RE: Quelle - 59

Mary lächelte sanft auf, als er sagte, er habe sie sehr vermisst.
Das bedeutete ihr unglaublich viel. Und war mehr, als sie sich erhofft hatte.
Denn selbst wenn er ihr gesagt hätte, er habe nur kurz nach seiner Rückkehr mal an sie gedacht, wäre sie sehr glücklich darüber gewesen.
Und ihr ging es dabei ebenso. Nein, sie würde diesen Tag niemals vergessen und dass er sich noch daran erinnerte, ließ ihr Herz strahlen.
Ganz leicht hob sie nun ihre Hand und fuhr ihm mit zitternden Fingern über die Wange.
Dort verweilten sie auch noch weiter, als Joel sagte, er wolle ihr etwas erzählen.
"Natürlich, Joel. Was möchtest du mir erzählen?"

Joel sah zu ihr als er ihre Finger auf einmal an seinr Wange fühlte und er nahm dann ihre Hand und führte sie zum Sarg.
Dort setzte er sich und auch Mary sollte sich neben ihn setzten.
"Ich habe an Kathleen gedacht", begann er und sah nun einen Moment zu ihr.
Bewusst machte er eine Pause.
"Sie war sehr willig gewesen, bei mir zu sein.
Aber ich habe es niemals zu gelassen, dass sie in dieser Welt eines Tages leben müsste."
Joel wurde bedenklich, er sah Kathleen und die Grenze.
Die Grenze an dem der Abschied damals gewesen war von ihnen, er sah dann wiederum aufmerksam zu Mary.
"Warum wolltest du ein Teil von Otopia werden, Mary?
Erging es dir nicht besser in der Zauberwelt?"
Sie hatte es ihm schon vor dem Schloss gesagt, aber nun wollte es Joel offen wissen.
Er war sich nämlich nicht sicher, ob Mary tatsächlich so glücklich war.
Und wegen Kathleen wollte er damit sagen, dass er diese Welt nicht einmal seiner Liebe antun wollte.

Mary ließ sich von ihm zum Sarg führen und setzte sich neben ihn, während sie schwieg und lauschte.
Sie suchte nach den passenden Worte, um auch richtig antworten zu können.
"Nein Joel, ich war nicht glücklich", antwortete sie und blickte nachdenklich vor sich zu Boden.
"Und das bin ich auch jetzt nicht, weil ich wieder in der Zauberwelt leben muss. Und weil ich meine Tochter ständig in Gefahr weiß...aber ich will nicht mehr kämpfen, ich will nur in meine Heimat."
Sie sah zu ihm auf und klar war es schwer, dass er es verstand.
Schließlich wusste er ja noch gar nicht, dass sie eine Tochter hatte oder dass sie wieder in die Zauberwelt verbannt wurden war.
"Ich war nicht glücklich, nein. Weil mein Platz schon seit Jahren in Otopia ist und dort ist mein Zuhause."
Leicht atmete die junge Mara durch, weil es da ja noch einen ganz anderen entscheidenen Grund gab, aber sie wollte erstmal noch warten. Es war nicht leicht etwas auszusprechen, was einem schon so lang auf der Seele lag.

Milexûs verbrachte seine Zeit mehr oder weniger damit, indem er jegliche Aktivitäten besuchte, die es hier während der freien Zeit zu sehen gab.
Er war fasziniert von den Todesvampiren und zugleich immer wieder schockiert über sie.
Besonder gefielen ihm die Kellergeschosse, die schon fast als Art Laboratorien dienen für die Blutkunde.
Der Gastgeber zeigte Mentor mit vollem Stolz, seine Familienporträts und stellte ihm fortlaufend seine Kinder und Geschwister vor.

Die Tür bei Chajek ging auf und zwei Todesvampire traten herein.
Wie gebannt sahen sie zu dem kleinen Menschen und griffen ihn je an einem Arm.
Er war ein Federgewicht für die beiden und sogleich wurde Chajek hinaus transportiert, hinunter in die Kerker.

Chajek war ganz schön erschrocken, als auf einmal die zwei Vampiren aufgetaucht waren.
Er hatte ebenso kein gutes Gefühl als er von ihnen einfach so ergriffen wurde und Richtung Kerker steuerte.
'Verdammt!
Was passiert hier?
Bitte lass es nur wegen diesen Kursen sein', ging es flehendlich durch seinen Kopf.
Gerne hätte er nun nachgefragt, aber schaffte es noch so knapp willig in seiner Rolle zu bleiben.

Die Zeit verging und schliesslich war es 17.00 Uhr.
Mentor klopfte bei Joel an die Tür.
"Mein Sohn, es wird Zeit für die nächste Aktivität", sagte er, während er dann weiter nach vorne lief, zu Edos Zimmer und daran klopfte.
"Vetter. Es wird Zeit."

Edo machte die Tür auf und sah zu Milexûs, seine Miene war ernstlich.
"Ich glaube hier stimmt etwas gewaltig nicht Vetter, ich denke die Vampire haben Verdacht geschöpft.
Hast du Chajek gesehn?
Vor zwei Stunden bin ich zu ihm gegangen, von ihm ist keine Spur", sagte er.
Edo hatte ihm ja die Fledermaus vom Frühstück noch bringen wollen, aber da war er auch schon verschwunden gewesen.

