RE: Haus von Frau Leni - 16

Seine ehrliche Antwort traf sie wesentlich fester als erwartet.
Sie schluckte etwas und nickte schlussendlich.
Gut, dann wusste sie jetzt wenigstens, woran sie war.
Eden versuchte sich einzureden, dass es sogar sehr gut war, dass sie das geklärt hatten.
Ihre Miene wurde fester und sie schwieg.
Wenn doch da nicht diese Seite an ihr gewesen wäre, die auf keinen Fall wollte, dass er ging..
Sie griff nach seiner Hand, atmte tief durch und sah etwas offener zu ihm auf.
"Dann wünsche ich dir nur das Beste, Fan."

Cheung drückte ihre Hand und ihre Worte taten gut.
Ja, Eden war eine gute Frau, die besseres verdient hatte, als hier zu leben.
Die es verdient hatte frei zu sein und jemanden zu habe, der sie liebte und sich auch für immer um sie kümmerte.
Ja, auch er wünschte ihr nur das Beste und wusste, dass er in Zukunft auch immer schön an sie zurück denken würde.
An Eden, an dieses Haus.
Sogar liebevoll auf Frau Leni und ihr wunderbares Essen.
So schnell und unerwartet er damals bei Kai Wong den Auftrag bekommen hatte, hierher zu kommen, würde er eines Tages wohl allen übels wieder abreisen müssen.
Das Leben war hart.
Man musste jeden Tag geniessen und etwas schönes finden.
Die Erinnerungen waren es, auf die man zurück blicken konnte und das Erlebte noch einmal ersehnen.
Cheung strich Eden über die Hand und er blickte liebevoll zu ihr.
Ja, das Beste wünschte er auch ihr.

Eden fühlte sich hin und hergerissen.
Wie schwer es doch manchmal war, seinem Blick stand zu halten.
Wie schwer es war, mit dieser liebevollen Art klarzukommen, ohne sich wohlmöglich etwas falsches dabei zu denken.
Sie kuschelte sich wieder etwas an ihn und wollte jede Sekunde genießen, die sie noch zusammen hatten.
Wer wusste schon, ob es nicht morgen bereits vorbei war?
Und sollte es wohlmöglich so sein, so wollte sie sich keine Vorwürfe machen, nicht lange genug bei ihm gewesen zu sein.
Dass sich ihre Wege wieder trennen würden, wie sie zusammengefunden hatten, war nun kein Geheimnis mehr.
Eden seufzte innerlich.
Warum konnte er nur nicht einfach bleiben?
So schwer tat sie sich damit. Es war fast schon merkwürdig.
"Aber was wird dich dort erwarten, Fan?", [/size]hauchte sie nun leise an sein Ohr.[size=85] "Was wird dich erwarten?"

Aber was wird dich dort erwarten, Fan?
Wie sie diese Worte flüsterte...schon fast flehentlich.
Und was sie in ihm bewirkten.
Nein, er konnte nicht bleiben!
Musste gehn.
Sie durfte und konnte ihn nicht umstimmen.
"Eden, ich...sie brauchen mich dort", sagte er und griff ihre Hand.
Er schüttelte den Kopf.
Was ihn erwartete...
Nicht viel anderes als hier.
Weniger sogar, er würde wieder alleine sein.

Aber was war, wenn sie ihn brauchte?
Was würde geschehen, wenn er nicht mehr da war?
Als sie sich nicht gekannt hatten, hatte sich die junge Frau wie eh und je durchs Leben geschlagen.
Hatte es auch allein geschafft.
Aber er gab ihr so viel Liebe, Nuneigung und Geborgenheit.
Jetzt, da sie wusste, wie sich das anfühlte...wie sollte damit klarkommen, wenn er wieder weg war?
Sie brauchen mich dort..
Eden hob den Blick und sah mit hilflosen Augen zu ihm.
Brauche ich dich etwa nicht?
Natürlich verstand sie das!
Wie konnte sie auch nicht?
Aber es fiel ihr so schwer, einfach einzusehen, dass er gehen würde. Letztendlich.

