RE: Alte Dachwohnung - 6

Lea fühlte sich wie in einen Traum versetzt, als er ihre Hände umfasste und ihre Lippen mit den seinen berührte.
In den letzten Tagen hatten sie sich oft geküsst, jeweils nur auf die Wangen oder auch auf die Stirn.
Aber das...das war anders, sehr viel anders. Es war nicht zu beschreiben und einzigartig.
Und natürlich ließ sie ihn gewähren, brauchte jedoch einen kleinen Moment, bis sie erwiedern konnte.
Doch als sie dies tat, schloss sie augenblicklich die Augen und seufzte ganz leise und zärtlich, als hätte sie mit ihren Taten die ganze Zeit über genau auf diesen Moment hingearbeitet. Als wäre alles darauf ausgewesen. Und dennoch, jetzt, da es geschah, waren ihre Empfindungen noch nicht befriedigt. Sie empfend Glücksgefühle, wie nie zuvor.
Sie empfand Freude und Verlangen gleichzeitig. Sogar Leidenschaft, diesem wunderbaren Menschen gegenüber.
Und ganz gleich, wie sehr dies alles zusammenwirkte, war sie sich doch sicher, es in seiner Gegenwart schon die ganze Zeit hindurch empfunden zu haben.
Es hatte diesen Kuss nicht mal gebraucht, um zu wissen, dass sie sich verliebt hatte.
Dass sie sich verliebt hatte und er wohl auch.
Fast herzzerreißend kam es ihr vor, als sie sich ein wenig von seinen wohlgeformten Lippen löste und sanft in sich hineinlächelte.
Er war hier und sie war hier.
Sie benahmen sich, als wäre dies nie jemals zuvor so geschehen. Nicht einmal etwa. Nicht einmal fast.
Und doch schien es ihr so, als wäre das völlig normal und gleichzeitig so unwirklich.
Er war so wunderschön in ihren Augen, ganz gleich, was er tat oder jemals tun würde.
Sie wusste, was ihr Herz empfand und sie wusste, dass es richtig war.
Sie wusste es und sie wusste ebenso, dass er sicher dasgleiche wusste.
Dass sie sich nicht für einenander schämen brauchten, wenngleich sie so vollkommen verschieden waren.
Was hatte sie damals an ihrem ersten Abend zusammen gedacht? Dass er ihr Held war?
Jah. Jemand, der sich nicht scheute.
Und er war ihr Held, durch und durch. In jeglicher Hinsicht.
Denn Liyu war, wie er nunmal war und sie wollte ihn keinesfalls anders.
Sie verspührte Dankbarkeit, ihrem Schicksal gegenüber, dass sie ihn kennen gelernt haben durfte.
Gleichzeitig aber auch ihm gegenüber, dass er sie nicht fallen gelassen hatte, einfach so.
Das er hier war und sie hielt.
Dass er ihr in diesem Moment vor der ganzen Welt Deckung gab und sie nicht alleine ließ.
Sie wollte nichts daran ändern, was geschehen war. Wollte den Dingen einfach freien Lauf lassen und genießen.
Schließlich legte sie ihre Hände an seinen Hemdkragen und zog ihn ein wenig mehr zu sich, bis sie sogleich wieder ihre Lippen auf die seinen presste und ihn zu küssen begann.
Mein Held...

Es war als würde jemand für die beiden ein Lied spielen.
So kam es ihm vor.
Ein Lied aus Liebe...für die Liebe der beiden.
Was alles so ein Kuss mit sich wirken konnte.
Welch Emotionen er bewirkte.
Freude, Verlangen, Befriedigung, Trost, Sehnsucht, Gierde, Leidenschaft, Bestätigung, Glück.
Ai ni yi wan nian...
Und während sie ihre zarten Hände um ihn schlang und ihn erneut küsste, drückte er sie leicht an sich.
Seine Prinzessin.
Die er für sich hatte.
In diesem Moment.
Ganz alleine.
Ganz alleine für sich.
Und das Lied sang von Liebe.
Einer Liebe, die 10'000 Jahre währen sollte.
Wan nian. 10'000.
So leicht fühlte sich sein Herz an, so verliebt war Liyu, dass alles um ihn herum unwichtig wurde.
Seine Karriere, seine Autritte, China.
Das alles sollte jetzt warten.
In seinen Gedanken schwirrte nur noch dieser eine, wundervolle und vollkommene name: Lea.
Drei Buchstaben.
Dreimal ein Ja, für diese wunderbare Frau.

