du musst müde sein. Isst du gerne etwas zum Frühstück? Ich mache dem Inspektor immer etwas, aber er lässt immer die Hälfte stehn, schrecklich! Gerade ein Mann mit so einem harten Beruf...und dünn ist er, wie eine Bohnenstange. Also meinem Raymond hätte ich das niemals erlaubt. Du denkst doch hoffentlich nicht auch nur an deine Figur, oder? Eine junge Frau in deinem Alter sollte nicht die Energie verschwenden mit solchen Gedanken."

Eden nickte. Und wie sie das war. Noch bevor sie sich ins Bett legen würde, würde sie sicher schon schlafen.
Aber erst musste noch der Kleine versorgt werden.
"Ich danke Ihnen für alles, Molly. Und zum Frühstück...gerne, was Sie für richtig halten, ja?"
Damit ging sie dann zu ihrem Sohn, der etwas vor sich hingluckste, und sie begann ihn auszuziehen.
Später trat sie auch noch ins Bad, um Tücher zu holen.
Gut, dass er keine Windeln mehr brauchte.
Aber eine kleine Katzenwäsche musste es heute allemal tun.

Molly daraufhin schloss die Türe zu und liess Eden mit ihrem Sohn alleine.
Am nächsten Morgen würde sie die beiden erstmals nicht wecken.
Sie sollten ruhig auch spät Frühstücken sollen.
Schliesslich mussten sie erschöpft sein.

Eden machte Wyatt fertig, ging später ins Bad und stellte sich unter die enge Dusche.
Wie gut das doch tat. Wunderbar.
Sie entspannte sich dabei und später hüpfte sie nur in Unterwäsche bekleidet oben ins Bett.
Wyatt schlief und sie fiel auch direkt in ihre Träume.

"Tja, den Kater können Sie sich selbst zuschreiben, Herr Cheung", sagte Frau Levi am nächsten Morgen früh, als sie Cheung den Kaffee reichte.
Cheung fasste sich am Kopf, er hatte kopfschmerzen und war nicht bester Laune.
Besonders nicht, wo die Alte so nervte.
"Zum letzten Mal, ich habe keine Katze!", nervte sich der Inspektor und er griff seine morgentliche Zeitung.
Frau Levi setzte sich ihm entgegen.
"Und dann das ganze Treppenhaus mit Konvetti verstreuen. Wo waren Sie? Oh, ich hoffe doch schwer, dass Sie sich nicht mit irgendwelchen unschuldigen Mädchen abgegeben haben! Ein Mann in ihrem Alter sollte...bla bla..."
Cheung stellte spätestens hier ab und verstand nichts mehr was sie sagte, da er wieder chinesisch dachte und auf alte Sprache umschaltete.
Die konnte ihn mal!
Und dieser Sträfling von gestern ebenfalls!
Jetzt hatte er endlich einmal eine hübsche Frau gesichtet gehabt und schon war dieser Yoshio gekommen.
Mühsam, wirklich mühsam.
Cheung trank einige Schlücke Kaffee und er checkte die Uhrzeit, während Frau Levi weiter quaselte und mit ihren Armen wild herum fuchtelte.
"Und Ihr Essen haben sie auch noch nicht angerührt, bla bla!"