RE: Haus von Frau Leni - 14

Eden wartete noch einen Moment, doch dann drückte sie die Klinke herunter und trat etwas ein.
Da merkte sie, dass er wohl gerade zu Bett gehen wollte.
"Oh", murmelte die Hexe und strich sich fragend am Hals entlang. Ob es so gut war, ihn jetzt doch noch zu fragen, ob er mit ihr nach unten gehen wollte? Eden blickte ihm fragend entgegen, trat aber noch etwas näher.
"Hi", begann sie noch und lächelte etwas scheinheilig.
"Du...wolltest gerade zu Bett gehen?"

Cheung blickte zu ihr und wollte sich gerade die restlichen Hemdknöpfe auf machen, doch er hielt inne.
"Willst du noch aus?", fragte er darauf.

Eden schüttelte lächelnd den Kopf.
"Oh, nein, nicht heute", sagte sie und betrachtete, wie er sich wohl noch die weiteren Knöpfe öffnen wollte.
Komisch war es für sie. Vor allem, weil er sich nichts daraus zu machen schien, dass sie ja hier war.
"Ich...dachte, wir lassen die Woche zusammen ausklingen. Bei einem Glas Wein?"
Fragend hob sie den Kopf, ob er überhaupt Lust dazu fand.

Cheung überlegte kurz.
Ja, warum eigentlich nicht?
Klang ja schon fast romantisch und er schmunzelte leicht.
"Was, mit Kerzen und allem? Wein klingt gut."
Ob Frau Leni sowas überhaupt im Haus hatte?

Eden grinste etwas, als er schmunzelte und sie nickte.
Daraufhin schwieg sie aber wieder, griff sanft nach seiner Hand und zog ihn mit sich aus dem Zimmer.
Sie gingen die Treppe hinab, und dann kurz darauf auch langsam in das Wohnzimmer, das tatsächlich nur durch das Kaminfeuer und ein paar Kerzen auf dem Tisch erhellt wurde. Eden war zufrieden mit ihrer Arbeit und sie wies ihm, dass er sich gerne schon setzen konnte.
Die junge Frau selbst nahm aber erst einmal die Weinfalsche zur Hand und versuchte sich daran, diese aufzubekommen.

Und tatsächlich.
Hier unten war ja alles schön eingerichtet, der Kamin hatte es in sich.
Das einzige was noch fehlte war etwas Musik, aber ob man das dem alten Radio zutrauen konnte?
Würde wohl eher nur Gejodel rauskommen. xD
Cheung setzte sich auf die Couch und er blickte zu Eden, neugierig und interessiert.
Das ganze klang vielversprechend zu werden.

Aber das war auch noch nicht alles. Eden hatte ebenso von dem bisschen Geld, das sie noch gehabt hatte, eine Platte gekauft, weil sie ja wusste, dass Frau Leni einen passenden Spieler dazu besaß. Sie holte diese aus ihrer Hülle, legte sie hinein und setzte sogleich die Nadel daraufhinab. Während Eden wieder begann, sich mit der Flasche zu befassen, setzte im Hintergrund leise Musik ein. Es war nichts, was wohl sonderlich bekannt war, aber es klang schön und passte hierzu und das war die Hauptsache.
Als Eden die Flasche hatte überlisten können, setzte sie sich neben ihn auf das gemütliche und alte Sofa und goss ihnen je beiden etwas in die bereitstehenden Gläser.
Die Hexe reichte ihm eins und das ihre in ihrer Hand.
Lächelnd sah sie zu ihm.
"Auf...", aber Eden wusste gar nicht, worauf sie am besten anstoßen sollten.
"Auf...ja, auf.." uns?

Cheung lauschte der Musik, die einsetzte.
Das hätte er der Frau Leni gar nicht zugetraut, dass sie noch solche Musik hier hatte.
Doch passend und angenehm.
Ja, jetzt fehlte nichts mehr und als Eden sich neben ihn setzte, legte er seinen Arm um sie und liess sich das Glas geben.
Auf...ja, worauf?
Mh...
"Auf heute Abend", sagte Cheung und er stiess mit ihr an.
"Gan bei."

Ja, Eden stieß mit ihm an und ließ den Arm um sich legen. Sie lächelte lieblich und nickte ihm etwas auf zu.
Ja, auf heute Abend. Das war gut.
Und Eden fühlte sich wohl, wie schon die ganze Woche nicht mehr.
Sie war die ganze Zeit sichtlich abgespannt wegen der Arbeit gewesen und den Verhältnissen dort.
Eden war froh, dass jetzt endlich Wochenende war und sie etwas Zeit für sich fand.
Sogar wohlmöglich mit ihm zusammen...es freute sie.
Und natürlich trug sie auch heute Abend die Kette, die er ihr geschenkt hatte, wie die ganze Zeit über.
Leicht lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter, zog schließlich die Beine hoch auf die Couch und machte es sich etwas bequemer.
"Wie lief die Woche für dich, Fan?", begann sie, weil sie nach einem Thema suchte.
Damit anzufangen war schwer. Alles andere würde später aus dem Bauch herauskommen.

"Anstrengend, abwechslungsreich, aufregend", sagte Cheung und er sah dann zu ihr.
Bei ihr war es wohl nicht sonderlich anders gewesen.
Ja, sonderlich fiel waren sie sich nicht mehr über den Weg gelaufen, was ihn aber auch nicht gestört hatte.
Er hatte genug zu tun gehabt bei seiner Arbeit und konnte sich jetzt ein wenig entspannen.
Cheung schwänkte kurz sein Weinglas und trank einen Schluck.
"Was denkst du?", fragte er nun.

