RE: Alte Dachwohnung - 5

Otreibe kleine Mädchen auf, die ich mit nach Hause bringe.
Wie sich das anhörte in Liyus Ohren!
Er runzelte etwas die Stirn und blickte fragend zu Lea.
Stimmte das?
Kleine Mädchen mit nach Hause nehmen?
Und was tat er mit denen?
"Ich verstehe", sagte Liyu, sichtlich kritisch darüber und nickte sogleich Lea zu.
"Ja, bitte zeig es mir."

Lea bemerkte seinen skeptischen Blick, nahm schnell seine Hand und zog ihn nun die Treppe hinauf, um die Ecke und an die zweite Zimmertüre, wo sie wieder inne hielt. Gut, erstmal fort von den beiden anderen. Hier oben waren sie ihnen wenigstens nicht ausgesetzt.
"Ähm...das erste hier ist Zizous Zimmer und das letzte gehört meinem großen Bruder...und das hier...das gehört mir. Komm."
Ein wenig durch atmend, öffnete Lea die Zimmertüre und zog ihn mit zu sich herein.
Auf ihrem Boden prangte ein flauschiger Tempich, die Wände waren von ihr selbst in warmen Farben gestrichen wurden. Direkt vor dem Fenster stand ihr Bett, das aber sehr sehr viel gemütlicher aussah und auch war, als das der Jungs. Über ihrem Bett hingen Briefe und Bilder von der Wand hinab, an einer Pinnwand rechts an der Wand pinnte Aufzeichnungen und Mitteilungen. Direkt neben der Tür stand ein schöner Schreibtisch und einem dynamischen Sitz. Genau gegenüber war auch noch ein Kleiderschränkchen.
Alles war fein aufgeräumt und hatte genau seinen Platz.
Es war nicht so, dass sie pingelig war, aber sie wollte ihr Zimmer jeweils gut aufgeräumt haben. Schon allein deswegen, weil es so viel sehr gemütlicher war.
"So, komm doch herein", schloss sie dann auch schon nach ihm die Türe und wartete gebannt auf eine Reaktion.
Jah, sicher kam in ihm die Frage auf, warum ihr Zimmer so viel...besser aussah gegenüber den anderen, aber das hatte schon seine Gründe. Und wenn er sie wissen wollte, würde sie ihm das natürlich erklären.

Liyu trat herein.
Sofort fiel auf, dass diese Zimmer hier ordentlich war und auch mit viel mehr liebe zubereitet.
Die Dekorationen, die bestrichenen Wände...der Teppich.
Es war einladender und passte zu der kleinen Asiatin.
Der Chinese trat ein und blickte sich lächelnd um.
Dieses Zimmer gehörte Lea, also war es von wichtiger Bedeutung für ihn.
"Dein Zimmer ist sehr schön", sagte Liyu, während er sich vor die Pinnwand stellte und die Mitteilungen kurz musterte, was darauf zu lesen war.

Lea lächelte und während er an die Pinnwand trat, nahm sie aufmerksam auf ihrem Bett Platz.
Liyu hatte Glück, einiges war in chinesichen Zeichen verfasst, einiges in lateinischen.
Zettel und auf Aufzeichnungen, die er vielleicht sehen konnte, hießen in etwa: Donnerstag: Tanzstunden im Club
Jeremys Nummer: 01...
Heute Abend Jubiläum
Muss noch ein Kleid kaufen gehen!
Zizous Geburtstagsgeschenk nicht vergessen
So ging es jeweils weiter. Manche Aufzeichnungen waren aber nicht mit Worten beschrieben, sondern nur mit Pfeilen und jeweils Nummern.
Das waren ihre Vermerke, falls sie mal wieder eine neue Choreographie erfunden hatte.
Die Bilder, die über dem Bett von der Decke hingen, zeigten auf allen Lea. Zum einen wo sie noch sehr viel kleiner gewesen war, selbst in China, zum anderen auch Bilder, die erst letzte Woche geschossen wurden waren. Auf manchen war sie alleine, andere hatte sie mit Freunden zusammen gemacht.
Alles in allem lebte sie ihre Privatsphäre in diesem Zimmer vollkommen aus und sie war sehr glücklich, dass Liyu hier war.
Und während sie ihn so betrachtete, richtete sie sich etwas auf und streckte die Hand nach ihm aus.

