RE: Chile - Glashaus - 2

Josh sah zu ihm und er grinste leicht.
noch kurz rauchte er die Zigarette zuende und er griff dann drinnen seinen Volleyball.
"Pass mal lieber auf, dass du dich nicht übertust", feixte er und folgte Taro, wohin immer er ihn führen würde.

Taro blieb gegen Joshs Kommentar ganz cool und verschränkte leicht die Arme, wobei er sich zu ihm drehte.
"Na, wenn du mal nicht dein blaues Wunder erlebst", meinte er schon fast etwas zu selbstsicher.
Dann ging er die Treppe hinab, nahm den Schlüssel des Hauses an sich und wartete draußen auf Josh.
Das konnte noch sehr interessant werden.

Josh trat lässig die Treppe hinab nach aussen und spielte kurz mit dem Ball herum.
"Wir sollten den Gewinner auszahlen", meinte Josh, der nach aussen zu Taro trat.
Gegen ihn anzutreten würde sehr interessant zu werden. Wer wohl besser, dieser oder er?
Jedenfalls knapp werden würde es auf jeden Fall.
"Oder der Verlierer muss etwas machen."

"Bring mich nicht auf falsche Gedanken, Josh", grinste er und zwinkerte dann.
Schließlich führte er seinen Begleiter die Steintreppe wieder hinab, jedoch am Auto vorbei und nicht zu diesem hin.
In erster Linie wollte er Josh den Ort zeigen, ja. Aber eigentlich war es ihm auch wichtig, wenn er schon mal wieder hier war, das wieder zu sehen, was er früher so geliebt hatte. Einfach, um zu sehen, wie sein Gefühl heute dem gegenüber war.
Entgegengesetzt der Straße, auf der sie gekommen war, führte ein kleiner Weg neben dem Felsvorsprung entlang, auf dem das Glashaus stand. Er war mit war nicht sonderlich verwachsen und man konnte ihn gut passieren.
Der Weg schlug einige Schlängellinien und je weiter man ging, desto tiefer führte er.
Am Ende reichte er an eine Art Steg, an dem sich so etwas wie ein 'Bootshaus' befand.
Es bestand aus einfachem Holz, dem man ansah, dass es schon einige Jahre den Witterungen standhielt.
Taros Gesicht wurde ein wenig weicher, jedoch blieb ein fragender Ausdruck auf seinen Lippen.
Ob...es noch da war?
Der junge Artist überquerte den Steg leichtfüßig und als er an der kleinen Hütte ankam, stieß er etwas gegen die morsche Tür, die daraufhin nachgab. Der Innenraum war nicht sonderlich groß, wie man vom Äußeren der Hütte schon hätte vermuten können.
Lediglich war dort wenig Platz, damit man nicht sofort ins Wasser fiel, das in der Mitte zu sehen war. Und in diesem Wasser, an einem Stück Holz festgefunden, schwappte ein Boot. Ja, es war nur ein Ruderboot, aber für den damals so jungen Taro war es sehr wertvoll gewesen. Seine Gesichtszüge schienen zufrieden, dann ging er in die Hocke und wies Josh, dass er doch zuerst einsteigen sollte.

Joshua war Taro ruhig gefolgt, mit dem Volleyball unter seinem Arm.
Die ganze Umgebung musste voller Erinnerungen Taros stecken, wie dieser das wohl gerade empfand?
Beim Ruderboot angekommen, betrachtete Joshua kurz die Hütte.
Schliesslich stieg er ein und setzte seinen Ball ab.
"Gehört das auch zu euch?", fragte er und sah sich um.

Taro musste etwas schmunzeln, stieg selbst allerdings noch nicht ein.
Er gang etwas an der Seite herum und zog an einem Hebel.
Zumindest probierte er es, denn dieser schien zu klemmen. War ja auch kein Wunder, wenn er ehrlich war.
Taro umgriff ihn fester und zog ruckartiger daran.
Irgendwann, als noch ein paar Augenblick dahingestrichen waren, öffnete sie die Luke zur anderen Seite.
Nun konnte man sehen, dass die kleine 'Hütte' auf Holzstelzen im Wasser stand.
"Ich hab es gebaut. Mit meinem Vater damals zusammen", klärte er Josh auf und sprang selbst in das Boot.
Dieses begann dabei zu schwanken, aber Taro hatte keine Probleme, das Gleichgewicht zu halten.
Nun nahm er gegenüber von Josh Platz, schnappte sich die Ruder, die zu beiden Seiten befestigt waren, band das Seil von dem Holzstück ab und drückte das Boot auf das Wasser hinaus.
Wieder zu Josh sehend, begann er zu rudern.
Jedoch schwieg er dann wieder für sich und suchte nach den richtigen Worten.
"Meine Eltern waren in keinem Zirkus tätig, weißt du. Sie waren beide Ärzte, hier in Chile."

