Little Hangleton » Haus der Familie Torvus

Severa deckte den Tisch.
Es war Zeit zum Abendessen.
Im Haus war es still, jeder schien beschäftigt zu sein und zu arbeiten.
Severa strich dem Tischtuch entlang und legte die Teller auf den Tisch.
Das Besteck setzte sie in exakte Position und sie achtete sich gut, das alles schön parallel war und den richtigen Abstand vom Tischrand hatte.
Die Uhr schlug 20.00 Uhr.
Severa zog ihre Schürzte aus und sie nahm den Gratin aus dem Oven.

Die Tür ging auf und Sirena kam herein.
Sie wusch sich kurz die Hände und trat dann an ihren Platz.
"Schon wieder Gratin", bemerkte Sirena und sie verzog angewidert das Gesicht.
"Du musst dich gar nicht wundern wenn ich heute nichts nehme. Ich habe keine Lust mich von dir Mesten zu lassen. Am Ende werde ich noch so wie du, oder Leviathan und dann platze ich."

Die Tür ging erneut auf und Fineas kam herein.
Sirena stan auf und sie lief zu ihrem Vater.
"Oh Vater, guten Abend."
Sie gab ihm links und rechts einen Wangenkuss, während sie sich anschliessend dann wieder setzte.
Fineas wusch sich die Hände und er setzte sich seiner Tochter gegenüber.
"Mutter hat schon wieder Gratin gemacht", reklamierte Sirena.
"Zuerst dachte ich es sei ein schlechter Scherz, aber anscheinend macht sie es mit Absicht."
Sirena und Fineas blickten nun zu Severa.
"Hast du diesen Gratin gemacht um unsere Tochter zu verärgern?", fragte er sie mit ruhiger aber drohender Stimme.

Severa setzte sich und sie legte die Serviette auf ihren Schoss.
Ihr blick war dem Teller zugewandt und sie schwieg.
Es war nicht immer so gewesen, das Sirena sich so benommen hat ihr gegenüber.
Doch in den letzten Monaten hatte sie gefallen daran gefunden, denn so konnte sie wohl Punkten bei ihrem Vater.

"Ach, ich vergass", spottete Fineas, während er sein Weinglas dann Severa reichte.
"Deine Mutter redet ja nicht mehr mit mir. Betrachten wir ihr Schweigen als Entschuldigung dir gegenüber, mein süsser Engel."

Sirena grinste und vergnügt lachte sie kurz auf.
Severa schenkte ihrem Mann etwas Wein ein, während Sirena ihrem Vater etwas Gratin schöpfte.

Leviathan kam herein und er setzte sich schweigend zwischen Vater und Schwester, der Mutter gegenüber.

"Du bist zu spät", sagte Fineas und er stellte sein Weinglas ab.
Ernst sah er zu seinem Sohn.
"Und wie du wieder aussiehst! Schrecklich!"

Sirena sah zu ihrem Bruder und sie musterte ihn hämisch grinsend.
"Schau nur Vater, er hat sich wieder die Augen geschminkt!"
"Ich sage dir zum letzten Mal, du sollst diese Albereien unterlassen!"
Fineas sah verägrert zu seinem Sohn, währen Sirena sich leicht zu Leviathan beugte.
"Hallo, grosser Bruder. Teufel!"

Severa nahm Leviathans Teller und sie schöpfte ihm etwas Gratin hinein.
Sirena unterdessen kicherte vergnügt und immer wieder beugte sie sich zu ihrem Bruder.
"Teufel! Teufel! Satan!"

"Ich habe sicher nicht einen Jungen gezeugt, damit er sich schminkt wie eine Frau und weinend durch die Zimmer geht. Ein Mann musst du sein! Sei ein Mann! Sieh dich doch an, wie du heute wieder aussiehst...was du da trägst."
Fineas schlug Leviathan an den Kopf und musste immer wieder die Augen verdrehen.
"Als ich in deinem Alter war, da habe ich weiss Gott gewusst wie man sich pflegt und sich anständig benimmt."

"Eine anständige Frisur, gebügelte Hemden und nicht diesen griesgrämigen Gesichtsausdruck. Dein Bruder, warum kannst du ihn nicht als Vorbild nehmen, mh?"
"Satan!"
"Er macht niemals solch ein deprimiertes Gesicht, niemand hier hat einen Grund dazu! Ein wahres Reinblut widerspiegelt..."
Leviathan blickte auf seine Mutter, während seine Schwester von links und sein geliebter Vater von rechts mit ihm schimpften.
Er war krank. Krank von all den Albträumen hier.
Seine Mutter sass Leviathan gegenüber und mit ruhigem Gesicht blickte sie ihn an.
Kein tröstendes Lächeln, nichts. Bloss eine eiskalte Leere wie er sie empfand - seine Mutter war leer.
Verloren hatte er sie bereits als kleines Baby. Er hatte sie nie gehabt. So krank wie er sich fühlte, musste sie auch sein. Wenn nicht kränker sogar.
Mit 16 das erste Kind und dafür verfluchte sich Leviathan selber.
Er war der Ungewollte, der Ungeliebte und Unerhoffte. Das Hindernis seiner Mutter, der Sündenbock der Schwester, der Prügelknabe des Vaters und der nebenbuhler des Bruders.
Er war ein nichts, er war alleine.
Gefangen in einem Haus, das atmete durch Hass und Gier. Gefangen in einem Körper, den er selbst so wenig kannte, da er sich selbst nicht kannte. Gefangen in Tagträumen und Sehnsüchten die niemals wahr würden.
Leviathan blinzelte. Seine Mutter war seinem Blick nicht ausgewichen. Sie hatte keine Regung getan. Genauso tot wie er sie ansah, blickte sie zurück. Sie musste in Gedanken sein, wie er es war.
noch immer schimpften seine Schwester und sein geliebter Vater. Egal ob zu früh, zu spät, rechtzeitig, müde, traurig, gleichgültig; er war immer verhasst.
Doch wie sie ihn so ansah, wie Severa ihn Tag für Tag anblickte war schlimmer als alles andere hier.
Die Gleichgültigkeit ihm gegenüber liess ihn beinahe ersticken.
nur einmal, bloss einmal wollte er geliebt werden.
So geliebt werden wie ein Sohn geliebt wurde von einer Mutter.

Fineas lief die Treppe hinunter.
Es war nacht.
Er trug einen schwarzen Umhang und hielt zwei dunkle Lederhandschuhe in seinen Händen.
"Sirena, es ist Zeit!", rief er, während er dann über das Treppengeländer fuhr und kontrollerte ob alles sauber ist.

Severa stand unten und blickte zu ihrem Mann.
Oben konnte man Severa hören.
"Ich komme gleich!", rief sie leicht aufgeregt.

Sriena eilte die Treppe hinunter und griff sich ihren Mantel.
Auch sie war ganz in schwarz gekleidet.
Fineas nickte zufrieden und griff dann seine Frau und klemmte sie fest am Kiefer.
"Schön artig bleiben!"
"Leviathan kommt nicht einmal sich verabschieden!", beschwerte sich Sirena.