Liyu liess sich Zeit das alles fasziniert zu betrachten.
Besonders die Fotos interessierten ihn und er hätte sich noch lange, lange Zeit lassen können diese anzusehn.
Als sie dann die Hand nach ihm ausstreckte, lief Liyu zu ihr und setzte sich ebenfalls aufs Bett.
Er schlang seine Arme um sie und küsste sie sanft auf die Stirn.
"Wirklich sehr schön. Schöner als die anderen, du bist eine sehr ordentliche Frau."

Lea grinste leicht, ließ sie Arme um sich schlingen und als er sie auf die Stirn küsste, schloss die junge Frau die Augen.
Es war ein sehr schöner Moment.
Zusammen mit einem ihr vertrauten Mann in der ihr vertrautesten Umgebung.
Wobei sie ja zugeben musste, dass Liyu ihr noch gar nicht so vertraut war.
Aber das war ja nichts schlimmes!
Sie kannten sich schließlich erst ein paar Tage und da war das ja völlig normal.
Leider nur, dass ihnen wohl die Zeit fehlte, sich weiter und besser gegenseitig kennen zu lernen.
Lea lehnte ihren Kopf an seine Schulter und zog ihre Beine an sich heran.
Dies war tausend Mal schöner, als irgendeine bedeutungslose Bettgeschichte.
Sehr viel schöner.
Sie fühlte sich wohl in seiner Gegenwart, auch irgendwie verstanden.
Sie fühlte sich akzeptiert und sie fühlte sich glücklich.
Nein, Gott sei Dank musste sie nicht bereuen, dass er hierher gekommen war.
Aber im Moment wollte die junge Frau nur über das Hier und Jetzt nachdenken.
Langsam aber sicher hob sie den Kopf, legte diesen schief und betrachtete ihn und seine schönen Augen schweigend.
"Danke, dass du heute hierher gekommen bist", flüsterte sie und meinte das auch vollkommen so.
Es bedeutete ihr viel, sehr viel sogar.
Und er....Liyu begann ihr auch immer mehr zu bedeuten.

Liyu lehnte seinen Kopf an Lea und seine Gedanken gingen ihm so durch den Kopf.
Ja, das Lea eine gute Hausfrau war, das glaubte er wirklich.
Und der Tanz in der Disco...den würde er niemals vergessen.
Nicht einmal in...China...drüben.
Ach, China.
Warum musste es bloss so weit sein von hier?
"Lea? Darf ich dich etwas fragen? Wegen...Donnie."

Lea sah fragend zu ihm.
"Jah, sicher. Alles, was du willst", sagte sie ihm und war gespannt auf seine Frage.
"Oh oder ist es wegen seiner Äußerung? Ach nein, wie schon gesagt, nimm nicht alles so ernst, was die beiden von sich geben. Er hat damit Zizou gemeint, weißt du. Er hat sie damals von der Straße geholt und mit zu uns gebracht. Etwas anderes war nicht gemeint."

"Achso."
Liyu war erleichtert darüber.
"Weisst du...ich mag deine Leute sehr. Ich hab nicht schlechtes von ihnen gedacht.
Es hätte mich auch verwundert. Entschuldige."

Lea lächelte und sie wusste, dass Lu und Donnie das sehr gefallen würde.
Und sicher würde sie es ihnen auch sagen, zum Dank dafür, dass sie sich so lieb zusammenrissen.
Lea richtete sich etwas auf und löste sich aus seinen Armen, wobei ihr Blick auf die Fotos fiel.
Ihr kam da so ein Gedanke und neugierig wandte sie sich sogleich wieder zu ihm.
"Sag mir...was ist dein ...mhm Traum? Besser...was wolltest schon immer mal machen, seit du in England bist? Oder vielleicht hast du das davor auch schon machen wollen?"

