RE: Teeladen - 2. Etage - 29

Luciana drehte sich zu Cyrill.
"Ist doch nicht schlimm."
Sie ging auf ihn zu und nahm ihr Glas.
"Warum sollte ich her kommen?"

"Vielleicht setzt du dich lieber, dann kann ich es dir erklären", sagte Cyrill und er deutete auf einen der Sessel vor dem Feuer.
"Also erstensmal weil wir sowieso zu wenig Leute sind."
Cyrill trat hinter der Bar hervor und lief zu einer Kommode.
Er öffnete kurz die ersten zwei Schubladen um zu sehen, ob da drin nicht vielleicht eine Brandyflasche vergessen wurde.
Aber nein, Toni hatte gut geschaut.
Verdammter Mist.
Er drehte sich um zu Luciana und nahm einen Schluck von dem kühlen, leicht süsslichen Wasser.
"Die blöden Merchisten sind auf die Idee gekommen, das sie Tarabas töten könnten, weil das Minister schon die ganze Zeit versuchen.
Und weil Edos Armee schon genug zu tun haben wird, will ich ihm helfen und Tarbabas im Schloss beschützen.
Klar, Tarabas hat uns Zigeuner gejagt und viele von uns ausgerottet. Aber ich bin in erster Linie immer noch Otopianer und stets auf seiner Seite."

Luciana hatte sich auf den Sessel gesetzt und hatte die Beine überschlagen.
Es war ein ungewohntes Gefühl eine Art Bauernkleid zu tragen.
Interessiert hörte sie ihm zu und nickte ab und zu.
"Was wird meine Aufgabe sein?"

[falscher acc :/]

"Das weiss ich noch nicht" sagte Cyrill ehrlich.
"Es gibt so viele Dinge, die man erledigen müsste.
Kommt draufan, was dir am meisten Spass macht.
Aber sicherlich will ich dich am Schluss im Schloss dabei haben.
Es ist am besten wenn der König nicht merkt, das ich ihm geholfen habe.
Es ist besser, wenn eine Frau das tut."

"Eine Frau?" fragte Luciana verwundert. "Würde der König soetwas denn zulassen?"
Frauen wurden doch unterdrückt und sie war noch nicht einmal eine Otopianerin.

"Nein, nicht wenn er eine Wahl hätte", sagte Cyrill und er setzte sich dann neben sie.
Er musterte Luciana einen kurzen Moment.
Das Kleid war nett, aber bei ihr war es ungewohnt.
Aber als Adelige konnte sie sich nicht ausgeben, sonst hätte ihr Samantha was schöneres bereit gehabt.
"Der König ist schwer krank, Luciana."
Er schüttelte leicht den Kopf.
"Wenn er überlebt, dann wirst du im richtigen Moment zu ihm gehn und das kann tausenden von Frauen in Otopia helfen. Tarabas ist kein Sturkopf, er hat schon viele Traditionen gebrochen.
Wenn er sieht, was vor sich geht, wird er die Stellung der Frau möglicherweise gewaltig erhöhen und das ist schonmal was."

Wieder nickte Luciana.
Sie wusste nicht wieso, aber sie vertraute Cyrill.
Er würde sie nicht einfach in den Sicheren Tod führen.
"Werde ich dafür ein Vampir werden müssen?" fragend schaute sie ihn an.