Wo wollte Lea sonst in diesem Moment sein, wenn nicht hier? Hier an seiner Seite?
In seinen Armen, die sie fingen, wenn sie fallen würde.
Aber nein, jetzt würde sie nicht fallen.
Denn sie schwebte wie auf Wolken und niemand konnte ihr dies nehmen.
Kein Schicksalsschlag, keine unbedeutende Begegebenheit...kein...kein Störenfried.
Und da fiel ihr plötzlich etwas ein!
Es war so schwer für sie, sich ein erneutes Mal von ihm lösen zu müssen, doch das war nun von großer Wichtigkeit.
Sie wollte sich nicht von irgendjemanden stören lassen, der nichts von Liebe verstand.
Daher drückte sie sich sanft aus seinen Armen, stand auf, lief an ihr Schreibtischchen, zog die Schublade heraus, und nahm nach einigem Suchen einen kleinen silbernen Schlüssel hervor, mit dem sie kurzerhand die Türe abschloss und ihn am Schloss stecken ließ.
Aufmerksam drehte sich die junge Frau wieder zu Liyu um, trat in geschmeidigen und langwierigen Schritten wieder auf ihn zu und auch an ihm vorbei, bis sie direkt vor dem Fenster, aber hinter ihm inne hielt.
Das alles sollte nun ihnen gehören und durch nichts wollte sie es sich kaputt machen lassen.
Denn schließlich - und so schmerzlich das auch war - hatten die beiden nur ein paar Tage zusammen und da wollte sie jeden Moment genießen, der ihnen beiden vergönnt war.
Lea beugte sich nach vorn und begann mit ihren zarten Händen über seinen Rücken zu streichen.
Rauf und runter
Rauf und runter.
Rauf und wieder runter...
Schließlich aber zog sie ihn hinterrücks an sich und küsste Liyu auf den Haaransatz, während sie lieblichst seiner Wange entlang strich, ohne, dass er sie sehen konnte.
Sein Duft stieg ihr in die Nase und veranlasste Lea dazu, den Kopf zu senken, seinem Nacken entlang zu streichen und dort zu beginnen, ihn gutmütig und zärtlich zu liebkosen.

Liyu atmete tief durch, als Lea den Schlüssel nahm und die Türe verriegelte.
Er schluckte leicht und fühlte, wie es in ihm drinnen zu köcheln begann und wie ihm ein leichter Schauer über den Rücken lief.
Ja, jetzt.
Er wollte sie jetzt!
Und wie sie ihn berührte.
Über seinen Rücken strich.
Liyu schloss die Augen und er gab einen leichten Seufzer von sich.
Und was, wenn er sich naher zusammen reissen müsste?
Wenn sie es nicht weiter kommen lassen würde?
Sollte er sich auf das Spielchen einlassen?
Oh, es würde schwer sein zu widerstehn.
Unheimlich schwer.
Liyu schluckte erneut und er packte Lea dann unter den Armen und lufte sie mit einem Rucks auf seine Knie.
Leicht keuchend blickte er in ihr angesicht und startete einen neuen, dieses Mal etwas gierigeren und leidenschaftlicheren Kuss.

Wer je gelebt in Liebesarmen, der kann im Leben nie verarmen...
Seit er sie geküsst hatte, schwirrten ihr ständig solche Zitate durch den Kopf.
Und als er sie auf seine Knie zog und sie erneut, diesmal aber leidenschaftlich und voller Begierde küsste, wusste sie die wahre Bedeutung.
Sie wusste, dass sie, auch wenn sie sich wieder trennen mussten, jeweils von der Erinnerung zehren konnte.
Dass sie es wie einen wohlbehüteten Schatz wahren würde, tief in sich. Mit jedem Gefühl daran.
Sie zog ihn näher an sich und erwierdete nicht weniger verlangend und erfreut.
Doch, sie beide hatten es verdient, sich gefunden zu haben.
Hatten sie doch beide ihre eigene dunkle Vergangenheit, war es jetzt ein großer Trost, den sie sich beiden spendeten.
Sie fuhr ihm lieblich durch die Haare und vergrub ihre Finger darin, während sie ihn immer näher zu sich aufs Bett zog.
Lea war sich sicher, dass das alles mehr war, als sie verdient hatte.
Sie war sich sicher, dass sie ihn nicht verdient hatte.
Er, der einem Engel gleichkam, in seinen Bewegungen und Zärtlichkeiten.
Einem Engel...nein, ihrem Engel.
Lea löste den Kuss, lehnte den Kopf in den Nacken, keuchte leise auf und schloss die zitternden Augen.

