RE: Leuchtturm - 12

Miranda blickte nun zu Kieran und lächelte ihn warm an.
"Na komm." sagte sie leise und strich ihm über die Wange.
Ihre Augen lagen warm auf Kieran und sie wusste nicht ob er schon apparieren konnte,
aber sie wollte nicht wirklich fragen.

Kieran machte keinen Wank, denn er war sehr demotiviert dem ganzen gegenüber.
Jedoch wehrte er sich auch nicht und würde mit sich apparieren lassen.

Miranda apparierte dann mit Kieran zu Ians Haus.

Ian stand neben dem Leuchtturm und er blickte hinaus in die See.
Es war kalt und relativ dunkel, abgesehn von dem Licht das in das Meer schien und die Sterne am Himmel.
Es waren trübe Weihnachten für die Baileys, wie sie immer waren.
Aber dieses Jahr schienen sie es noch mehr zu sein.
Kein Schülerball, keine vorbeigehenden Torvus' in Little Hangleton.
"Dad?"
Kieran öffnete die Türe, er war soeben in Anthonys Wohnung gewesen, denn er hatte den Schlüssel bekommen.
In seiner Hand hielt er das Tagebuch seines Cousins und einige Fotos und Briefe.
Er trat neben Ian und blickte dann mit ihm in die See.
"Da war ein Mann aus Otopia", sagte Kieran und er sah zu seinem Vater.
"Er wollte mich einen Endkampf haben.
Soll ich dahin gehn?"
Ian erwiderte Kierans Blick und er legte dann seine Hand um den Jungen.
"Nein, du könntest umkommen, Kieran.
Das würde ich mir niemals verzeihen."

Eine leuchtende Fackel kam ihnen aus der Ferne entgegen und eine lange Zeit schwiegen sie beide: Vater und Sohn.
"So ihr beiden", sagte Endeavour, als er endlich bei ihnen angekommen war.
"Kommt rein, das Essen ist angerichtet.
Habt ihr alles, was ihr finden wolltet?"
Kieran deutete auf Anthonys Tagebuch und Endeavour blickte kurz auf den Ledereinband.
"Ah, ein Tagebuch, gut."

Adrian Marks und Marcellus kamen beim Leutturm an.
Er ragte majestätisch in die Höhe und wirkte für Marcellus etwas komisch wegen den Farben.
Soso, Leuchtturm nannte man dieses Objekt.
Weil es in der Nacht für Schiffe den Weg leuchtete - logisch also.
Und jetzt leuchtete er also nicht, weil es noch Tag war.
Warum haben Sie keinen Zauberstab, Sir? Sind Sie kein Zauberer?
"Nein, ich bin Otopianer", antwortete Marcellus ihm, während er sich einen Eindruck von der Gegend machte.
Der Leuchtturm war auf der Spitze eines Hügels, welcher hinunter in ein kleines Dorf ragte.
Ein paar Häuschen standen dort, darunter dasjenige der Slopes.
Neben dem Dorf war - praktisch - der Hafen, woran einige Segelschiffe ans Ufer gedockt waren.
Marcellus blickte in die andere Richtung, wo die ebene Flach war und nicht ins Tal runter ging.
Dort war ein kleiner Friedhof zu sehn, andem Kierans halbe Familie bereits begraben lag.
Friedliche Gegend hier, so schien es dem Otopianer.

"Jaja, ich weiß, aber sind Sie kein Zauberer?"
Für Adrian ergab Marcellus' Antwort keinen Sinn, weil doch die Herkunft nichts mit der Magie zutun hatte.
Er hielt inne und sah den Turm an. Adrian hatte so einen aus der Nähe noch nicht gesehen und fragte sich, wie die Leute das Licht reparierten, wenn es kaputt ging - so hoch, wie es in den Turm hing.

Marcellus blickte zu Adrian.
"Nein, ich bin Vampir", sagte er dann offen und abwartend.

Für einen kurzen, verheißungsvollen Moment senkte sich Stille über sie und Adrian starrte Marcellus bloß verdattert an.
Dann rief er:
"Ein Vampir? Ein echter? So mit Blut und dem allem?"
Wie bei einem aufgeregten Kind, das zum ersten Mal Achterbahn fahren würde, leuchteten Adrians Augen auf.
"Und mit spitzen Zähnen? Zeigen Sie sie mir, Sir? Bitte?"

