RE: Haus von Frau Leni - 15

Man sieht oft etwas hundert Mal, tausend Mal, ehe man es zum allerersten Mal wirklich sieht.
Cheung dachte über diese Worte nach.
Für ihn waren sie nicht leicht zu verstehn, doch es klang sehr schön.
Sehr poetisch.
War das von ihr?
Ja, es gab so viele Dinge auf dieser Welt zu sehn, und doch nicht genug.
Und doch brachte jeder Tag etwas neues.
Etwas, das einem so erstaunte vorher nicht bemerkt zu haben.
Und wie war es mit ihnen?
Würden sie sich überhaupt jemals sehn?
Wirklich richtig sehn?
Die schöne Musik entspannte wirklich und Cheung schmiegte Eden etwas mehr an sich.
Es war wundervoll zu wissen gerade jetzt eine Frau bei sich zu haben.
Ja, er fühlte sich nicht einsam.
Sondern geborgen.
Nicht geliebt, aber gewollt.

Eden ließ es mit sich geschehen, aber erst, nachdem sie das Glas auf den Tisch gestellt hatte.
Sie lehnte sich wieder gemütlich zurück und kuschelte sich an ihn.
Das hier war tausendmal besser, als ein Abend im Kino.
Tausendmal besser als ein Spaziergang.
Sehr viel besser.
Eden legte eine Hand auf seinen Oberschenkel und strich nachdenklich jedoch vorsichtig mit den Fingerspitzen daran entlang.
Es war schön, ihn bei sich zu wissen.
Ob er wohl je merken würde, wie schön das tatsächlich für sie war?
Sie wusste nicht, was sie fühlte, nur, dass sie etwas fühlte.
Aber im Grunde tat es nichts zur Sache.
Nicht wirklich zumindest.
Nicht für ihn..
"Wie laufen eure Ermittlungegen gegen diesen Gangster aus China?", wollte sie nun ganz unvermittelt wissen.

Cheung schüttelte den Kopf.
"Wir sind noch nicht weiter gekommen", sagte er.
"Eden-"
Er stellte sein Glas ab, doch konnte nicht weiter sprechen.
Nein, er konnte nicht weiter sprechen, brachte kein Wort heraus.
Anstatt zu reden, fasste er Eden an den Wangen und beugte sich zu ihr.
Er küsste sie zärtlich.

Erleichterung kam in ihr auf. Vielleicht würde er dann doch nicht schon so bald gehen?
Doch da sprach er schon ihren Namen, nahm sie an den Wangen und küsste sie zärtlich.
Während sich ihre Lippen berührten, stand sie sichtlich unter Strom und musste sich etwas aufrichten, um den Kuss erwiedern zu können.
Aber warum tat sie das alles hier eigentlich?
Das hatte sie doch sonst zuvor auch nicht!
Hatte sich nie sonderlich darum gescherrt, ob man sie nun mochte oder nicht!
Hatte sich nie darum gekümmert, was vor allem die Männer dachten.
Denn gerade sie waren es doch gewesen, die sie stets und ständig immer wieder verletzt hatten!
Und das, ohne es zu wissen.
Eden seufzte in den Kuss hinein, unterbrach diesen aber von einer Sekunde auf die andere und drückte ihn ein Stück sanft fort von sich.
Mit bebenden Lippen blickte die junge Hexe dem Inspektor entgegen und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.
Das hier musste jetzt endlich mal etwas planmäßiges bekommen!
Oder zumindest etwas ähnliches!
Sie konnte nicht hoffen und dann doch wieder abwehren.
Konnte ihn nicht erst anmachen und wieder abblitzen lassen.
Sie musste sich endlich mal klar werden...!
Aber Eden sah ihm in die Augen und so schön und treu wie sie aussahen...welches Herz einer Frau hätte da schon widerstehen können?
Sie legte ihm lieblich eine Hand an die Wange, beugte sich selbst wieder nach vorn und startete einen erneuten Kuss.