Zärtlich umschlungen hielten sich die beiden nach einiger Zeit.
Sie lagen im Bett, die Decke über ihre Bäuche gelegt und verliebt küsste Liyu sene Lea.
Sie waren zwei Liebende, die sich gefunden hatten.
Hier im Frühling, nach dem langen Schnee.
Und er war sehr glücklich, nach der langen Einsamkeit.
Glücklich sie zu haben und zu fühlen.
Sie zu fühlen, und sich selber zu finden.
Was Lea ihm geschenkt hatte, war ein Stück weit auch zuversicht.
Und eine Wiederfindung.
Heute hatte er sich ganz als Mann geben können und sich auch so gefühlt.
Heute ist ihm wieder einmal mehr bewusst geworden, dass er sich für sein Talent selber loben konnte und
doch wirklich glücklich darüber war.
Lea sah in ihm nicht irgend einen Verrückten, der sich gerne in Frauenkleider hüllte und mit Kopfstimme gross angab, nein.
Lea sah ihn als Mann.
Als Mann der ihr gefiel und den sie liebte.
Als Mann, mit dem sie ihr Bett teilte und ihre Zärtlichkeit.
Sie hatte ihm heute ihre Freunde vorgestellt, die alle sehr höflich und gut zu ihm waren.
Die ihn ebenfalls akzeptierten und auch zu schätzen schienen.
Sanft strich er über ihr kurzes Haar.
Wie schön es doch war.
Und wie schön sie als ganze person.
Mit seiner Hand strich er vom Kopf runter, ihrer Brust entlang und lächelte erneut verliebt.
"Ich liebe dich", wisperte er die Zauberworte und lehnte seinen Kopf an den ihren.

Lea legte ihren Kopf auf seine Brust und strich liebevoll darüber.
Unter ihrem Ohr konnte sie sein Herz schlagen hören und für die frischverliebte junge Frau, war dies das schönste Geräusch überhaupt.
Er hatte ihr sehr gut getan und sie fast schon...ja, befreit, um es beim Namen zu nennen.
Befreit von allen Ängsten, die sie noch im Bezug ihm gegenüber gehabt hatte.
Mit ihrem Finger zeichnete sie wohlwollende Muster auf seinen Körper und lauschte der Stille, und seinen Herzschlägen.
Sie fühlte sich so unglaublich wohl, dass sie am liebsten gar nie mehr aufstehen und das Zimmer verlassen wollte.
Was sie nicht wusste, war, dass Donnie und Lu bereits die Wohnung verlassen hatten, um den beiden noch genug Zeit für sich zu geben.
Sie waren sich sicher gewesen, dass sie Liyu heute nicht zum letzten Male sahen und ohnehin...konnte sie sich schon denken, was die beiden da oben veranstalteten. xD
Lea liebkoste seinen Oberkörper, als sie plötzlich diese unverkennbaren Zauberworte aus Liyus Mund hörte.
Sie hob auf der Stelle den Kopf und nicht wissend, was sie tun sollte, sah sie ihn einfach nur an.
Es war...ein unbeschreibliches Gefühl, dies von dem Mann zu hören, von dem sie es einzig und alleine wissen wollte.
Doch anstatt zu strahlen, nahm ihr Gesicht etwas betrübtes an, bis sie sich schließlich wieder zu ihm beugte und ihn küsste.
Nach einigen Momenten kuschelte sich die junge Asiatin zurück in seine Arme und schnellstmöglich unter die Decke.
Lea schloss die Augen und atmete leise, während sie wieder der Melodie seines Herzens lauschte.
Es war der schönste Klang, den sie je vernommen hatte.
"Ich dich auch, Liyu. Ich dich auch...[/size]"
Und da sagte sie, obwohl sie doch wusste, dass weder sie diese Liebe hätte zulassen dürfen, noch er.
"Mein Held...[size=50]mein Held.."

Liyu schloss ein wenig die Augen und nahm ihre Fingerr auf seiner Brust und dem Bauch wahr.
Sie war sanft.
Und als sie dann zurück antwortete, lächelte er.
Ich dich auch, Liyu. Ich dich auch...
Ja, dann sollte es also so sein.
Dann sollten sie sich also lieben.
Niemand hätte das jetzt noch ändern können und als sie ihn Held nannte, öffnete er wieder die Augen.
Nein, dieses Mal nicht, weil es ihm etwas ausmachte, sondern weil es ihm sehr gefiel.
Mein Held...
Was für ein wunderschöner Gedanke.
Er und ihr Held.
Gab es etwas schöneres als ihr Held zu sein?
Oh, er wollte ihr Held sein.
Unbedingt!
Und das er es war, machte ihn sehr froh.
"Meine Prinzessin", flüsterte er und hielt ihre Hand.