Sein Traum?
Was er schon immer machen wollte?
Sicherlich, für hier in England hatte er sich nichts überlegt.
Hier hatte er überhaupt nichts geplant.
Erst recht nicht, diese wunderbare Person kennen zu lernen.
"Nein, ich...hab eigentlich nicht so viele Wünsche", sagte er.
"Einfach, dass man...meine Arbeit schätzt. Aber ich würde gerne in eine deiner Tanzstunden kommen. Und ich bezahle auch."

Lea fühlte sehr viel Wärme in sich aufkommen und sie hob schließlich sanftmütig die Hand und fuhr ganz vorsichtig und mit Bedacht den Linien seiner Gesichtszüge nach, während sie leiser atmete und ihm die ganze Zeit über in die Augen sah.
In diesem Moment brauchte sie nichts anderes, nur ihn.
Und wieder einmal schien ein Gefühl in ihr aufzuflammen, das ihr so sehr fremd war.
Lea fuhr mit den Fingerspitzen über seine wohlgeformten Lippen und seinem Kinn entlang.
Stets darauf bedacht, ihm bloß nicht wehzutun und so zärtlich zu sein, wie es nur ging.
Er war wirklich ein wundervoller Mensch.
Erst so verschlossen, öffnete er sich nun immer mehr. Wie eine Blüte.
Eine Blüte, deren Zeit gekommen war und die nur darauf wartete, sich vollkommen entfalten zu können.
Und so sah sie ihn auch.
Sie sah ihn nicht wie all die anderen Männer, die ihr so ziemlich gleichgültig waren.
Sie sah ihn ganz anders.
Er hatte ihr in den wenigen Tagen mehr geschenkt, als ihm vielleicht bewusst war, aber es war so und für nichts in der Welt wollte sie diese Erfahrung eintauschen. Für nichts. Überhaupt nichts.
Die junge Asiatin griff nun nach seiner Hand und blickte darauf schweigend hinab.
Nein, sie wollte jetzt einfach nicht sprechen. Sie wollte die Zeit mit ihm verbringen, ohne irgendwelche sinnlosen Fragen.
Wenigstens ein paar Momente so.
Sonst...konnte sie sich ja später noch umentscheiden.
Aber gerade jetzt fand sie es besser und angenehmer so.

Liyu blickte abwartend zu Lea und er wartete auf ihre Antwort.
Doch anstatt etwas zu sagen, strich sie ihm sanft über das Gesicht.
Über die Augen.
Über den Mund.
Liyu blinzelte kurz und seine Augen musterten sie schon fast ratlos.
Warum tat sie das?
Mochte sie ihn denn?
Mochte sie ihn so, dass sie ihn so zärtlich anfasste?
Ihn mit ihren Berühungen verwöhnte?
"Lea, ich-", doch Liyu hielt inne.
Nein.
Worte waren jetzt überflüssig.
Worte waren bisher unwichtig gewesen bei ihnen.
Also auch hier.
Denn was die beiden verband, das waren ihre Herzen.
Ihre stumme Kommunikation zueinander, die so stark und klar war.
Ja, das war miteinander sprechen.
Sich halten und sich gerne haben.
Denn es war Liebe auf beiden Seiten, man musste es gar nicht mehr aussprechen.
Es war klar.
Einfach klar und richtig.
Liyu lächelte nun und er strich mit seiner Hand durch ihr kurzer Haar.
Ja, wer sagte denn das Frauen nur mit langen Haaren schön aussahen?
Lea sah toll aus.
Sie sah wundervoll aus, genauso wie sie war und sie sich gab.
Ohne grosse Klunker und hohen Schuhen.
Sie war schlicht und einfach.
Sie war natürlich und auch ihre Art war so.
Offen und gutmütig sanft.

