RE: Wohnung von Neilson - 16

Ruby lächelte sanft.
Sie wusste zwar nicht, womit sie das verdient hatte, aber es tat ihr gut, dass Neilson so freundlich zu ihr war.
"Das ist sehr lieb, vielen Dank", antwortete sie darauf. Zwar war sie sich nicht sicher, ob sie genug gute Laune dafür aufbringen konnte, aber sie würde es versuchen. Sie war kein Mensch, der sich in einem Loch verkroch, nur, weil für einen Moment alles aus den Rudern lief.
Ruby wollte nicht im Selbstmitleid versinken und sie war froh, wenn Neilson ihr so dabei hielf.
"Wo wird es denn hingehen? Und...ich weiß gar nichts zum Anziehen."
Sie blickte kläglich drein, denn ihren Pyjama wollte sie eigentlich vorher loswerden.

"nein, das verrate ich noch nicht", sagte er leicht zwinkernd.
"Und ich werde dafür sorgen, dass Sie ein Kleid bekommen. Welche Grösse haben Sie und welche Farbe würde Ihnen gefallen?"

"Die Größe S sollte passen. Wenn es etwas größer ausfällt, ist es ja nicht so schlimm."
Sie lächelte erneut und konnte es fast nicht fassen. Das lenkte sie wirklich ab.
"Gut, dann bin ich gespannt, wohin es gehen wird."

neilson nickte.
"Gut, die grösse wird ja nicht schwer sein, zu bekommen."
Er reichte ihr nun eine Büchse mit Tabletten darin.
"Zur beruhigung. Schlucken Sie zwei pro Tags, mit der Zeit nur noch eine."

Ruby nahm die Tabletten und blickte einen Moment misstrauisch darauf.
Und dennoch...Neilson wollte ihr sicher nur helfen. Sie brauchte sich keine Sorgen machen.
Daher nickte sie und betrachtete die Büchse Tabletten in ihrer Hand aufmerksam.
"Ich hoffe, es sind keine Drogen", kam ihr der kleine Scherz über die Lippen.
"Danke."

neilson stand dann auf.
"Wer weiss, vielleicht spühren Sie so etwas in der Art. Es ist bereits 3 Uhr morgens, versuchen Sie noch etwas zu schlafen."
Daraufhin drückte er an die eine Wand und das Hologramm veränderte sich von Wellen in eine Sternenpracht.
"Morgen Abend also?"

Als Neilson aufstand, ließ Ruby sich wieder in die Kissen fallen.
Dass das Hologramm plötzlich eine so schöne Sternenpracht zeigte, gefiel ihr sehr.
"Ich hab lange nicht mehr unter Sternen geschlafen", flüsterte sie, war sich aber nicht sicher, ob er es hörte.
"Jah, morgen Abend dann. Schöne Träume, Neilson. Und danke nochmal."
Sie blickte aufrichtig zu ihm, bis ihr langsam aber sicher auch schon die Augen zu fielen.

"Auch Ihnen, Ruby. Auch Ihnen."
neilson löschte darauf das Licht ab und er verschwand.

Einige Stunden waren vergangen und Ruby war traumlos geblieben.
Doch dann...änderte sich alles.
Aus dem schwarz, das ihre Augen sahen, entstand das Wäldchen und ein grinsender Wilson tauchte vor ihr auf.
Blut klebte an seinem hocherhobenen Dolch, das er ableckte und weiter auf sie zuging.
Ruby schrie und rannte, aber sie kam nicht von der Stelle.
Wie wild schlug das Mädchen um sich, doch nicht nur im Traume.
Es kam ihr vor, wie Jahre, als sie endlich erwachte und ein weiterer Keuchlaut ihre Lippen verließ.
Das Bett, in dem sie lag, war schweißnass und sie fühlte sich ganz fürchterlich ehlend in diesem Moment.
Ruby wischte sich die nassen Haare aus der Stirn und stand auf, um an das Fenster zu treten.
Die Sonne ging gerade am Horizont auf, es musste also etwa nach 8 sein.
Mit den Nerven völlig am Ende, lief sie zu der Büchse mit den Tabletten, die ihr aus der Hand gefallen war, hob diese auf und machte sich daran, das Zimmer zu verlassen. Sie wollte nicht durch Neilsons Wohnung schnüffeln, aber sie brauchte dringend Wasser.
Kaum war sie aus dem Zimmer, bemerkte sie die Tür, die kaum weiterweg einen Spalt offen stand.
Ja, das musste ein Bad sein. Zumindest war das ihre Vermutung, den Fliesen nach zu urteiln.
Ruby lief zu der Tür, stieß sie etwas weiter auf und schlüpfte Barfuß hinein.
Das Mädchen betrachtete das große, weiße Bad aufmerksam, während sie nach einem Waschbecken suchte und zu diesem ging.
Beklommen hielt sie sich daran zu beiden Seiten fest und betrachtete ihr Gesicht. Sie sah wirklich schlecht aus...
Ruby schraubte die Büchse vorsichtig auf und legte sich zwei Tabletten in den Mund, woraufhin sie sich über das Becken beugte, dann Wasserhahn aufdrehte und von dem Wasser trank.
Schließlich richtete sie sich wieder etwas auf und befeuchtete noch ihr Gesicht mit dem kühlen Nass.
Lange stand sie da und betrachtete sich nachdenklich, bis die Wirkung der Tabletten einsetzte und sie schläfrig auf den Fliesen zusammensackte. Dabei tat sie sich nicht weh...sie fiel nur wieder in einen Schlaf.