Als Eden von ihm abliess, und ihn leicht von sich drückte, blickte Cheung leicht unbeholfen zu Eden.
Sie wollte nicht.
Vielleicht war sie verwirrt, ja...wusste nicht, was er von ihr wollte.
Was sie wollte.
Und er verstand.
Er verstand sie gut und war in diesem Moment auch bereit, das alles zu akzeptieren, zu akzeptieren, dass es so nicht weiterging.
Doch dann kam sie auf einmal wieder.
Unerwartet.
Die ganze Situation hier, es war ein Tun und Lassen gleichzeitig, ein richtiges Schwanken.
Als sie den erneuten Kuss startete, richtete sich Cheung ihr etwas entgegen und er seufzte leise, während er den Kuss in vollen Zügen genoss und erwiderte.
Seine Hände fassten ihre Arme.
Sanft und dennoch, um an ihr Halt zu finden, zu spühren, wann sie von ihm ablassen wollte und wann nicht.

Eden schloss schmerzlichst die Augen, während sie ihn immer und immer wieder küsste.
Ganz liebvoll nur und mit der Zeit wurde sie wieder zurückhaltender, aber hörte nicht auf.
Verdammt!
In ihr schrie es!
Warum musste das hier auch so kompliziert sein?
Wer dachte sich so etwas aus?
Wer...wer war der Übeltäter, der Gefühle hatte erfunden?
In diesem Moment wollte sie ihn sich am liebsten eingenhändig vorknöpfen!
Warum tat es nur so gut, wenn es sie gleichzeitig auch schmerzte?
Weil ihr so langsam etwas bewusst wurde:
Ohne ihn war sie einsam, aber ein Mit-Ihm gab es nicht, weil er nicht wollen würde.
Und das wusste sie, ohne, dass er es ihr offen gesagt hatte.
Was war aber, wenn sie sich diese Gefühle aber auch nur einbildete?
Wenn es wirklich nur ihre Einsamkeit war, die sie dazu trieb?
Eden lachte innerlich bitter auf.
Ja, klar. Das war ja mal so unlogisch.
Langsam löste sie ihre Arme aus seinem Griff, schlang sie zärtlich um seinen Hals und zog ihn näher an sich.
Er raubte ihr tatsächlich den Atem. Und das heute nicht zum ersten Male.
Sollte sie ihn vielleicht darauf ansprechen?
Was aber war, wenn er dann selbst das beendete, was da zwischen ihnen beiden bis jetzt war...ganz gleich, dass sie dafür keine Bezeichnung hatte?

Cheung liess sich etwas näher zu ihr ziehn und drückte sie dann selbst auch noch etwas mehr gegen die Couch, während er nicht aufhörte sie zu küssen und ihren Duft einatmete.
So viele Gedanken wie Eden jetzt gerade, machte er sich nicht.
Würde sie abbrechen, so würde er es zulassen.
Wenn nicht, dann wollte er den Moment auskosten und geniessen.
Wer wusste, wie oft sie noch Gelegenheit dazu hatten.
Seine Hand streifte unter ihre Bluse, wo er sie dann zärtlich streichte und mit seinen Lippen die ihre liebkoste.
Die Musik im Hintergrund war längst vergessen und nur noch nebensächlich geworden.

Eden atmete nur noch vorsichtig ein, damit sie nichts von dem Kuss verpasste.
Natürlich ließ sie sich willig hinab auf die Couch drücken und fuhr Fan bedächtig immer wieder am Nacken entlang, über seinen Rücken, seine Arme...das Gesicht.
Sie öffnete ihren Mund etwas und stupste mit ihrer Zunge gegen seine Lippen.
Die junge Frau lächelte sanft auf und sie liebte es einfach nur, seine starken Arme um sich zu wissen.
Schweigsam lauschte sie seinem Atem, hielte dabei die Augen geschlossen und als er ihr mit der Hand unter die Bluse fuhr, wurde ihre Miene weicher und wie als Antwort fuhr sie ihm abermals am Hals entlang, ließ schließlich von seinem Mund ab und begann ihn liebevoll am Nacken zu küssen.