"Ärzte", wiederholte Josh.
Ja, das passte.
Das passte wirklich.
nicht zu Joshs Art, aber zu dem Glashaus und dieser Hütte hier.
Er hätte es sich fast denken können.
"na dann erzähl mal. Wie kommt ein reicher Arztsohn auf die Idee mit Wildkatzen zu spielen?"

Taro ruderte ruhig weiter und sie kamen immer weiter auf den großen See hinaus.
Früher hatte es ihm unmengen an Kraft gekostet, diesen Weg zu bewältigen, heute zerrte es eher an seinen Gedanken.
Als Josh mehr darüber erfahren wollte, wurde seine Miene wieder etwas weicher. Jedoch sah er nicht zu ihm.
"Vor 10 Jahren wurde ich von jetzt auf gleich aus dem Schlaf gerissen", begann Taro langsam und er schluckte etwas.
"Ich war etwa...15? Und man brachte mich, ohne dass ich mich wehren konnte, nach England. Dort fuhr man mit mir lang durch die Gegend und lieferte mich zu Rabanus. Was ich bis dorthin nicht wusste, er ist mein Onkel. Widerwillig nahm er mich bei sich auf und erklärte mir, hart wie er nunmal meistens ist, dass meine Eltern im Krankenhaus, das sie hier errichtet hatten, mit einer nicht zu heilenden Krankheit angesteckt wurden. Und ich konnte man nicht mal von ihnen verabschieden..."
Taro verzog leicht den Mund und war der Meinung, dass er jetzt, da er einmal angefangen hatte, auch noch weiter erzählen musste.
"Jedenfalls, ich hab sie gehasst. Seit diesem Moment hab ich sie abgrundtief gehasst, weil sie mich einfach fortgeschickt hatten, ohne lebewohl zu sagen. Später jedoch, als ich älter wurde, begriff ich, dass es das einzig richtige war. In meinem jungen naiven Kopf hab ich mir einige Zeit eingeredet, ich hätte ihnen helfen können und dass sie mich nicht ließen, machte mich nur noch wütender. Aber später wusste ich, dass weder ich, noch sonst jemand ihnen noch hätte helfen können und dass sie mich sofort wegbringen lassen haben, hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet."
Der junge Artist schwieg, zog eine Sonnenbrille aus der Tasche und setzte sie sich auf.
Das war wohl besser. Niemand sollte ihn wirklich so sehen.
Und eigentlich war es jetzt das erste Mal, dass er überhaupt darüber sprach.
Taros Muskeln spannten sich leicht an und er ruderte weiter.
"Das ist der Grund."

Joshua sah ernst zu ihm, er runzelte die Stirn und blickte dann in das Waser, als Taro erzählte.
15 Jahre und auf einmal weggehn, das war hart. Und das Taro wütend gewesen war, verstand er. Ja, im nachhinein wird schliesslich jeder Mensch des besseren belehrt, das war bei ihm auch so.
Als Taro die Sonnenbrille aufsetzte, sah er zu ihm.
Seine Muskeln hatten sich angespannt, ja, das war kein einfaches Thema.
Wie vielen hatte er das schon erzählt?
"Weisst du was ich glaube?"
Josh unterbrach nach kurzer Zeit das bedrückende Schweigen.
Er lächelte leicht.
"Deine Eltern wären heute sehr stolz auf dich, Taro."

Als Josh das sagte, sah Taro durch die verdunkelten Sonnenbrillengläser zu ihm hin.
Erst zeigte er keine Reaktion...weil es wirklich nicht leicht für ihn war.
Doch dann zuckten seine Mundwinkel leicht und es tat gut, das zu hören.
Ja, das war schön zu hören und tat ihm jetzt gut.
Als hätte Josh gewusst, was er hören musste, damit ihn die ganze Sache nicht zu sehr einfing.
Mittlerweile waren die beiden über die Hälfte des Sees hinaus und hatte nur noch ein Stückchen vor sich.
Man konnte eine kleine Insel erkennen, die sich genau in der Mitte befand.