Lea ich-..., hörte sie seine Worte und konnte sehen, wie er dennoch verstummte.
Ihren Augen betrachteten ihn sanft und tatsächlich ja...es stimmte, was Liyu sich dachte.
Womöglich war es tatsächlich so, dass sie eine unausgesprochene Liebe füreinander empfanden. Womöglich war es so.
Eine unausgesprochene Liebe, die auch nicht beim Namen genannt werden musste, um zu existieren.
Denn das brauchte sie nicht. Nein. Sie existierte in ihren Herzen, labte sich an ihren Glücksmomenten und den schönen Augenblicken, die sie zusammen hatten.
Sie labte sich an allem, was die beiden auf irgendeine Weise verbannt.
Lea hatte sich bisher nie so gefühlt. Nie gewusst, wie es sein könnte.
Aber nicht so für einen Liyu Gang zu empfinden, war doch ihrer Meinung nach vollkommen unmöglich.
Er war die Einzigartigkeit in Person und saß ihr nun gegenüber.
Sie konnte ihn berühren...
Lea hob Liyus Hand, strich noch einmal kurz darüber und legte sie dann an ihre Wange.
Sie konnte ihm lauschen...
Lea spührte den sanften Atem des Chinesens. Konnte regelrecht fühlen, wie er seine Lungen füllte und sein Herz am Schlagen behielt.
Sie konnte hier bei ihm sein und ihn nur dieses eine Mal für sich beanspruchen...
Lea richtete sich wieder etwas mehr auf ihre Knie, blickte lächelnd zu ihm hinab und schloss nun selbst einmal die Arme um seinen Hals, wobei sie viel Freude empfand und wusste, dass sie nichts von dem bereute, was sie bisher zusammen mit ihm getan hatte.
"Jemand sagte einmal[/size]", begann Lea nun sehr leise neben seinem Ohr zu flüstern, während sie ihren Kopf senkte und ihn sanft auf die Wange küsste.
"Liebe", sie küsste ihn ein weiteres Mal, nun auf die Stirn,"ist der Wunsch etwas zu geben,"machte sie weiter und küsste ihn nun schlussendlich zaghaft und dennoch brennend auf die andere Wange,"[size=85]nicht zu nehmen."

Liebe ist der Wunsch etwas zu geben, nicht zu nehmen.
Liyu schloss die Augen und er liess diese wundervollen Worte auf sich einwirken.
Und die Küsse.
Ihre Küsse.
Und wie sie auf ihn wirkten.
Wie gut das alles tat, und wie sehr sie ihn damit verwöhnte.
Oh, was für eine Frau Lea doch war.
Selbst nach seiner Show gestern Abend sassen sie nun zusammen und tauschten zärtlichkeiten aus.
Das hatten ihm nicht viele Frauen geschenk.
Oftmals hatte er erlebt, wie er viele niemehr gesehn hatte.
Kaum war seine weibliche Seite offenbar, wurde er wieder alleine gelassen.
Als Trost blieben nur irgendwelche Liebesbriefe von unbekannten und oftmals auch männlichen Fans.
Oh, was für ein Trost!
Und wie ernidrigend es manchmal doch ist, so sehr, dass er sich selber so fremd und falsch vorkommt.
Doch jetzt...jetzt hatte er jemanden gefunden, eine Frau die ihn akzeptierte und ihn küsste.
Einfach so.
Weil sie ihn liebte?
Ja...warum nicht?
Warum sollte sie es sonst tun?
Liebe ist der Wunsch etwas zu geben, nicht zu nehmen.
Und wie recht sie hatte.
Liyu fühlte einen Drang, auch von seiner Liebe zu geben und so umschloss er mit seinen Handflächen ihre Hände und küsste sie zärtlich auf den Mund.
Vorsichtig aber.
Ob sie ihn lassen würde?