Cheung schloss die Augen und er erwiderte den Kuss zärtlich und mit Lust.
Jedoch irgend einmal hörte er auf und ging nicht weiter.
Er zog seine Hand aus Edens Bluse heraus und strich ihr über die Wange.
Er wusste nicht was, aber irgend ewas hielt ihn zurück.

Eden blinzelte, als er auf einmal aufhörte und verstand nicht recht.
Da lag sie nun also halb auf der Couch, im Hintergrund das Knistern des Feuers und er strich ihr über die Wange.
Ihre Miene wurde ein wenig fragend.
Hatte sie wohlmöglich etwas falsch gemacht?
Eden biss sich auf die Lippen, richtete sich ein Stück auf und blickte zur Seite, halb gesenkt.
"Tut...tut mir leid."

Cheung verharrte in dieser Stellung und er blickte lieblich auf Eden herab.
Nein, leid musste es ihr nicht tun.
War doch nichts passiert.
Und nicht sie hatte abgebrochen, sondern er, zu seinem erstaunen.
"Ich brauch etwas mehr Zeit", erklärte er.
"Mich darauf einzustellen, was mit uns ist."

Mich darauf einzustellen, was mit uns ist..., ging es ihr durch den Kopf und ihr fiel es schwer, seinen lieblichen Blick zu erwiedern.
Sie schluckte daraufhin, beugte sich zu dem Glas, das auf dem Tisch verharrte und trank daraufhin einige Schlucke.
Wirklich, was für eine Aussage.
"Was mit uns ist?", wandte sie sich wieder etwas fragend an ihn, hielt das Glas aber noch in der Hand.
Eden verstand nicht, was er hatte.
War ihm plötzlich die Lust wieder vergangen?
Sich vorzustellen, dass Männer auch tiefgründiger über etwas nachdachten, kam ihr nicht in den Sinn.
Aber nicht, weil sie daran zweifelte, dass sie es ebenso konnten, sie kannte es nur nicht.

Cheung beobachtete Eden gut, was sie tat und wie sie ihr Glas griff.
Sie schien enttäuscht.
Das verstand er.
"Eden, was möchtest du?", fragte er nun sie.
"Möchtest du...möchtest du mehr? Du weisst, ich lebe in Hong Kong. Dort ist meine Welt...nicht hier."

Eden stellte das Glas wieder zurück, nahm sich eine Decke, wickelte sich darin ein, zog ihre Beine wieder nach oben, lehnte sich erst zurück, doch dann wieder etwas den Kopf an ihn und sie blickte zu der Kaminstelle.
Ja, was wollte sie?
Innerlich lachte die junge Frau bitter auf.
Sie wusste es nicht.
Wusste nur, dass sie nicht wieder einsam sein wollte.
Und wenn er hier bei ihr war, dann fühlte sie sich vollkommen und gut.
Dass Hong Kong seine Heimat war, das wusste sie und sie würde sich nicht an ihn klammern, dass er nicht ging.
Aber dass er dennoch fortging, wollte sie genauso wenig.
Er hatte sie nach so langer Zeit glücklich gemacht, wie sollte sie das denn anders verkraften, als mit neuen Gefühlen?
"Was willst du denn?", stellte sie nun die Gegenfrage.
Egal, was er sagte. Sie würde es akzeptieren und hinnehmen.

Cheung griff nun ebenfalls nach seinem Glas und trank einen Schluck.
Es war schön warm hier drinnen und durch die Kerzen und den Kamin das Licht in einem schönen, friedlichen Orangeton.
"Wenn ich hier fertig bin, dann werde ich gehn", anwtortete er ihr ehrlich und er blickte dann zu Eden.
Wie dachte sie darüber?