RE: Quelle - 67

Mary wollte schon lächeln, doch dann sah sie wie Jade schluckte.
War das denn nicht gut? Ihr Blick wurde leicht verständnissuchend und sie trat näher an Jade heran.
Zwar wusste sie, dass die Söhne in Otopia geopfert wurden, aber wenn er schon 5 war, dann konnte es doch nicht ihr erster sein?
"Was bedeutet das?", fragte die junge Mara.

Jade sah nun zu ihr, aufrichtig.
"Dass bedeutet, dass er heute in Ehre sterben wird", sagte sie und sie strich kurz ihr Kleid glatt.
"Ich bin...sehr stolz, eine stolze Mutter. Mir wird heute sehr viel Ehre zuteil."

Mary atmete lauter durch, als sie eigentlich wollte und ohne ein weiteres Wort trat sie an das Steinbecken, um sich selbst auch die Hände zu waschen. Leicht blieb ihr Blick an dem Blutwasser hängen, das über ihre Finger perlte und sie sah auf, in den Spiegel.
Natürlich war es schrecklich, für sie zumindest.
Und wieder einmal wurde ihr bewusst, dass sie noch so viel über Otopia zu lernen hatte und dass sie wohl selbst in den nächsten 300 Jahren nicht mindest so viel wissen würde, wie sie es doch eigentlich wollte.
Dennoch, allein das Wissen über Otopia reichte nicht und das hatte sie auf alle Fälle schon gelernt.
Man musste mit Herz und Seele dabei stehen, um die Ehre auch wirklich annehmen und sehen zu können, wenn sie da war.
"Dann ist das tatsächlich ein...besonderer Tag für dich. Für euch."

Jade nickte.
Sie atmete leicht aus, frustriert.
"Es ist nicht leicht", sagte sie.
"Ich rede mir immer wieder ein, dass es gut ist - was es ja auch ist! Aber...es gelingt mir nicht, nur schwer. Man könnte mich eine schlechte Mara nennen, vielleicht bin ich das sogar."

Mary lächelte sanft auf und wandte sich ebenso zu ihr um.
"Nein, das bist du sicher nicht", erwiederte die Mara sogleich bestimmt und trat wieder näher zu Jade.
"Ich kann dich total verstehen. Denk nicht, dass du schlecht bist, nur weil du dein Kind liebst."
Sie sah aufrichtig zu ihr und schenkte ihr einen aufmunternden Blick.
Ja, Mary konnte Jade sehr gut verstehen.

Jade lächelte nun leicht.
"Ich danke dir."
Daraufhin öffnete sich die Türe und Jade trat einige Schritte zurück, wobei sie sich verbeugte und ihren Kopf demütig sank.
Der 19 jährige Lajos war es, der eintrat und die beiden Maren vorfand.
"Ich...komme wegen dem...Gemach", sagte er, während er seiner Frau leicht zunickte und sein Blick dann interessiert auf Mary hängen blieb.

Eloise lauschte ihm schweigend und dachte eine Weile schweigend nach, bevor sie weitersprach.
"Also sind wir hier in... Otopia?" Sie wollte alles richtig verstehen, um Fehler zu vermeiden.
"3000 Jahre?" Plötzlich lächelte sie.
Die vergangene Zeit hatte sie schon oft mehr interessiert, als die, in der sie lebte.
"Ist das so schlimm?" fragte Eloise dann und meinte damit natürlich ihre Zähne.

[*freu* es geht wieder ]

Mary erwiederte das Lächeln, welches allerdings sofort erstarrte, als die Türe aufging.
Ihr Blick ging zu dem jungen Lajos und ebenso wie Jade es tat, senkte auch sie demütig ihren Oberkörper vor ihm.
Eben, wie es sich gehörte. Schließlich wagte sie es, den Blick wieder zu heben, da er sie ja ansprach.
"Es ist wirklich äußerst freundlich von Euch, mir doch noch mein eigenes Gemach zukommen zu lassen. Ich danke Euch."
Als dementsprechendes Zeichen, dass sie dankbar war, über die Freundlichkeit, neigte sie ihr Haupt noch einmal vor ihm.
Sein interessierter Blick war ihr natürlich nicht entgangen und sie erinnerte sich, dass er sie am Tag zuvor schon einmal so angesehen hatte.

Mentor spitzte kurz die Lippen.
"nun, ein Mensch unter Vampiren...möchtest du denn gebissen werden? Ich glaube kaum. Ausserdem bin ich hier bloss Gast, wie du."