[LOL]

Marcellus hob die Augenbrauen.
Ganz lässig und cool zeigte er Adrian dann sein bestes Grinsen, damit man seine Zähne gut sah und sie richtig zur Geltung kamen.
"Zufrieden?", fragte er dann und lachte leicht.
"Sag jetzt nicht, dass du auch einer werden möchtest, du scheinst es ganz gut aufzunehmen, Soldat."

Adrian lachte und starrte Marcellus hocherfreut an. Ja, es ging ihm so gut, dass er sogar die Ironie in dessen Worten auf Anhieb verstanden hatte.
"Und dann können Sie bestimmt ganz gut kämpfen und schnell rennen und ... und, ouh ja, Sie verwandeln sich in eine Fledermaus! Können Sie das, Sir? Eine Fledermaus?"

Marcellus schmunzelte weiter.
Schnell rennen, ach das waren doch Ammenmärchen von früher.
Seiner Meinung nach konnte nur ein Mann schnell rennen, der das auch trainiert hatte.
Ebenso, wie man erstmals lernen musste sich in eine Fledermaus zu verwandeln durch harte Arbeit.
"Ja, ich kann mich verwandeln, junger Mann", antwortete Adrian.
"Aber keine Demonstrationen jetzt.
Wir müssen jetzt ernst bei der Sache bleiben und in dieses Dorf hinunter."

Adrian flehte noch einige Male drum, aber Marcellus ging unbeirrt weiter und so tat es Adrian ihm schmollend nach.
Den ganzen Weg hinunter ins Dorf sprach er nicht, aber sah immer wieder voller Hochachtung zu Marcellus, der mit der Haltung eines echten Kriegers weiterging, ganz gleich wie viele Wegstunden- und Tage er schon hinter sich hatte.
Und so kamen sie im Dorf an, wo ...

Ach, müssen wir das?
Kieran lag im Bett und blickte hinauf auf die Decke, die Arme hinter dem Kopf verschränkt.
Er hatte einen langen Tag hinter sich.
Heute vor dem Abendanbruch hatte er eine seltsame Begegnung gemacht.
Ein Mann, der ihm etwas vorgeschlagen hatte.
Was meinst du, ich soll mich als Otopianer ausgeben?
Ich soll einer werden?
Und wenn ich das nicht will?
In Kierans Kopf hallten die Stimmen wieder.
Er hörte sich sprechen und an der Decke erschien das Gesicht des Afrikaners wieder, mit dem er gesprochen hatte.
Kieran konnte sich die Szene nicht aus dem Kopf bekommen.
Als reicher Adeliger, das würde mir niemanden abkaufen.
Ich hab aber kein Geld.
Kieran blinzelte ein paar Mal und das Bild verschwand.
Dann tauchte die Silhouette wieder auf und erneut kam dieses Angebot.
Dieses unfassbare, unwirkliche und einfach seltsame Angebot.
Und warum soll ich das tun?
Ihr wollt mir was geben?
Und dann spioniere ich einfach...
Welcher Mensch würde schon auf so etwas reinfallen?
Und was dachte der, dachten die - wer auch immer dahinter steckte - wie dumm er sei?
Wollten die ihn vielleicht verkaufen?
Ware es eine Sklavenorganisation, hatte sein Vater das womöglich angeheuert?
Kieran wusste es nicht.
Er seufzte leicht.
Doch etwas gab es, dass ihn an seinen Zweifeln zweifeln liess...
Sie hatten von Charles gesprochen. Einem reichen adeligen Onkel.
Wen zum Teufel meinten sie damit?
Und ob er wirklich dazu geschaffen wäre?
Einen reichen Mann vorzuspielen und den Rest seines Lebens in prunktvoller Gesellschaft an der Seite von Kaufmännern und Philosophen zu verbringen...
Ob das nicht etwas Besseres war?
Im Moment, so empfand er es nämlich, schien wirklich alles besser zu sein.