Cheung blickte in Edens Augen, wie hilflos sie doch gerade wirkte.
Verstammt, sie waren schon zu weit gegangen!
Zu weit!
Genau das, was er befürchtet hatte.
Niemals hatte er gewollt, dass Eden verletzt würde...das sie mehr empfand.
Es tat ihm leid.
Doch diese Worte brachte er nicht über die Lippen, nein.
Sich zu entschuldigen würde eine Bestätigung bedeuten.
Bestätigung für etwas, das er nicht wahrhaben wollte.
Bestätigung dafür, dass sie sich gerne hatten.
Mochten...
Mehr mochten.
Liebten?
Vielleicht im tiefsten innern, ja.

Dass er schwieg, war ihr ein Zeichen, dass das ganze gar nicht so gut für ihn war.
Wohlmöglich wollte er das vielleicht gar nicht.
Und Eden würde es natürlich verstehen.
Ganz klar.
Aber sie kam nicht umhin, ihn noch einen Moment so zu betrachten.
Vielleicht würde er sich erweichen lassen?
Jedoch zeigte Cheung keine Reaktion und sie erwiederte nun den Druck auf ihre Hand.
"Es ist egal, was kommt, aber nicht, was ist", flüsterte die junge Frau.
Sie sagte es, damit er sich keine Vorwürfe oder ähnliches machen würde.
Natürlich war ihr nicht egal, was kam..
Aber was sollte sie schon tun?
Außer ihn anzusehen und sie an ihn zu schmiegen, blieb ihr ja nicht viel über.
Sie war nur froh, wenn er nicht einfach gehen würde.
Mehr wollte sie ja gar nicht.
Nur, dass er hier bei ihr war...jetzt.

Cheung blickte zu Eden und er nickte für sich.
Ja, vielleicht waren sie beide hier nicht geschaffen auf ewig zusammen zu bleiben.
Ihr Schicksal mochte anders ausgehn...getrennt ausgehn.
Doch was zählte, war, dass sie jetzt beieinander waren.
Dieser Moment war für sie geschaffen.
Dieser Moment war für sie bestimmt und so legte Cheung seinen freien Arm wieder um Eden und er schmiegte diese an sich heran.
Draussen war es bereits finster und hier drinnen blieb es warm und hell.
Was Eden da sagte, war lieb gemeint, doch ob sie es selbst so empfand?
Er wusste es nicht.
Doch sie hatten einander, und für heute war es das, was zählte.

Eden war froh, dass er sie wieder an sich heranzog, blickte leicht zu ihm auf und nickte wissend.
Es war gut, wenn sie sich in dieser Beziehung mehr zurückhielt.
Wohl für sie beide.
Schließlich würde es sie am Ende sonst nur verletzen und ihm machte sie ja auch keine Freude damit.
Dennoch legte sie ihre Arme um die den seinen und legte den Kopf wieder an seine Schulter.
Was schade war, dass sie jetzt scheinbar beide so sehr ins Schweigen versunken waren.
Eden wollte das gerne ändern.
"Ich...habe so vieles von mir erzählt. Bitte, ich möchte mehr über dich wissen, Fan."
Lieblich betrachtete sie dabei das tanzende Feuer im Kamin.

Cheung fand es angenehm so, jetzt.
Sie sassen hier zusammen bei dem gemütlichen Kaminfeuer und morgen wurde er auch schon 42.
Gut, dass die im Büro nichts davon wussten.
Er hatte es ihnen nicht gesagt und wollte den Tag auch nicht extra feiern.
Trixie lag schliesslich noch im Krankenhaus und da sah er keinen Grund, im Geschäft gross zu feiern.
Ausserdem hatte er das in den letzten zwei Wochen genug getan, mit Sams Geburtstag und seinem Abzeichen.
Das hier war schon fast etwas wie ein Geburtstag für ihn.
Es war entspannend und schön.
Von sich erzählen?
Ach, es gab so vieles zu erzählen bei jedem Menschen.
Doch gerade dann, wenn man davon sprechen sollte, kam so nichts.
Wo sollte man anfangen?
"Was möchtest du wissen?", fragte er.

