RE: Quelle - 25

Mary sah den beiden zu und senkte den Kopf.
Als Lady Ester dann gehen wollte, erkannte sie erst das Gesicht in ihr wieder. Sie war doch dieses arme Mädchen bei den Schattenvampiren gewesen! Mary hielt den Atem an, als Edoardo mit Tränen in den Augen in Richtung Tür sah, sich an die Brust faste und umfiel.
Sofort schlug sich die junge Frau die Hände vor den Mund, ließ den Kerzenhalten fallen und lief zu Edoardo, zu dem sie sich nach unten beugte.
"H-herr Graf?", fragte Mary und schien besorgt.
Sie wollte ihm helfen, aber wie?!

Lady Esther blieb wo sie war und kurze Zeit kam der Diener herein, der schon vorher den Wein bringen wollte.
"Mein Herr!"
Samir sah erschrocken zu Edoardo, wandte sich dann aber zu Lady Esther und kniete nieder vor ihr.
Lady Esther berührte kurz seine Stirn.
Es war keine Zeit, der Diener dachte wohl, das Edoardo tot war.
Doch das war er bestimmt nicht.
"Dein Herr wird fortan in meiner Obhut leben", sagte Lady Esther und auf einmal hatte sie den Ton und den Status gewechselt.
Obwohl Edoardo noch am Boden lag, hob sie nun den Kopf und sprach in aller Ruhe, als sei nichts gewesen.
Samir verneigte sich und schnell stand er auf.
Er blickte kurz zu Mary und sah dann zu seiner erleichertung, das der Graf noch lebte.
Lady Esther trat hinaus und lief davon.
Man konnte ihre Schritte deutlich in den Gängen hören.
Immer leiser wurden sie.

Mary starrte Edoardo besorgt an und dachte immer noch krampfhaft nach, was sie für ihn tun konnte.
Dass er nicht sterben würde, konnte sie sich denken, nur ging es ihm wohl trotzdem im Augenblick nicht sehr blendent.
Sie seufzte leise und sah dann zu Samir auf. Wer war das denn nun wieder? Es war immer wieder ein komisches Gefühl, alleine in irgendeiner Erinnerung von einer fremden Person zu sein.
Dann erhob sie sich wieder und schaute immer noch zu Samir.

"Mein Herr", Samir sah besorgt zu Edoardo und blieb noch sitzen.
Dann sah er fragend zu Mary und er war kurz etwas still.
"Du bist kein Diener", sagte er schliesslich und er stand auf.

Mary sah zu Samir und verzog etwas den Mund.
Irgendwie hatte sie sich das mit dem Mundverziehen mal von Cyrill abgeguckt. xDD
"Tja..ähm...nicht wirklich, nein."
Mary sah etwas peinlich berührt zu Boden und kaute auf ihrer Unterlippe.

Draussen waren nun Stimmen zu hören und schnelle Schritte.
Die Ärzte kamen herein und es wurde gehandelt.
In aller schnelle trug man den Grafen davon und Mary und Samir blieben alleine zurück.
Samir trat einen Schritt auf Mary zu.
Sein Gesichtsausdruck war ernst, warum hatte sie sich hier eingeschlichen?
Oder wenn...
"Bitte verzeih, bist du die Geliebte des Grafen?"

Mary schritt etwas zurück und starrte ihn ungläubig an.
"Nein...nein!"
Die junge Frau senkte den Blick. War sie denn von allen guten Geistern verlassen?
Dies hier war nicht Joel, dem sie einfach sagen konnte, dass sie aus einer anderen Zeit kam. Vielleicht war es besser zu lügen. Der Graf war ohnehin nicht hier, nicht zu diesem Zeitpunkt.
"Nun, eigentlich doch."

Samir gab sich damit zufrieden.
Ja, es sah seinem meister ähnlich, seine Liebste in einen Knappen zu verkleiden.
Wenn jemand etwas Unmögliches Möglich macht, dann war es der Graf.
"Bitte verzeiht."
Schnell verneigte sich Samir.
"Eine schreckliche Nacht, habt Ihr erfahren, was dem Grafen zugestossen?"

"Oh nein, verneigt Euch bitte nicht vor mir!", meinte Mary sofort und sah etwas unsicher auf ihn hinab.
Dann allerdings schüttelte sie nachdenklich den Kopf und seufzte leise.
"Nein, könnt Ihr es mir sagen? Ich...ich habe nur die Leiche gesehen."

Samir richtete sich wieder auf.
"Ich werde euch davon berichten, bitte lasst mich kurz die Worte suchen."
Er machte kurz eine Pause. xD
Dann sprach er. "Zweifellos seid Ihr über die heutige Hochzeit vom Grafen informiert worden. Umsomehr erstaunt es mich, euch hier vorzufinden. Aber verzeiht, solche Dinge gehen mich nichts an. Nun, wie...es ist schwer mich auszudrücken, ich schwebe noch in Trauer um meinen armen Herren."
Samir atmete kurz tief durch.
"Der Graf hat seine Gattin heute in der Hochzeitsnacht zu tode gebissen."

Mary verzog wieder etwas den Mund und setzte einen besorgten Gesichtsausdruck auf.
In gewisser Weise war der Ausdruck gespielt, in gewisser Weise auch echt. Es tat ihr leid um die arme Frau und auch um den Grafen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er es mit Absicht getan hatte. Wieder senkte sie den Blick und nickte leicht, um ihm zu zeigen, dass sie es zur Kenntnis genommen hatte.
"Das...das ist furchtbar. Wirklich...furchtbar", flüsterte sie in den Raum hinein.
"Undenkbar ebenso...er sah so-so fertig aus. Er tut mir so leid."

Samir nickte leicht.
Ja, einem Mann konnte nichts schlimmeres passieren als das, zumindest so Samirs Ansicht.
Viele fürchteten sich daher zu tode gebissen zu werden, das war nichtmal so unüblich.
Doch für die Geliebte Edoardos musste das wohl eher ein Glücksfall sein, daher sparte sich Samir einen Kommentar über die Verstorbene.
Nein, lieber nicht zu viel reden.
"Doch Ihre Hoheit, Lady Esther hat die Güte den Grafen bei sich aufzunehmen, darüber bin ich sehr froh. Ich nehme an, das man euch ebenfalls ein Gemach dort einrichten lässt."

Mary nickte leicht.
Natürlich war das nicht so, weil der Graf die junge Frau ja nicht einmal kannte, aber was sollte sie sonst sagen?
Mit jeder anderen Reaktion hätte sie sich nur unnötig verraten.
"Ich bin froh, dass sie ihn bei sich aufnimmt. Dort wird es ihm sicher besser gehen", meinte sie noch.
"W-wo haben sie ihn denn jetzt hingebracht?"

"Zu Lady Esther", sagte Samir und er war sich dessen sicher.
Ganz sicher sogar.
"Wenn Ihr mich entschuldigt, ich muss noch etwas erledigen."

"Oh...ähm...ja, natürlich", nickte Mary und er konnte natürlich gehen. *g*
Sie fühlte sich noch immer etwas unwohl und ihre Gedanken waren beim Grafen. Die Tränen in seinen Augen hatten sie tief berührt.
Sie selbst hatte lang nicht mehr geweint. Grund dafür war wohl ihre Tochter Joelina. Ihr kleiner Sonnenschein, ja, das war sie.
Mary blickte weiterhin nachdenklich zu Samir.