RE: WG [Abby und Curtis] - 12

"Mh..."
Richard legte seinen Kopf schief.
Soso, auf der Arbeit.
"Ich bin Mr. Parkers Anwalt. Eigentlich bin ich davon ausgangen, dass Mr. Holloway zu Hause ist. Er ist schliesslich...nunja...zuständig für meinen Mandanten."
Er nahm seine Melone ab und kratzte sich kurz am Kopf.
"Ach bitte, seien Sie so freundlich und lassen sie mich einen Blick in die Wohnung werfen. Wenn es Ihnen nichts ausmachen würde, rufen Sie doch gleich ihren Nachbarn an, dass ich ihn jetzt sprechen möchte."

Anthony erkannte die Stimme.
Zumindest dachte er sich, sie schon einmal gehört zu haben.
Sein Herz machte einen wilden Angsprung und er schnellte zur Treppe, hoch dann in sein Zimmer zurück, wo man laut die Tür zuschlagen hörte.

Mouse bat Mister Presley daraufhin herein, führte ihn den Gang entlang und wies ihm im Wohnzimmer Platz zu nehmen.
Nanu, wo war denn Francis auf einmal hin? War er nicht gerade noch genau dort gewesen-?
"Oh", da erklang das Zuknallen der Tür und sie drehte sich zu Mister Presley um.
"Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Ich rufe Mister Holloway auch gleich an."

"Danke, ein kaltes Wasser bitte", sagte Presley, der seinen Koffer absetzte und sich umblickte.
Ja, es schien ein guter Ort hier zu sein für Francis.
Richard setzte sich dann auf die Couch und ging kurz seine Liste mit Erledigungen durch.
Sein Gespräch würde nicht allzu lange dauern.
Er war hier um das wichtigste zu klären.
"Wenn es Ihr Nachbar wünscht, können Sie selbstverständlich an dem Gespräch teilnehmen. Ich nehme an, dass Sie als zusätzliche Pflegerin für meinen Mandanten zuständig sind. Das ist gut."

Mouse nickte und holte dem Herrn daraufhin ein frisches kühles Wasser aus der Küche.
Kurz darauf hob sie den Telefonhörer auch schon ab und begann die Nummer von Curtis zu wählen.
Es tutete einige Momente, bis gleich darauf eine etwas gehetzt wirkende Stimme am anderen Ende der Leitung zu vernehmen war.
"Curtis?"
"Mouse, ist etwas passiert?"
"Mhmm...mh...ja, nein", sprach sie und drehte sich etwas von Richard weg.
"Jetzt ist kein guter Zeitpunkt zu arbeiten. Francis' Anwalt ist hier. Er will dich gerne sprechen. Kannst du bitte kommen?"
"Oh ähm...ja sicher...ich werde schon jemanden finden, der für kurze Zeit meine Schicht übernimmt. Ich beeil mich. Bis gleich."
"Bye", hängte die junge Musiklehrerin auf und drehte sich mit einem freundlichen Lächeln zu Presley um.
"Mister Holloway wird gleich hier sein. Sagen Sie...haben Sie selbst schon mit Francis gesprochen, oder es geschafft?"

"Mit ihm gesprochen?"
Presley nahm seine Brille ab und putzte kurz seine Gläser.
"Oh nein, bei Häftlingen in diesem Zustand wäre das blosse Zeitverschwendung. Er befindet sich in einer verwirrten Phase, in der er erstmals die neue Umgebung wahrnehmen muss. Ich rate Ihnen übrigens alle Türen und Fenster stets geschlossen zu haben, oder ihm ein Mikrochip umzubinden, falls er verschwinden sollte."