Lajos erwiderte mit einem leichten nicken, als er dann die Hand hob und nach aussen deutete, um Mary den vortritt zu lassen.
"Aber nicht doch...es ist mir...eine...besondere...Ehre."

Mary lächelte daraufhin und sah noch einmal zu Jade zurück.
Mit ihrem Blick bedankte sie sich noch ein weiteres Mal bei ihr und schließlich folgte sie Lajos Weisung.
Sie wollte ja nicht unhöflich sein.
Draußen wartete die junge Mara und sah den Gang entlang. Sie wusste ja nicht, wo es jetzt hingehen würde.

Jade senkte ihr Haupt vor Mary und vor ihrem Gemahl verbeugte sie sich dann demütig.
Daraufhin schloss sich die Türe und Lajos lief wortlos voran.
Es war Totenstille im ganzen Anwesen, die beiden waren zur Zeit womöglich die einzigen, die in den Gängen herum gingen, denn die Männer schliefen und die Frauen durften nicht herausgehn.
"Ich muss zuerst etwas...abgeben", sagte Lajos, während er mit Mary im Rücken um eine Ecke bog.
Er hielt ein altes, schweres Buch in seiner Hand, dass er noch in die Bibliothek bringen musste und er glitt mit seiner Hand kurz über dessen Buchrücken.
Die Korridore, die sie nun entlang gingen, führten tiefer in das Anwesen hinein, und je tiefer sie auch gingen, umso mehr nebel kam.

Mary folgte dem Todesvampir schweigend durch die steinernden Gänge des Anwesens und dass er noch etwas abzugeben hatte, wollte sie für sich als Chance nutzen. Schließlich bekam sie ja sonst nicht viel von dem Gebäude zu sehen und mit ihm als Begleitung konnte sich das vielleicht für einige Momente ändern. Außerdem hatte sie sich ja vorgenommen, die Erinnerung so auszukosten, wie es nur ging.
Nur leicht hob sie den Blick, um Lajos nicht zu verlieren und je dichter der Nebel wurde, desto mehr fragte sie sich, wie tief sie wohl gingen.
Mary fiel das Buch in seiner Hand auf und sie konnte es sich beim besten Willen nicht verkneifen, dieses neugierig zu mustern.
Was wohl darin stand?
Die junge Mara fand mit jedem Schritt mehr, den die beiden taten, mehr Interesse an dem jungen Vampir und seiner Geschichte.

Der nebel umhüllte die beiden ganz.
Mittlerweile war er so dick, dass man sich bei jedem Schritt gut achten musste, und bei jeder Ecke ganz besonders, da die Wände um sie herum zu verschwinden drohnten.
Eine steinerne Treppe führte unerwartet nach unten in die Tiefe, wobei sie aber nur die Hälfte nach unten wanderten, denn bei der Seitentüre bogen sie auch schon nach links ab.
nun liefen sie durch eine Art marmorne Halle.
In diesem kleinen, engen Gang, war überhaupt kein nebel.
Der schwarze Marmor war so glatt, dass sich die beiden darin spiegelten.
Unter ihren Füssen, an den Seiten, ja selbst an der Decke war dieser Marmor zu sehn und der Gang war gerademal so gross, dass Lajos darin platz hatte.
Jemand grösseres musste sich bereits ein wenig ducken.
Lajos lief stumm weiter und seine Schritte, wie auch Marys, hallten in dem engeng Gang sehr gut und deutlich.
Auf einmal passierten sie ein weiteres Tor, woraufhin Lajos in weissem Rauch verschwand und sich ein weiter nebenraum öffnete.
Es war ein runder Saal, doch viel war nicht zu erkennen, denn alles war gefüllt mit dem weissen Rauch und Lajos war bereits nicht mehr zu sein, jedoch seine Schritte waren weiter vorne zu deuten.
Doch plötzlich verstummten auch diese.

"Heißt das, ich muss mich hier verstecken, bis..."
Sie dachte angestrengt nach. Bis was?
Sie hatte keine Ahnung, worauf sie im Moment hoffte, oder ob dies ein Albtraum, oder das war, was sie sich immer erhofft hatte.
"Ich? Ein Gast? Ich würde mich eher als verirrt beschreiben, denn so fühle ich mich im Moment.
Ich glaube nicht, dass ich hier her gehöre. Seit wann bist du denn hier?"