Josh sah noch eine kurze Zeit zu Taro und er seufzte dann leicht.
Wie schön es doch gerade für ihn war zu wissen, dass er nun hier mit Taro zusammen im Boot sass und Ferien machte.
Kein gehetze vor dem Auftritt, auch nich alleine in der Hütte sein.
nein, er konnte seinen Liesten gerade direkt vor seiner nase fühlen und erleben.
Ja, es war gut die Geschichte so stehn zu lassen, fürs erste Mal.
Denn Taro war damit auf ihn zugekommen, das musste ihn auch ein Stück überwindung gekostet haben, zumindest auch ein Bedürfnis in ihm geweckt haben.
Josh lernte sein Gegenüber stückweise besser kennen und das war auch gut so. Denn bei ihm war es selbst nicht anders, er würde Taro vielleicht auch einmal etwas über sich und seinen Bruder erzählen, doch erst, wenn es der richtige Zeitpunkt dazu war.
Jetzt jedenfalls war es richtig, zu geniessen und die andere Person einfach ein Stück weit privat in Ruhe zu lassen. Josh war sich sicher, es würde noch einige solche Gelegenheiten geben, in denen einer von den beiden etwas loswerden wollte.
Der 52 jährige blickte nun hinaus auf das Wassser, die Insel schien näher zu kommen und er atmete kurz die frische Luft. Ja, jetzt würde er sich erstmals auf ein hartes und faires Duell freuen.

Taro schwieg weiterhin und ruderte die letzten Meter jetzt etwas schneller.
Auch er braucht dieses Match jetzt dringend. Sehr dringend.
Einfach abreagieren und auf andere Gedanken kommen, das war die passende Mischung für ihn.
Und die einzig richtige, wie er dachte.
Schließlich stieß das Boot am 'Festland' an und kam zum Stehen.
Taro erhob sich, legte die Ruder auf seinen Platz, zog die Schuhe und Strümpfe aus und hüpfte ins Wasser.
Dieses war gerade so hoch, dass die Füße bedeckt waren.
Und er musste feststellen...tatsächlich, es sah noch immer so aus, wie vor einiger Zeit.
Ein komisches Gefühl, aber es passte ihm besser, als die Gedanken an seine Eltern.
Auf der kleinen Insel, die hier mitten in diesem See lag, wuchs ein kleines Waldstückchen.
Alles sah recht einladent aus und Taro ging es damit besser.
Er trat auf das Ufer und ging noch einige Meter, in denen er sich einfach umsah.
"Schön, nicht, Josh?"

Joshua stieg aus dem Boot und er nahm den Volleyball mit sich.
Er blickte sich dann um und nickte.
"Ja, sehr schön. Muy bonito."
Mit diesen Worten warf er Taro den Ball entgegen und trat ein wenig dem Ufer entlang.

Taro lächelte nun sogar etwas auf Joshs letzten beiden Worte und nickte.
Präziese wie immer fing er den geworfenen Ball auf und lief Josh nach.
Erst etwas langsam, dann schnellerer, um ihn einzuholen.
"Mein Lieblingsort von früher, musst du wissen", erzählte Taro.
"Hier bin ich sehr oft hergefahren. Nicht mal meinen Freunden hab ich davon erzählt, die alle viel weiter weg gewohnt haben. Und mit meinen Eltern hab ich diesen Platz auch nicht geteilt. Sehr egoistisch, nicht?"
Schließlich führte er ihn um einen Weg entlang, bis sie an einen Punkt ankamen, wo zwei Bäume im passenden Abstand zueinander standen.
Taro sah sich leicht fragend um, bis er etwas fand, das einem Seil entsprechen konnte.
Dieses band er um die Stämme herum, damit sie die Andeutung eines Netzes hatten.

Josh derweilen blieb stehn und er sah Taro zu, beim netzaufbau.
Über seinen Kommentar vorhin hatte er leicht schmunzeln müssen.
"Egoismus sollte nicht zu oft vernachlässigt werden", sagte Josh darauf und er meinte es auch ehrlich.
Seiner Meinung nach, zu viele Dinge mit anderen zu Teilen, brachten auch Probleme mit sich.
Man wurde schnell einmal von anderen Leuten enttäuscht.