RE: Elis zu Haus - 112

"Ich wüsste keinen Grund, Ihnen zu helfen", sagte nun Roxana und Verachtung klang aus ihrer Stimme.

Der Mann seufzte wie ein Kind und setzte sich auf das Sofa, den Blick von dem Mädchen abgewandt.
Sein Blick verlor sich in der Ferne, und einige Sekunden währte die Stille, ehe die Stimme Arcadis' sie wieder durchdrang.
"Wissen Sie, Roxana, was das Leben ist?"
Er wandte seinen Kopf nicht zu ihr, sondern ergründete nur seine eigenen Gedanken laut, philosophierte.
"Er hat gewonnen, meine Liebe, und ich habe das anerkannt, doch darauf wollte Iustus es nicht beruhen lassen.
Wenn ich es mir überlege ..."
Arcadis hielt inne und eine Träne, kaum sichtbar, lief an seiner rechten Wange hinunter. Auf einmal fühlte er sich wieder jung, weil er verstand, was Infecto dachte. Wie lange hatte er es sich gewünscht, zu verstehen! Nur einmal wieder jung fühlen ... nur einmal.
"Wenn ich es mir überlege, hätte ich dasselbe getan.
Zeit verändert Menschen, härtet sie ab, und sie nutzt sie auch ab. Und wenn so viel Zeit vergeht, wie bei uns, macht sie unfähig, zu empfinden, zu fühlen oder zu verstehen, wie schwerwiegend die Dinge sind, die man tut. Wir spielten mit diesen Menschen, fünf mal trieben wir sie in den Tod. Und niemals bekamen wir die Quittung."
Arcadis seufzte wieder. Er bürgte für die Schuld, für das Spiel, das sein Bruder sich ausgedacht und durchgesetzt hatte. Das musste er tun. Er hatte zugeschaut.
"Man vergisst, wie zart die Jugend ist, und wie sanft man mit anderen Menschen umgehen sollte, denn man schätzt diese Menschen nicht mehr. Nicht nach langen Jahrhunderten, in denen man ihnen immer voraus war. So viel Wissen hatten wir erlangt, mein Bruder und ich, so viel Weisheit, doch es stellt sich heraus, dass wir dümmer sind als jedes Küken, das von seiner Mutter geboren wird, jede Ameise, die jeden Tag ihre Arbeit im Zusammenklang mit den anderen erledigt und jedes kleine Kind, das mit leuchtenden Augen Fragen über die Welt stellt."
Abermals hielt Arcadis inne und er betrachtete Roxana voller Ehrfurcht, fast liebevoll.
"Wir sind keine schlechten Menschen ... wir sind bloß dumm", sprach er. "Wir haben verlernt, zu lieben, jeden, außer uns selbst. Lassen Sie den Jungen nicht dasselbe Schicksal ereilen, Roxana. Helfen Sie ihm."
Ein letztes mal schloss Arcadis, sah von ihr weg aus dem Fenster, nach draußen, irgendwohin. Endlich spürte er sie - nach so vielen Jahrhunderten - die wahre Erleuchtung, die wahre Weisheit. Einmal noch fühlte er sich jung. Ein einziges mal.
Ein Lächeln rutschte auf Arcadis Gesicht und Tränen bahnten sich ihren Weg darüber.
Ein einziges mal.

[meisterpost!!]

Roxana hörte dem Mann zu.
Seine Worte berührten sie tief.
Was er da sprach war...
Es war unglaublich.
Es war ein Geständnis.
Eine Einsicht.
Es war wundervoll und sehr ergreifend.
Und nun verstand sie die Botschaft.
Sie verstand, wie es um Infecto stand.
In welcher Gefahr er war.
"Aber wo kann ich ihn finden?", fragte Roxana daraufhin verzweifelt.