Mouse lächelte bei seinen letzten Kommentare kläglich.
Gut, dass der gute Herr nicht wusste, was am Abend zuvor alles geschehen war.
Doch von ihr würde er nichts erfahren. Wie auch niemand sonst.
Da ging plötzlich auch schon die Türe auf und Curtis kam wuselnd herein.
Schnell nahm er sich seinen Mantel ab und ging schnurstraks auf den Besucher zu, um ihn zu begrüßen.
Curtis streckte Presley die Hand entgegen und stellte sich vor.
"Holloway mein Name. Verzeihen Sie die kurzen Unannehmlichkeiten. Ich hab mich beeilt, so schnell ich konnte. Aber jetzt stehe ich Ihnen vollkommen zur Verfügung. Wo ist denn-?"
"Sicher oben. Vielleicht sollte ich nach ihm sehen?"
"Bleib noch einen Moment."

Richard begrüsste Curtis seinerseits mit einem festen Händedruck.
Der junge Holloway schien einen selbstsicheren und souveränen Eindruck zu machen, genau das, was Presley hatte sehen wollen.
"Bitte, ich werde es kurz und schmerzlos machen.
Durch den tragischen Tod von Mr. Fineas Torvus - Mr. Parkers leiblicher Vater - hat sich das Forschungszentrum von Mr. Torvus bereit erklärt, Mr. Parker eine Beileidsbeteilung und Entschädigungssumme von 10'000 Pfund zukommen zu lassen. Diese Geldsumme, Mr. Holloway, wurde Ihnen heute Morgen auf ihr Konto zugeschrieben, da Mr. Parker unzurechnungsfähig ist und sie sich um ihn kümmern. Sie werden selbstverständlich alle Unkosten, die Sie mit Mr. Parker haben werden, aus dieser Geldsumme beziehen dürfen. Es ist schliesslich zu seinem besten."
Daraufhin öffnete Richard seine Aktentasche und nahm ein kleines Couvert hervor, das er Curtis auf das Tischchen legte.
"Da drin sind der Schlüssel von Mr. Parkers ehemaliger Wohnung - er hat in einem Leuchtturm gelebt, in Schottland - und...mal überlegen...achja, wichtige Kontaktpersonen an die sie sich wenden können, die mein Mandant früher gekannt hatte. Ich möchte Sie dabei aber bitten, dass Sie Francis nicht überrumpeln! Also gehen Sie mit ihm nicht in seine Wohnung, bevor Sie nicht mindestens einmal alleine das Gebiet inspiziert haben und alfällige spitze gegenstände wie Messer oder Glasscherben entfernt haben. Ehemalige Häftlinge sind äusserst anfällig und reagieren bei kleinsten Kleinigkeiten fatal. Er könnte sich selbst, oder Sie verletzen.

Curtis hörte dem Anwalt aufmerksam zu und nahm schließlich den Couvert entgegen.
Er blinzelte ein wenig, als er von der Summe hörte, die sich nun auf seinem Konto befand und blickte dabei kurz hinüber zu Mouse, die aufmerksam den Couvert in Curtis' Händen betrachtete.
Schließlich räusperte der junge Heiler sich nach einiger Zeit und brachte einen beruhigenden Gesichtsausdruck zustande.
"Machen Sie sich keine Sorgen, Mister Presley. Ich und meine nette Nachbarin hier werden uns angemessen um ihren Mandanten kümmern. Ich bin mir sicher, dass es nicht einfach wird. Aber nicht einfach bedeutet ja nicht, dass es nicht zu schaffen ist. Wir haben beide genug Erfahrungen auf unsere Weise in unserem Leben mit anderen Menschen gemacht. Ich bin mir sicher, dass alles gut gehen wird. Es wird gut für ihn gesorgt sein."
"Und natürlich werden wir Ihrer Aufforderung folgen, was Francis' altes Zuhause betrifft. Wir möchten schließlich alle nicht, dass er sich womöglich selbst noch etwas tut. Nicht wahr, Curtis?"
"Ganz genau."