Eden lächelte sanft, zog die Decke höher an sich und ihr Gesicht schien im Schein des Feuers weicher zu werden.
Einen Moment überlegte sie.
Ja, was wollte sie denn wissen über ihn?
Etwas ganz bestimmtes vielleicht?
Eden konnte sich nicht festlegen und verzog etwas den Mund.
Eigentlich wollte sie so vieles wissen. Alles, was er ihr erzählen würde.
"Ich...weiß nicht. Wo genau bist du aufgewachsen? Und...was hast du da so getrieben? Wie kam es, dass du Polizist wurdest? War das schon immer dein Wunsch? Hast du noch Kontakt zu deinen Eltern? Wenn du wieder in China lebst, lebst du da in dem Ort, in dem du aufgewachsen bist oder direkt in Hong Kong? Wann wurdest du geboren? Was ist dein Lieblingslied? Was ist deine Lieblingsbeschäftigung neben dem Jagen von Ganoven? Wie...", aber Eden hielt inne.
Sie lachte leise und hell auf. Leicht entschuldigend hob sie den Kopf und warf ihm einen Luftkuss als Entschuldigung zu, dass sie ihn so bombadierte.

Cheung musste leicht lachen.
Eden wollte wirklich viel wissen, was sollte er da denn schon antworten?
Nein, er mochte keine Monolöge halten und stellte sein Glas dann.
"Also schön...sag mir rechtzeitig, wenn ich dich langweile", warnte er sie schonmal vor.
"Ich bin in Guangzhou aufgewachsen, das ist die Hauptstadt in der Provinz Goundong, südlich in China. Ich bin Einzelkind und meine Eltern leben noch, beide. Ich habe schon lange keinen Kontakt mehr mit ihnen gehabt, nein. Weil ich nicht besonders gut war in der Schule, habe ich nach der Mittelschule die Militärsakademie besucht einige Jahre. Und dann...bin ich Polizist geworden. So einfach ist das."

Eden schmunzelte etwas für sich, als er so lachte. Es tat ihrer Seele besonders gut, so etwas von ihm zu hören.
Weil es nunmal nicht alltäglich war und jedes Mal etwas ganz besonderes.
Und dann lauschte sie und schloss wieder die Augen, um auch ja nicht mit den Gedanken abzuschweifen und alles gut verstehen zu können.
Aber Eden war erstaunt darüber, was er ihr sagte.
Genau das Gegenteil hatte sie erwartet!
Dass er noch Kontakt zu ihnen habe und vor allem, dass er gut in der Schule gewesen sei!
Etwas sprachlos richtete sie sich ein Stück auf, grinste aber dann aufrichtig.
"Du steckst tatsächlich voller Überraschungen, Fan Cheung", teilte sie ihm mit und ließ sich wieder an seine Schulter sinken.
"Aber nun erzähl schon weiter! Damit sind meine Fragen noch nicht alle beantwortet."
Gespannt wartete sie, ob er überhaupt erzählen wollte.

Cheung kratzte sich kurz am Hinterkopf.
Ach herrjeh, was hatte sie denn alles noch wissen wollen?
Lieblingsbeschäftigungen...
"Ich lese gerne", sagte Cheung.
"Glaubst du mir das? Und ich habe mir einmal ein Segelboot gekauft, mein Vater war Fischer, und so bin ich oftmals an irgendwelchen Doks."

Eden lächelte sanft auf, nahm seine Hand und strich wohlwollend darüber.
Als er sagte, er lese gerne, blickte sie einen Moment zweifelnd zu ihm.
Wollte er sich lustig über sie machen? xD
Eden grinste aber und nickte.
Doch, doch. Sie glaubte es ihm, wenn er es ihr sagte.
"Was liest du denn so gerne? Und du...!", die Hexe hielt inne.
Er hatte ein Segelboot?
Eden schloss die Augen und diesen einen Augenblick wollte sie sich nur zu gerne vorstellen, was für eine super Figur er wohl auf so einem Ding machte. Gerne würde sie das einmal sehen. Nur einmal.