Es klopfte am nächsten Abend und neilson kam herein.
Er trug einen weissen Anzug und rote Kravatte.
In seiner Hand hielt er ein grünes Kleid und er warf es ihr entgegen.
"Grösse S, wie gewünscht."

Ruby saß auf dem Bett, mit dem Rücken zur Tür gewandt und mit dem Gesicht zum Fenster.
Sie schlenkerte leicht die Beine, wie man es sonst villeicht eher tat, wenn man auf einem Steg saß und die Füße ins Wasser hielt.
Jedoch tat sie dies eher unbewusst.
Der ganze Tag war nichtig an ihr vorübergezogen. Eben weil sie keine Beschäftigung, noch einen Gesprächspartner hatte.
Und schlafen wollte sie nicht schon wieder. Sie blieb nun lieber wach...das war wohl auch das Beste.
Als Neilson hereinkam und ihr das Kleid zuwarf, landete dies auf ihrer rechten Schulter, wobei sie sofort fragend darauf schielte.
"Oh", kam es von ihr und sie erhob sich, das Kleid richtig in die Hand nehmend, um es zu betrachten.
Mit einem Lächeln auf den Lippen, fühlte sie den schönen Stoff zwischen ihren Fingern und begutachtete die freundliche Farbe.
"Das ist wirklich ein unglaubliches Kleid, Neilson. Haben Sie vielen Dank."
Ihn aufrichtig ansehend, war sie froh, dass es endlich etwas zutun gab und sie schlüpfte schnell an ihm vorbei, in das Bad, in dem sie schon am Morgen gewesen war und zog sich eilig um.
Kaum einige Momente später kam sie zurück. Und ihr Blick verriet, dass sie nicht genau wusste, ob ihr sowas stand.
Denn eigentlich trug sie ja ganz andere Sachen.

neilson musterte Ruby darin und er nickte zufrieden.
"Ein schwarzes habe ich Ihnen bewusst nicht besorgt, aus psychologischen Gründen", sagte er und er fand, dass es ihr stand.
"Wir gehen an eine Spendenveranstaltung nordwestkonflikt Afghanistan. Dr. Ulrich Brown wird ein Gastreferat halten. Seit einer halben Stunde hat er bereits angefangen."
neilson blickte kurz zum Checking auf seine Uhr, und sah dann wieder zu Ruby.
"Wenn wir jetzt losgehn, werden wir gerade rechtzeitig dort sein um ihm knapp verpasst zu haben. Wollen wir?"

Ruby nickte dankbar. Ja, sie war froh, dass er ihr kein schwarzes mitgebracht hatte.
Spendenveranstaltung?
Ruby machte große Augen und blickte ihn einen Moment sprachlos an.
Aber sie hatte doch gar kein Geld oder ähnliches bei sich.
Deshalb wurde ihr unwohl zumute.
Hatte Neilson sich das auch genau überlegt? Wollte er wirklich mit ihr zu so etwas gehen?
War er sich überhaupt bewusst, dass sie sich mit sowas nicht im geringsten auskannte?
Ruby schluckte und trat einen Schritt näher an ihn heran.
"Und Sie sind sich sicher, dass Sie die richtige Wahl ihrer Begleitung getroffen haben?"
Das war nicht böse gemeint und sollte auch nicht sagen, dass sie nicht gespannt war oder sich freute, aber sie wollte ihn nicht blamieren.
Nach allem, was er für sie getan hatte.
"W-wenn die Antwort ja ist, können..wir gerne gehen."
Das Mädchen lächelte kläglich.

neilson winkte ab.
"Ach wo, das sind Geschäftsleute, hier geht es nur um Fakten und damit, dass man sich regelmässig blicken lässt. Die Spende ist nicht von zentraler Bedeutung", sagte er.
"Kommen Sie einfach als meine Begleiterin und geniessen Sie das gute Essen, den Champagner und den Tanz."
Daraufhin bot er ihr seinen Arm an.

Ruby atmete tief durch und sie nickte abermals.
Hoffentlich ging das mal gut. Sie scheute sich noch einen Moment davor, doch dann sagte sie sich, dass sie es einfach auf sich zukommen lassen sollte. So, wie sie es doch sonst auch immer tat.
Dieser Zwischenfall konnte doch keinen anderen Menschen aus ihr gemacht haben.
Sie war schließlich immer doch die party-lustige, kleine, verrückte Ruby Keegan.
Und das würde sie auch immer sein. Ganz gleich, was kam.
Daraufhin wurde ihr Blick fester und entschlossener.
"Sie haben Recht. Ich sollte es genießen", nahm sie seinen Arm gerne an und wirkte jetzt lockerer.