Richard gab sich damit zufrieden und er stand auf.
"Gut, dann sind wir hiermit vorläufig schon am Ende. Sie werden von mir hören, wenn es weitere Instruktionen gibt. Wie Sie sicher erfahren haben, wurde das Ministerium zerstört, überlebende von haben sich nach Stockholm zurück gezogen. Also werden wir Sie nicht allzu oft kontrollieren können. Aber was solls, ich kaufe Ihnen Ihre Rollen ab."
Er schüttelte Curtis daraufhin die Hand und Mouse einen Handkuss.
"Ach, bevor ich es noch vergesse", fiel es ihm dann beim Gehen ein.
"Sie sind verpflichtet Mr. Parker einmal in der Woche zu einem Psychiater zu schicken. Wir haben Ihnen bereits eine junge Dame, etwa in Francis Alter, vorgeschlagen. Sie werden Ihre Adresse ebenfalls im Couvert finden."

Curtis schüttelte ihm ebenfalls die Hand und Mouse lächelte sanft auf.
Welch ein Gentleman. Daraufhin trat sie ein Stück zur Seite, um den beiden Platz zu machen.
"Auf Wiedersehen, Mister Presley. Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag."
Daraufhin drehte sie sich um und machte sich auf den Weg nach oben.
Jetzt wollte sie nach Francis sehen.
Vielleicht mochte er ein Glas Milch trinken, das sie von der Küche mitgenommen hatte.
Oben angekommen, klopfte die junge Frau ganz zart gegen die Gästezimmertür.
Curtis hingegen begleitete den Anwalt zur Türe.
"Gut, darum werde ich mich auf jeden Fall kümmern. Am besten werde ich sie noch heute aufsuchen und die Termine festlegen. Vielen Dank für Ihre Unterstützung."

Richard nickte.
"Wenn Sie Schwierigkeiten haben, melden Sie sich bitte unter dieser Nummer bei mir."
Presley reichte Curtis seine Visitenkarte.
"Und achja, hängen sie Francis einen Mikrochip um, falls er verschwinden sollte. Das wird sicherlich oft geschehn. Auf wiedersehn, Mr. Holloway."
Schliesslich verschwand er.

Anthony hockte in einem Zimmer.
Er war in seiner Ecke verkrochen und zog schützend seinen Vorhang über sich.
Er gab keine Antwort.

Da er keine Antwort gab, öffnete Mouse ganz vorsichtig und leise die Türe.
"Francis?", fragte sie ruhig und trat samt des Milchglases ein.
Sie entdeckte den jungen Mann in einer Ecke und etwas bedeckte seinen Körper.
Nanu? Oh...da fiel es Mouse wieder ein. Zum Glück war es Curtis noch nicht aufgefallen.
"Ich hab hier ein Glas Milch für dich", stellte sie dieses in der Mitte des Raumes auf den Boden, bis sie zum Bett trat und sich schweigend darauf niederlies. Ihr Blick ruhte auf dem jungen Mann.

Anthony bewegte sich nicht und mit starrendem Blick sah er auf das Milchglas.
Sein Körper zitterte.
Innerlich bebte er.
Diese Welt hier war anders.
Sie war vertraut und warm.
"Francis", sagte Anthony und er streckte seine Hand nach dem Glas aus.
Doch zückte sie wieder zurück.

Mouse beobachtete das schweigend, bis sie sich ganz leise erhob, um ihn nicht zu stören.
Die junge Frau lief an eines der Regale und suchte sich ein Buch heraus.
Dieses blätterte sie durch und begann wie am Abend zuvor vorzulesen.
Jedoch mit gutem Abstand zu dem Ex-Häftling. Er sollte sich nicht erneut bedroht fühlen.
Außerdem saß sie mit dem Rücken zu ihm, um ihm zu zeigen, dass sie ihm vertraute.
Oder zumindest...ihrem gutem Gehör vertraute.
"Warum denn währt des Lebens Glück
nur einen Augenblick?
Die zarteste der Freuden
stirbt wie der Schmetterling,
der,
hangend an der Blume,
Verging, verging.

Wir ahnen, wir genießen kaum
des Lebens kurzen Traum.
Nur im unselgen Leiden
wird unser Herzeleid
in einer bangen Stunde
zur Ewigkeit."