Es fühlte sich sehr gut an, in seinen Armen liegen zu können und sich für nichts rechtfertigen zu müssen.
Und wie er sie nannte...nahm ihr dennoch fast den Atem.
Lea kuschelte sich noch mehr an seine Seite und wollte am liebsten, dass er sie nie wieder losließ.
Nie wieder alleine ließ...nie wieder, hach.
Warum mussten solche trübsinnigen Gedanken eigentlich immer in den unpassensten Momenten kommen?
Aber Lea faste einen Entschluss!
Sie wollte wirklich jeden noch verbleibenden Moment mit ihm schön verbringen können.
Wollte Erinnerungen haben, auf die sie auch später noch bauen konnte.
Sie wollte, dass er auch er etwas hatte, dass ihn an sie erinnern würde.
Irgendwie...wenn er wieder in China war und sein Alltag begann.
Plötzlich löste sie ihre Hand aus seinem Griff, hob die Decke etwas an, rückte hinüber und legte sich mit ihrem zierlichen Körper so auf ihn drauf, dass er sie einfach ansehen musste.
Seufzend, dennoch lächelnd, strich sie ihm durch die dunklen und schönen Haare.
"Ich will...dass wir irgendetwas zusammen machen. Nicht jetzt, aber in der Zeit, die uns noch bleibt. Irgendetwas...schönes. Was uns im Gedächtnis bleibt. Sag...an welchen Tagen hast du keinen Auftritt?"

Liyu sah zu ihr und er war auch sofort dafür.
Tja, wann hatte er keine Auftritte.
"Ich glaube...Montag und Dienstag...Donnerstag. Dieses Wochenende habe ich ganz Zeit."
Er lächelte und küsste sie sanft.
"Also Heute, Sonntag und Mittwoch. Aber ich habe jeweils nur am Abend Auftritt, also werde ich jeden Tag kommen."

Lea strahlte und kuschelte sich sogleich wieder an ihn. Perfekt!
"Dann lass uns...Montag und Dienstag zusammen irgendwohin fahren, ja? Oh-"
In ihrem Enthusiasmus bekam sie erst jetzt mit, dass das ja gar nicht funktionierte.
"Ach, Mist. Ich habe gar kein Geld, um mit dir irgendwohin zu fahren. Außer..."
Lea lächelte nun spitzbübisch und erwartete eine Reaktion auf ihren folgenden Plan:
"Ich nehme mir morgen den ganzen Tag dafür, das Viertel abzuklappern und einige 'Tanzstunden' zu verkaufen. Vielleicht kann ich morgen schon welche geben, und die anderen müssen dann eben im Vorraus bezahlt werden. Und wenn das nicht geht, werde ich mal wieder für einen Aushilfsjob vorn an der Ecke in dem Café fragen. Muss ich nur eben zusehen, dass ich einen Vorschuss bekomme. Also, was sagst du, mein Lieber?"

Wirklich, das war schon ein wenig zu süss von Lea.
"Also ich würde vorschlagen, dass ich diese zwei Wochen für uns bezahle", sagte der Chinese und er war fest entschlossen.
"Liebe ist der Wunsch etwas zu geben, mh?!"

Lea musste lachen, als er so auf das Zitat anspielte und sie grinste ihn schließlich an.
"Wenn du verantworten kannst, dass ich mich dann schlecht fühle, bitte...", sagte sie leichthin, küsste ihn dann aber die Nasenspitze.
"Ich danke dir. Aber...du sollst dir wirklich keine Umstände meinetwegen machen!"
Sie beharrte darauf und wollte das morgen dennoch durchziehen, um auch etwas beisteuern zu können.
Schließlich wollte sie ihm als Liebe in Erinnerung bleiben und nicht als die, die sich alles von ihm bezahlen ließ.

"Ich habe dich lieber wach als totmüde", sagte Liyu und lieblich strich er ihr über das Haar.
"Für bekomme ich die Tanzstunde gratis."

Lea lag entspannt unter der Decke, dennoch in seinen Armen und mit dem Kopf auf seiner Brust dort.
Als er das sagte, hob sie den Blick und schmunzelte ihn spielerisch nachdenklich an.
"Jah, vielleicht lasse ich mich dazu durchringen", sprach sie.
"Wobei...du brauchst doch gar keine Tanzstunde. Ich würde dein schönes Talent für sinnliche Bewegungen nur versauen."