"Spinnst du?"
Cyrill schüttelte schnell den Kopf.
"Das würde ich niemals zulassen!
Niemals, niemals!"
Er setzte sein Glas ab und rückte mit seinem Sessel etwas näher zu ihr.
"Niemals.
Du bist eine Hexe, und das ist gut so.
Vielleicht kann das sogar helfen, weil eure Welt hat sich bisschen mit Otopia verstritten.
Ihr habt es vielleicht nicht gemerkt, aber euer damaliger Vampirfürst Marcus hat die Grenzen geschlossen und sie zwei Tage später wieder hirnspinstig geöffnet.
Ein Trottel, nur enschuldigt hat sich keine mehr, weder Marcus noch seine Nachfolger.
Und in dem Sinne ist unser König stur, seither sind wir eigentlich offiziell mit euch befeindet."
Cyrill kam nicht drumherum leicht zu schmunzeln.
Dieser Schachzug von Marcus war wirklich lächerlich und reichlich unüberlegt gewesen.
Aber so sah es nunmal aus und deswegen hatte Otopia auch nicht an dieser Bündnis-Friedenssitzung teilgenommen, die noch nicht vor allzulanger Zeit durch Oskar Cherry ins Leben gerufen wurde.
Also was sollte jetzt Luciana hier tun?
Es gab so viele Möglichkeiten, warum sie Cyrill hergeholt hatte.
Sie konnte beispielsweise Pro-Tarabas Schriften verfassen, nur wusste sie dafür wohl zu wenig über den König.
Oder sie konnte beim Austeilen dieser Traktate helfen.
Sie konnte beispielsweise auch in ihre Welt zurück, dort durch die Zeitungen den Zauberern klar machen, das man sie jetzt gebrauchen konnte und sie mitmischen sollten.
Sie konnte Irina und Chaya mit den Flüchtlingen helfen, oder Katsumi durch die Wälder begleiten.
Es gab unendlich viele Möglichkeiten, weil es einfach so viel zu tun gab und sie zu wenig Leute waren.
Aber sicherlich musste sie am Ende im Schloss sein, einerseits wegen Tarabas und andererseits, weil Cyrill sie dort dabei haben wollte.
Luciana würde es wohl nicht so empfinden, aber es war eine Art Geschenk, das ihr Cyrill machte.
Er wusste, was im Schloss vorgehn wird, war das höchste an Ehre überhaupt und würde in die Geschichte eingehn.
Er wollte Luciana dabei haben, weil sie für ihn wichtig war und er ihr einen wichtigen Augenblick aus Otopia schenken wollte.
Selbst wenn sie es nie verstehn würde.
Es war wie bei Miranda in den Sümpfen, als sie einen Blitz hatte abschiessen müssen.
Cyrill hatte sie es machen lassen wollen, obwohl er es gradsogut selbst hätte tun können.
Es war eine Art von Wertschätzung und das Zeichen, das man gebraucht wurde.
Das man ein Teil des Ganzen war und unverzichtbar.

Luciana hatte sich ein wenig erschrocken, als er so reagierte.
Dann lächelte sie leicht. Gut. Sie hatte sich also doch nicht in ihm getäuscht.
"Ich werde tun was ich kann um dir und Otopia zu helfen" sagte sie ehrlich und nickte entschlossen.

"Super", freute Cyrill und er lächelte kindlich.
"Ich werde jetzt über den Markt gehn und mich mal umsehn.
Die Generäle hier machen sicher fleissig Anti-Tarabas Propaganda, sowas muss man sammeln."
Er trank sein Glas leer und stand dann auf.
Schliesslich fiel ihm ein, wobei sie ihm helfen konnte.
Vladimir kannte seine Handschrift.
"Luciana, du könntest mir beim schreiben der Gegenschriften. Ich diktiere und du schreibst auf, okay?"

Luciana schmuntzelte bei seinem Lächeln.
Dann nickte sie einverstanden.
"Ich helfe wo ich kann"

"Schön, dann komm mit mir", sagte der Zigeuner und lief mit ihr voran auf den Markt.

--> Markt

Im Teeladen trat Cyrill in sein Zimmer.
Er breitete sämtliche Zettel, Traktate und Plakate auf seinem Tisch aus, denn jetzt hiess es dem ganzen entgegen zu halten.
Er fasste sich leicht an dem Arm und verzog das Gesicht.
Das war wirklich knapp gewesen am Markt und man würde jetzt nach ihm suchen.

Luciana war in Ruls Zimmer verschwunden und zog sich wieder die Jeans und die Bluse an.
Auch richtete sie sich die Haare und vergewisserte sich, dass ihre Klamotten da waren wo sie hingehörten.
Mit dem zerissenen Kleid in der Hand machte sie sich auf die Suche nach Samantha.

Samantha kam ihr gerade im Gang entgegen.
"Oh hallo", sagte sie, war dann aber erstaunt sie in den alten Klamotten zu sehn.
Entgeistert blickte sie auf das kaputte Kleid in ihrer Hand.
"Wie ist das denn passiert?"