Joel war hinaus gekommen, ruhig sah er zu den beiden, allerdings schwieg er.
Es war Milexûs Entscheidung, dem Merchisten darüber aufzuklären, oder nicht.

"Chajek wird morgen geopfert werden", sagte Mentor sogleich offen, wie auch ernst.
"Edo, hört zu! Er hätte uns früher oder später sowieso verraten...oder wäre verhungert. Ausserdem ist der Graf sehr gerührt deswegen, er wünscht euch übrigens heute nach der Zeremonie noch zu sehn."

Edos Augen weiteten sich, baff starrte er zu Milexûs.
"W-w-wie?
Oh...", er musste das erstmals realisieren.
Ganz schön baff kam das und so.... unerwartet.
"Ach", sagte er dann und wusste auch nicht so recht, was dazu sagen.
Edo nickte ihm dann schliesslich zu.
"Dann freut er sich also?
Das hätte ich nicht erwartet... von so einem Knirpsenopfer", gestand er nun ehrlich und verschränkte dann aufmerksam seine Arme.

"Also normalerweise hätten wir ihm keines geben müssen. Ausserdem habe ich ihm gesagt das Chajeks Eltern Kriegsveteranen waren und bla bla."
Er winkte ab.
"Und ja, er wünscht euch zu sehn. Was Ihr wissen sollt, Edo, ich habe ihm erzählt, dass Ihr gefoltert worden seid und so...wegen euren Augen. Er ist jedenfalls sehr interessiert. Aber jetzt lasst uns erstmals gehn."

Edo musste ein wenig schmunzeln.
Gefoltert?
Leicht blitzten seine Augen etwas lauernd auf und er war zufrieden mit der Arbeit von Milexûs.
"Das hör ich gern.
Also meinetwegen, ich möchte mir gerne so eine Aktivität einmal ansehen, Vetter", sagte er und schien guter Dinge zu sein.

Joel hob leicht verwundert seine Augenbrauen.
Er musste dann selber ein wenig im innern den Kopf schütteln über die beiden. xD
Zuerst hatte sich Edo so gekümmert und nun wie es sich herausstellte, fand er das auch eine gute Lösung wegen der Opferung.

"Schön, dann ab zum Friedhofstreffen, davon habe ich einmal was gelesen."
Milexûs gefiel es hier ungeheuerlich gut.
All die Dinge, die er einst gelernt und Tarabas' vermittelt hatte, konnte er nun Live aus ganzer nähe betrachten.
Sie folgten den Todesvampiren, die es alle nach draussen zog.
Mentor fand sich während des Gehens dazu verpflichtet Joel und Edo kurz aufzuklären, worum es hier eigentlich ging.
"Also, dieses Treffen findet jeden Abend statt. Der Graf hier hat unglaublich viele Kinder, und seine Kinder haben ebenfalls unglaublich viele Kinder. Die jeweils drei ältesten Söhne werden heut Abend in den Wald ziehn und versuchen einen der Schwarzen Hunde zu töten. Sehrwohl, Schwarze Hunde! Meistens sterben alle drei, dann kommen am nächsten Abend die nächsten ältesten drei an die Reihe. Man macht das hier zur Ehre der Draceen. Wenn man es schafft, einen schwarzen Hunden zu töten hat man ewige Ehre."
Sogleich kamen sie auch an dem Gespengstischen Friedhof an hinter dem Schloss.
Viele der Söhne, also unter 1'000 jährige, hatten sich versammelt um die drei Ältesten. Diese waren Malano, Jabon und Urinëa.

Edo und Joel blieben dann stehen.
Der Merchist sah dem aufrichtig zu, nun machte es auch ihn sehr neugierig wie das damals so zu sich gegangen war.
Schon erstaunlich... hier waren so viele Beweise wegen den Todesvampiren, aber dennoch waren sie für die Vampirwelt ausgestorben.

Joel sah dem aufmerksam zu und wartete.
Er fragte sich was das war die Draceen, schon einmal hatte sie Mentor genannt, von dieser hatte er noch nie was gelernt.

Und nun hiess es warten.
Die drei Ältesten bereiteten sich vor und sprachen einige Alte Verse zum Ritual.
Schliesslich zogen sie ab in den Wald, während die Söhne stehen blieben und warteten.
Milexûs sah sich immer wieder fragend um.
Eine gute halbe Stunde war vergangen, doch von den Todesvampiren regte sich niemand mehr, alle blickten sie Konzentriert in den Wald hinaus.

Auch Joel und Edo blickten in die Ferne und hatten nicht vor die Stille etwa zu brechen.
Es war so friedlich und gleichzeitig konnte man diese Art von Ritual spüren.
Zwar schien sie veraltet und wohl nur bei den Todesvampire aktuell gewesen zu sein, aber sie verkündigte Stolz und ebenso Gefühle, Gefühle zum Gesetzt und Ehre.