Auch Eden trank von ihrem Weinglas und sie schmeckte diesen leicht ab.
Ja, es war nicht der Beste. Einfach, was es eben im Supermarkt zu kaufen gab.
Aber er schmeckte auch nicht so sonderlich schlecht, dass man ihn nicht trinken konnte.
Sie nickte dann etwas. Ja, nicht viel anders als bei ihr, wobei er wohl wesentlich mehr zutun gehabt hatte.
Ihre Arbeit bestand schließlich immer aus dem gleichen.
Und er hatte als Polizist schließlich auch eine große Verantwortung.
Sie hatte Respekt davor und dass er seine Arbeit dennoch zu lieben schien.
Aber sie glaubte, wäre es anders, würde man als Polizist auch nicht sonderlich weit kommen.
Auf seine Frage hin schwieg sie etwas.
"Was ich denke?", fragte Eden noch einmal nach.
"Ich denke vieles. Ich denke, dass ich froh bin, endlich zwei freie Tage vor mir zu haben. Ich denke, dass ich froh bin, heute Abend genießen zu können. Ohne morgen wieder unendlich früh aus den Federn zu müssen. Und dass ich..."
Eden hielt inne und schielte leicht rechts zu ihm auf.
"...es schön finde, die Woche so mit dir ausklingen zu lassen. Und du, Fan?"

Cheung hörte Eden gerne zu.
Er mochte es, wenn sie redete und erzählte.
Es war schön ihr zuzuhören und an ihren Gedanken teil zu haben.
Ja stimmte, Eden hatte morgen frei.
Das wohl verdiente Wochenende.
Aber sein Arbeitstag morgen hielt ihn nicht davon ab, hier diesen Abend mit ihr zu verbringen, jetzt.
Und es war schön, wie sie hier alles vorbereitet hatte, als wäre alles extra nur für ihn gedacht.
Als Eden nach seinen Gedanken fragte, überlegte er kurz.
"Ich denke an jetzt...an diesen Moment. An uns."
Er nahm einen weiteren Schluck und strich ihr mit der freien Hand etwas durchs Haar.

Eden lächelte sanft auf, wobei sie ihren Kopf immer noch an seiner Schulter hielt und halb auf der Couch lag.
Es war wunderschön so. Einfach ein gemütlicher Abend zu zweit...die Melodie des Liedes, das Feuer, welches lustig vor sich hinprasselte und die wenigen Kerzen, wie sie ihren Glanz zeigten. Eden betrachtete das alles nachdenklich, fand aber keinen Fehler darin.
Nein, so wie es war, so war es richtig und sie wünschte es sich keineswegs anders.
Aber im Grunde dachte sie noch über ganz andere Sachen nach.
Beispielsweise...sie zeigten so viel Zuneigung zueinander, machten sich Geschenke - jeder auf seine Art - und doch konnte Eden noch immer keinen klaren Gedanken fassen, was das betraf.
Wieder hob sie den Blick zu ihm auf und als er ihr durch das Haar strich, seufzte Eden wohlig und leise.
Nein, sie wollte erst einmal nichts sagen, sondern still genießen.

Cheung blickte zu ihr.
Warum antwortete sie nicht?
Weil sie es nicht wusste?
Vielleicht.
Ja, wer von ihnen wusste schon, was das hier eigentlich war.
Ein einfaches Geben und Nehmen, oder etwas stärkeres?
Während Eden schwieg, strich er weiterhin ihrem Haar entlang und blickte dann hinüber in den prasselnden Kamin.
Diese alte Bude wirkte auf einmal wirklich gemütlich, wie oft würde er sich noch daran erinnern, wenn er einmal wieder in Hong Kong ist.
Ja, Hong Kong.
Auch etwas, worüber er bald einmal mit ihr sprechen sollte.
Aber musste er denn? War es denn nötig?
Er konnte es nicht sagen, weil das, was sie hier hatten, irgendwie nicht zuordbar war.
Es war schwierig und kompliziert.
Wie weit hatte Eden an seinem Leben teil und wie er in ihrem?
Er lehnte leicht seinen Kopf an den ihren und beschloss, nichts von Hong Kong zu erzählen, nein.
Sie hatten eine harte Woche gehabt und wollten jetzt ausspannen.

Eden schwieg lang und das fiel ihr auch nicht schwer. Sie schwieg oft und auch Cheung zog es auch meist vor, nicht zu sprechen.
Aber seine Gründe dafür kannte sie nicht.
Für sich selbst aber wusste sie, dass sie immer erst über etwas nachdenken musste, bevor sie richtig reagierte.
Die Vergangenheit hatte sie geprägt und daher wollte sie nie wieder etwas überstürzen.
Nein.
Niemals.
Eden schloss einen Moment die Augen und sie fühlte sich gut so.
Was aber würde werden, wenn die drei Monate rum waren?
Was aber war auch, wenn Cheung schon nächste Woche wieder zurück nach China ging?
Schließlich wusste sie, dass er ein Austausch war und auch, was das bedeutete...und wenn sein Vorgesetzter ihn wieder zurückziehen würde, so würde er gehen, hatte er gesagt.
Ihre Lippen bewegten sich lautlos, während sie immer wieder von stumm, zu flüsternd und dann immer ein kleines Stück lauter werdend einige Worte murmelte:
"Man sieht oft etwas hundert Mal, tausend Mal, ehe man es zum allerersten Mal wirklich sieht."
Es war ein Zitat, das ihr in den Sinn gekommen war und bei dem sie fand, dass es passte.
Eden setzte das Glas an ihre rosigen Lippen und trank von dem Wein.
Nur langsam fuhr sie sich kurz darauf bedächtig mit der Zunge darüber.
Was er wohl jetzt dachte?