[ich danke dir]

Arcadis antwortete lange Zeit nicht. Er fühlte sich glücklich, für wenige Augenblicke, und er wollte sie nicht loslassen. Doch alles war vergänglich und so ließen die Gedanken von ihm ab, verschwanden in den großen Weiten seines Bewusstsseins und Arcadis öffnete seine Augen im Hier und Jetzt, im Wohnzimmer von Eli, mit Roxanas Frage, die er nun aufnahm.
"An dem Ort, wo alles begann, soll es enden."
Die Fröhlichkeit war aus seiner Stimme gewichen, doch sie klang auch nicht traurig - sie klang leer. Als hätte Arcadis keinen Grund mehr, zu denken und zu reden. Weil er nun alles wusste, alles, was er brauchte. Er verstand.
"Wir gehen in unser Schloss und wir werden ihn rufen. Er wird kommen und mich umbringen, Roxana. Umbringen, wenn Sie ihn nicht davon abhalten. Sie werden wissen, wie das geht."
Er warf die Behauptung in den Raum und sah Roxana in die Augen. Dann erklärte er schlicht:
"Weil Sie noch lieben können."
In völliger Stille trat er hinaus aus Elis Haus und blieb dort stehen, wo ihn der eisige Wind einhüllte. Er würde auf Roxana warten, bis sie bereit war, herauszukommen und mit ihm zu apparieren.

Roxana blieb verdattert stehn.
Sie fasste sich am Hals und schüttelte leicht den Kopf.
Aber wie konnte sie es anstellen?
Sie konnte sich jetzt schon vorstellen, wie das ablief.
Arcadis würde Infecto rufen, dieser würde sich auf den Zauberer stürzen und innerhalb von vielleicht einer Minute würde sie Infecto umstimmen müssen.
Keine Zeit.
Oh, so keine Zeit!
Wie sollte sie das nur bewältigen?
Etwas zögernd kam Roxana heraus zu Arcadis.
Sie wollte helfen, ja.
Aber sie fühlte sich mies.
Sie hatte keine Ahnung, wie sie das schaffen sollte.

Arcadis hielt dem Mädchen seinen Arm hin und machte sich bereit zu disapparieren, zumindest etwas Ähnliches. Durch normales Apparieren kam man natürlich nicht in das Schloss.
Arcadis hoffte, dass alles in dieser Nacht enden würde. Janus schlief tief und fest ganz woanders, er würde durchkommen. Und er selbst, Arcadis, er fühlte sich bereit. Bereit, zu gehen. Er war erleuchtet, hatte die Jugend noch einmal gespürt und es ging ihm gut.
Was für eine Nacht. Es war Mitternacht gewesen, als er sich auf den Weg gemacht hatte, und nun war es fast drei Uhr morgens, bemerkte Arcadis. Aber Zeit, sie war unbedeutend. Mittel zum Zweck. Etwas, das den Tod auf Abstand hielt und ihn gleichzeitig brachte.
Kaum eines Gedanken wert.
Arcadis spürte, wie Roxana zugriff, und zog sich und die Frau in das Märchenschloss, wo das Schicksal wartete.

dort weiter, morgen

Amélie hatte ein wenig suchen müssen, doch sie hatte dann Elis Haus endlich gefunden.
Die junge Frau strich ihre Kleidung glatt und fuhr sich kurz durch die Haare.
Ihre Hände zitterten etwas vor aufregung, aber auch vor Angst. Angst etwas falsch zu machen.
Kurz schloss sie die Augen und atmtete tief durch. Dann klingelte sie und wartete
geduldig ab.

Artemis öffnete die Tür.
Sie blickte hoch zu Amélie und kreischte.
Schnell schlug sie die Tür wieder zu und drinnen konnte man schnelles Gerenne und vielerlei Stimmen hören.

Amélie schaute zu Artemis und zuckte zusammen, als sie anfing zu kreischen.
Dann war die Tür wieder zu und Amélie fasste sich an ihr Herz.
Was war das denn für eine Familie?

Amélie schaute zu Eli und schien sichtlich verunsichert.
Doch sie wollte nicht zu schnell etwas schlechtes denken.
Gut Artemis war auf einem Auge, wie es schien Blind und spuckte Blut beim kreischen...
Muggel waren das bestimmt nicht.
Lächelnd trat sie an Eli vorbei in das Haus.
"Isch hoffe isch bin nischt zu spät"

Amélie schaute sich um und schaute dann zu Eli.
Als er sagte, dass sie Vampire waren, entglitten ihr kurz die Gesichtszüge.
"Ah okay.." sagte sie und wirkte noch verunsicherter.

"Amélie, Monsieur" antwortete Amélie freundlich und schaute zu Cathy und Artemis.
Na so schaute das ganze doch schon ein wenig harmonischer aus.
Dass es Vampire gab wusste sie. Es gab ja schließlich auch Werwölfe und Zentrauren,
aber sie hätte es sich niemals Träumen lassen einem Vampir zu begegnen.